Charles Lewinsky

Kastelau

Roman
Cover: Kastelau
Nagel und Kimche Verlag, Zürich 2014
ISBN 9783312006304
Gebunden, 398 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Winter 1944. Die bayerischen Alpen sind trotz Krieg noch eine friedliche Gegend. Ein Filmteam der UFA setzt alles daran, sich dorthin abzusetzen. Unter einem Vorwand beschafft man sich den Auftrag für den vermeintlich kriegswichtigen Film "Lied der Freiheit". In dem bald vom Schnee eingeschlossenen Bergdorf Kastelau wird das Drehen einer erfundenen Geschichte immer mehr zur erfundenen Geschichte eines Drehs. Denn wichtig ist nur eines: Die Filmerei muss überzeugend aussehen. Aus immer neuen Lügen und Ausflüchten entspinnt sich ein Netz aus Intrigen, so dass bald niemand mehr zwischen Schein und Wirklichkeit zu unterscheiden weiß. Ein auf einem historischen Ereignis beruhender Roman.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 10.01.2015

Dass eine gut erzählte gute Geschichte noch keine Literatur sein muss, lernt Martin Ebel mit Charles Lewinsky und dessen Roman "Kastelau". Das Thema des Künstlertums im Dienst des Nationalsozialismus, das der Autor hier behandelt, steht laut Ebel dabei weniger im Vordergrund als das Herstellen von vermeintlicher Authentizität durch den Autor. Laut Ebel gibt es eine Herausgeberfigur und zu ordnendes dokumentarisches Material, das am Ende eine "geradeaus" erzählte Story ergibt. Die wieder bietet Ebel zwar allerhand Dramatisches, moralische Entscheidungen der Figuren, flottes Spiel der Fiktionen usw. Zum guten Unterhaltungsroman aber fehlen dem Rezensenten bei diesem Buch ein eigener Stil und ein durchgehaltener literarischer Anspruch.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.11.2014

Mit "Kastelau" liegt ein neuer Roman Charles Lewinskys vor, und Rezensent Hans-Peter Kunisch zeigt sich erfreut. Wie zuvor in "Gerron" geht es auch in diesem Roman wieder um einen Film, informiert der Kritiker, stellt aber zugleich einige Veränderungen fest: Lewinsky lässt hier nur fiktive Figuren auftreten, darüber hinaus steht im Mittelpunkt des Geschehens kein Jude, sondern eine Filmcrew aus Regime-Gegnern, Opportunisten und Naziheroen, die einen Propaganda-Film im Berchtesgadener Land drehen wollen. Erstaunt vermerkt der Rezensent, dass es dem Autor gelingt, trotz der fiktiven Handlung einen überzeugenden dokumentarischen Hintergrund zu fingieren. Und so folgt Kunisch verschiedenen Erzählperspektiven und springt von "Dokument" zu "Dokument", muss aber zugleich gestehen, dass die Figuren aufgrund der Dokufiktion ein bisschen blass und bisweilen wenig authentisch erscheinen. Nichtsdestotrotz kann der Kritiker diesen ebenso spannenden wie überzeugenden Roman empfehlen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.11.2014

Dem Autor gelingt der Balanceakt zwischen Banalität und Unterhaltung, lobt Christoph Schröder Charles Lewinskys Roman über einen merkwürdigen Zerstörungsakt auf dem Walk of Fame mit historischem Vorspiel. Dass es der Autor schafft, aus einer skurrilen Ausgangssituation und verplapperter Rollenprosa eine bis in die Zeit des Nationalsozialismus zurückreichende Reflexion über Schuld und Unschuld einer Biografie zu formen, die den Leser unterhält, findet Schröder erstaunlich. Für den Rezensenten erweist sich Lewinsky hier als souveräner Regisseur einer komplizierten Romankonstruktion mit Gespür für Timing und Spannung.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.11.2014

Vor acht Jahren hat der Unterhaltungskünstler Charles Lewinsky mit seinem autobiografisch durchsetzten Roman "Melnitz" plötzlich in der Literaturszene von sich reden gemacht, erinnert sich Markus Clauer, es gab viel Lob im Feuilleton und sogar Preise. Mit seinem neuen Roman "Kastelau" landete er jetzt wieder auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, verrät der Rezensent, der allerdings keine Ahnung hat, warum. Denn die Geschichte der Filmtruppe, die sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in die Schweizer Berge zurückzieht, vorgeblich um einen Propaganda-Streifen zu drehen, ist alles andere als beeindruckend, findet Clauer. Die Figuren bleiben konturlos, die Szenerie wird mit zeitgeschichtlichen Gegenständen zugekleistert, die zahlreichen Cliffhanger wirken künstlich und die Analogie zwischen Kino und Leben wird hoffnungslos überstrapaziert, erregt sich der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.08.2014

Nein, Charles Lewinskys neues Buch "Kastelau" ist kein normaler Zweiter-Weltkriegs-Roman, erklärt Rezensent Roman Bucheli: Er ist besser. Warum? Weil die Geschichte um eine Filmcrew, die in den letzten Kriegsmonaten entscheidet, ihren geplanten Film nicht mehr in Babelsberg, sondern im vom Krieg weitgehend verschonten bayrischen Kastelau zu drehen, so virtuos aus Fragmenten zusammengesetzt ist, dass sich nur durch die Einbildungskraft des Lesers erst eine ganze Geschichte entwickelt. So der begeisterte Bucheli. Die zu Beginn vielleicht ein wenig mühevolle Lektüre lohnt sich aber allemal, versichert der Kritiker, der versinkt in dieser Erzählung um den fiktiven Nazi-Schauspieler Walter Arnold, der sich zum regimekritischen Hollywood-Star Arnie Walton verwandelt und den jungen Doktoranden Samuel A. Saunders, der der Vorgeschichte Arnolds nachspürt, Indizien sammelt und Illusionen überprüft, um schließlich festzustellen, dass er sich zu den mehrdeutigen Begebenheiten doch irgendwie selbst verhalten muss. Ein lange nachhallender Roman, in dem der Leser auch viel über sich selbst erfährt, schließt Bucheli.