Benjamin Disraeli

Tancred oder Der neue Kreuzzug

Roman
Cover: Tancred oder Der neue Kreuzzug
Manesse Verlag, Zürich 2004
ISBN 9783717520382
Gebunden, 901 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ingrid Rein. Die besten Köche des Landes, Dekorateure, Feuerwerksmeister, sie alle strömen zum Schloß des Herzogs Bellamont, denn es gilt, die Volljährigkeit von dessen Sohn Tancred zu feiern. Zur Krönung der Festivitäten eröffnen Tancreds Eltern ihrem Sproß, was ihn als Geschenk erwartet: ein Platz im Parlament und die Ehe mit seiner hübschen Cousine. Maßlos ist die Überraschung der Eltern, als Tancred ablehnt. Sein sehnlichster Wunsch ist es, eine Pilgerfahrt ins Heilige Land zu unternehmen. Aller Widerstand der Eltern erweist sich als fruchtlos, sie müssen den Sohn ziehen lassen. Was als spirituelle Sinnsuche beginnt, wird bald zu einer Erweckungsfahrt umfassenderer Art.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2004

Pünktlich zum zweihundersten Geburtstag des englischen Geschäftsmanns, Romanciers und Politikers Benjamin Disraeli ist sein Roman "Tancred" auf Deutsch herausgekommen. Ein Buch, das sich für Rezensent Jürgen Kaube nur mit mäßiger Begeisterung lesen lässt, weil es teilweise "grandiosen Kitsch" enthält, wie Kaube schreibt, und in vielem "zu absehbar" sei. Für Kaube war Disraeli der geborene Politiker, nicht aber der unersetzliche Schriftsteller. Andererseits übt Disraeli als Persönlichkeit hohe Faszination auch auf Kaube aus, der sich eher eine neue Biografie Disraelis gewünscht hätte, so aber auf die von Sir Robert Blake verweist. Disraeli fing tatsächlich aus finanzieller Verlegenheit zu schreiben an, berichtet Kaube; der Geschäftsmann war in jungen Jahren schon ruiniert und verlegte sich, bevor er in die Politik einstieg, auf "dürftig verschlüsselte" Romane über die englische Adelswelt, deren Marotten er nuanciert schilderte. Disraeli schreckte laut Kaube "vor keiner Angeberei zurück" und war überhaupt ein talentierter Heuchler, der der Adelswelt schmeichelte so gut es ging, während er gleichzeitig genau wusste, dass ihre Zeit abgelaufen war. Wenn überhaupt, dann machen Disraelis politische Einlassungen das Buch interessant, findet Kaube, im Wissen um dessen Hintergrund.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.12.2004

Mit größter Aufmerksamkeit müsse man diesen Roman lesen, um seine zentrale Botschaft nicht misszuverstehen, lässt sich Gustav Seibts ausführlicher Rezension entnehmen. Aus Anlass des zweihundersten Geburtstags des einstigen britischen Premiers und Vaters der konservativen Partei wurde Benjamin Disraelis Roman "Tancred oder Der neue Kreuzzug" von Ingrid Rein neu und erstmals vollständig übersetzt. 1847 als dritter Teil der "Coningsby Trilogie" entstanden, erzählt das Buch von Tancred, der als englischer Adelsspross auf die gesellschaftlichen Pflichten pfeift und nach Jerusalem pilgert, wo er am Berg Sinai die ewigen Prinzipien für eine moderne Lebensführung und Gesetzgebung zu finden hofft. Im Heiligen Land angekommen verwirbelt sich der Roman, so der Rezensent, in einem "Brio abenteuerlich-romantischer Episoden". Ein Engel verkündet dem Helden, dass die Gleichheit unter den Menschen nur durch Gottes Führung gelingen könne. Will meinen: die Rückkehr zu den reinen Quellen mosaischer Gesetzgebung tut Not. Dies hält Seibt - anders als der von ihm angeführte "Judenhasser" Carl Schmitt - nicht für eine "jüdische Agenda des liberalen Zeitalters", wohl aber für ein Zeugnis jüdischen Selbstbewusstseins. Nicht offensiv, eher verteidigend und anklagend laute die Botschaft des Buchs: "Ihr Christen verfolgt und verachtet jenes Volk, von dem doch der Kern eurer Gesetze und Zivilisation bis heute stammt." Der kulturkritische Tenor schlage sich ferner darin nieder, dass England und Europa als "barbarische Gefilde" erscheinen, deren einziger Wert das Geld sei. Die romantische Hochschätzung des Orients sei aber kein Ausdruck von "camoufliertem Kolonialismus", sondern entspringe dem Traum von einer Gotteslandschaft, in der sich Juden, Christen und Muslime mit dem Satz "Es gibt nur einen Gott" begrüßten, resümiert Gustav Seibt.
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