Chimamanda Ngozi Adichie

Heimsuchungen

Zwölf Erzählungen
Cover: Heimsuchungen
S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2012
ISBN 9783100006257
Gebunden, 300 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke. Nigeria - Nordamerika: Zwei Welten, getrennt durch eine scheinbar unüberwindbare Kluft. Die nigerianische Heimat schwebt zwischen Tradition und Moderne, wird bedroht von Gewalt und Korruption. In Amerika hingegen hält das Leben nicht, was es verspricht. An den Rändern beider Kulturen werden die prekären Bande zwischen Kindern und Eltern, die verborgenen Vibrationen zwischen Männern und Frauen aufgespürt: Die Liebe wird in der Distanz auf die Probe gestellt und das Sich-Wiederfinden ist schwieriger als erwartet. In der Familie schleichen sich Spannungen ein, wenn der Strudel des Lebens ihre Mitglieder mitreißt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.08.2012

Als spannende Weiterentwicklung der transatlantischen Short Story bezeichnet Rezensent Martin Zähringer Chimamanda Ngozi Adichies Erzählungen. Fruchtbar findet er die Liaison zwischen "schwarzen" Lebenswelten und feministischen Weltanschauungen. Wenn die Autorin allerdings Privates politisch werden lässt und eine Frau ihr lesbisches Comingout im Kreis vieler unsympathischer Männer haben lässt, fühlt sich Zähringer zu sehr an die Campusdebatten (gender!!) der westlichen Welt erinnert. Die aufgeworfenen Fragen komplizierter nigerianischer Identitäten findet er aber spannend.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.07.2012

Einfach grandios findet Susanne Messmer diesen Band mit Erzählungen von Chimamanda Ngozi Adichie. Die zwölf Geschichten der nigerianischen Schriftstellerin, die heute in den USA und in Nigeria lebt, kreisen für sie um Genderthemen und postkoloniale Fragen: Die Protagonistinnen Adichies sitzen zwischen allen Stühlen, bewegen sich zwischen den Welten, geben ihr Studium aus Geldnot aus, jobben in Bars oder als Babysitter. Die Kritik, die Autorin schreibe zu kalkuliert für ein Publikum in Amerika und Europa, das Afrika schlecht kenne, findet Messmer im allgemeinen nicht zutreffend. Eine Ausnahme bildet in ihren Augen hier vielleicht die Geschichte "Geister", die aufgrund ihrer interkulturellen Perfektion auf sie fast ein wenig langweilig wirkt. Aber es gibt im vorliegenden Band auch Geschichten, die "weniger durchgearbeitet", "wilder" erscheinen, betont die Rezensentin. Besonders beeindruckt hat sie dabei die Geschichte "Letzte Woche Montag". Ihr Fazit: ein glänzender Erzählband.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.06.2012

In ihrem neuen Erzählband "Heimsuchungen" schreibt die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie erstmalig über ihre zweite Heimat Amerika, berichtet Rezensent Hubert Spiegel. Der Kritiker liest in den zwölf, von Reinhild Böhnke gelungen ins Deutsche übersetzten Texten von Menschen, die einst mit einer "Fülle übertriebener Hoffnungen" nach Amerika kamen und sich nun als Kindermädchen oder Kellner in Bars durchschlagen und aus Geldnot ihr Studium aufgeben müssen. Wie in den beiden gelobten Vorgängerromanen suche Adichie auch in ihren neuen Erzählungen immer Momente, in denen soziale, kulturelle und ethnische Gegensätze zusammenstoßen, so der Rezensent, dem hier etwa die in Nigeria aufgewachsen Nkem begegnet, die nun das durchschnittliche Leben einer amerikanischen Frau aus dem Mittelstand mit Pilateskursen und Hausangestellten führt, und sich immer mehr von ihrem nigerianischen Ehemann entfremdet. Auch wenn den Kritiker Adichies Erzählstil bisweilen ein wenig an die Muster aus Creative-Writing-Kursen erinnert, haben ihm diese Texte eine völlig fremde Welt erschlossen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.05.2012

Marie-Sophie Adeoso bespricht in einer Doppelkritik zwei Bücher nigerianischer Autoren, einerseits den Erzählungsband "Heimsuchungen" der jungen und hoffnungsvollen Autorin Chimanda Ngozi Adichie, andererseits Chinau Achebes ersten Roman "Alles zerfällt". Und es ist instruktiv, wie Adeoso die beiden Bücher in Beziehung setzt: Adichie schildert die postkoloniale Welt mit ihren komplizierten Beziehungsgeflechten, in denen sich selbst die Vorurteile nicht mehr auf ein Schwarzweißmuster festlegen lassen. Es geht um Exil, um den Bürgerkrieg zwischen Muslimen und Christen, um Reich und Arm und Mann und Frau. Für Adeoso ist Adichie eine der wichtigsten jungen Stimmen der afrikanischen Literatur - und Achebe sieht es genauso und bescheinigt ihr laut Adeoso die "Gabe der alten Geschichtenerzähler". Und auch Adichie bekennt ganz offen ihre Schuld bei Achebe, der mit seinem neu präsentierten Roman "Alles zerfällt" die postkoloniale Literatur begründete, indem er den Nigerianern zeigte, dass sie eine präkoloniale Identität haben. Mit warmen Worten begrüßt Adeoso diese von Uda Strätling besorgte Neuübesetzung des meistgelesenen Achebe-Romans, der früher unter dem Titel "Okonkwo oder Das Alte stürzt" kursierte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.05.2012

Auch in diesem Band mit 12 Erzählungen zeigt die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, was sie am besten kann, so Rezensent Tim Neshitov: die Wirklichkeit beschreiben. Die Ich-Erzählerinnen sind oft junge Frauen, die in zwei Welten leben, wie die Autorin, die in Nigeria und den USA zu Hause ist. Themen sind Krieg, Exil und Erinnerung, notiert der Rezensent. Ihn hat besonders beeindruckt, wie Adichie in einer deprimierenden Gegenwart (die Folgen des Biafrakrieges sind noch nicht ausgestanden) nach dem Menschlichen sucht, das sie in verschiedenen Kulturen findet.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.04.2012

In ihren unter dem Titel "Heimsuchungen" erschienenen zwölf Erzählungen beschreibt Chimamanda Ngozi Adichie das kulturelle Spannungsfeld zwischen Nigeria und USA, Schwarz und Weiß, Igbo und Englisch, konstatiert Walter von Rossum. Ohne jede Militanz gehe es in den Geschichten darum, sich der Einverleibung durch die weiße Kultur, der "universellen Weißwerdung" (Adichie) zu entziehen. Das Ergebnis seien "wunderschöne und außerordentlich gelassene" Erzählungen, gleichzeitig genuin afrikanisch und universell verständlich, die den Rezensenten in Adichie schon eine potentielle Literaturnobelpreisträgerin sehen lassen.