Philipp Lenhard

Café Marx

Das Institut für Sozialforschung von den Anfängen bis zur Frankfurter Schule
Cover: Café Marx
C.H. Beck Verlag, München 2024
ISBN 9783406813566
Gebunden, 624 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Café Marx: So nannten Freunde wie Feinde das Institut für Sozialforschung flapsig. Und tatsächlich liegen die Anfänge der Kritischen Theorie und der Frankfurter Schule in einer Auseinandersetzung mit dem Marxismus. Philipp Lenhard erzählt auf einer breiten Quellengrundlage die Geschichte der Personen, Netzwerke, Ideen und Orte, die das Institut geprägt haben und ihrerseits von ihm geformt wurden. So wird anschaulich greifbar, warum die Frankfurter Schule wie keine zweite die großen intellektuellen Debatten des 20. Jahrhunderts bestimmt hat. Von Anfang an war das 1924 eröffnete Institut für Sozialforschung etwas Besonderes. Seine Wurzeln liegen in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs und auf den Barrikaden der Revolution. Der kommunistische Unternehmersohn Felix Weil ermöglichte die Gründung einer neuartigen Forschungsinstitution, die Arbeiter und Studenten, Politiker und Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle anzog. Besonders war auch, dass das Institut nach 1933 trotz Schließung, Verfolgung und Exil seine Arbeit fortsetzen konnte. In Kalifornien entstanden Schlüsselwerke wie die "Dialektik der Aufklärung". Philipp Lenhard geht der Entstehung der Kritischen Theorie in der amerikanischen Emigration nach und beleuchtet ihre Entwicklung zur Frankfurter Schule in der frühen Bundesrepublik. Das Buch schildert, in welchem historischen Kontext Horkheimer, Adorno, Marcuse, Benjamin und viele andere zu Schlüsseldenkern des 20. Jahrhunderts wurden.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 25.04.2024

Wie der Marxismus selbst wurde auch das Frankfurter Institut für Sozialforschung durch eine großzügige Spende von Kapitalisten ermöglicht. So wie Engels Marx sponsorte, trugen der Unternehmer Hermann Weil und sein Sohn Felix dazu bei, das berühmte Institut zu finanzieren, das die für die ersehnte Revolution ersehnten Zauberworte finden sollte, erzählt Lepenies in seiner Kritik nach. Beschwingt und angeregt folgt er den von Philipp Lenhard recherchierten komplizierten Umständen des Instituts. Ihm gefällt, dass Lenhard seine Geschichte an scheinbar Äußerlichem festmacht, an Orten, Bauten und Architekturen. Auch über das liebe Geld wird nicht geschwiegen. Anekdotenreich und doch auch erkenntnisfördernd wird so eine Theorie vom Kopf auf die Füße gestellt, freut sich Lepenies. Mit Grausen - aber das ist kein Argument gegen das Buch - nimmt Lepenies zur Kenntnis, dass der neueste Leiter des Instituts, Stephan Lessenich, sich "von der drückenden Last der Geschichte großer Männer" lösen und mehr in Richtung Postkolonialismus und Queer Studies gehen will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2024

Philipp Lenhard betreibt hier ganz klar eine "Entadornisierung", wie der faszinierte Rezensent Moritz Rudolph festhält, aber dann natürlich in einer - wie sollte es anders sein - dialektischen Volte auch wieder eine Readornisierung der Frankfurter Schule. Erstmal aber liest Rudolph mit großem Interesse diese Geschichte als eine Geschichte der Räume und Orte, die die Autoren der Frankfurter Schule überhaupt möglich machten. Dabei treten die bisher bekannten Protagonisten Adorno und Horkheimer in den Hintergrund, und es kommen viele fast unbekannte Namen ins Spiel, sogar Frauen darunter. Der größte Teil des Buchs, bemerkt Rudolph, spielt vor 1949. Die Readornisierung erkennt der Rezensent dann darin, dass ja eigentlich auch Adorno in Räumen und Konstellationen dachte, so wie es dieses Buch hier ganz im Sinne einer Historie vorführt. Philosophen rät der Rezensent, von ihrer Theorie-Eitelkeit mal ein bisschen abzusehen und sich in die Lektüre zu stürzen.
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