Arno Geiger

Das glückliche Geheimnis

Cover: Das glückliche Geheimnis
Carl Hanser Verlag, München 2023
ISBN 9783446276178
Gebunden, 240 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Frühmorgens bricht ein junger Mann mit dem Fahrrad in die Straßen der Stadt auf. Was er dort tut, bleibt sein Geheimnis. Zerschunden und müde kehrt er zurück. Und oft ist er glücklich. Jahrzehntelang hat Arno Geiger ein Doppelleben geführt. Jetzt erzählt er davon, pointiert, auch voller Witz und mit großer Offenheit. Wie er Dinge tat, die andere unterlassen. Wie gewunden, schmerzhaft und überraschend Lebenswege sein können, auch der Weg zur großen Liebe. Wie er als Schriftsteller gegen eine Mauer rannte, bevor der Erfolg kam. Und von der wachsenden Sorge um die Eltern. Ein Buch voller Lebens- und Straßenerfahrung, voller Menschenkenntnis, Liebe und Trauer.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.01.2023

Rezensentin Judith von Sternburg scheint gerührt von Arno Geigers neuem Buch. Nicht so sehr, weil der Autor einmal mehr seinen präzisen, doch leichten Ton pflegt, sondern weil das Buch ein überraschendes Bekenntnis enthält, das die Rezensentin auf den Grund allen Schreibens stößt: Der Autor hat viele seiner Anregungen, Figuren und literarischen Lebensläufe aus Altpapiercontainern gefischt. Das buchstäbliche Fischen im Fremden als literarische Methode erscheint Sternburg aber alles andere als fishy. Geiger jedenfalls unterhält die Rezensentin auch hier fabelhaft, und sympathisch ist ihr der Autor sowieso und seine Arbeit ist respekteinflößend, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2023

Rezensent Paul Jandl staunt über die Fundstücke, die Arno Geiger in fünfundzwanzig Jahren aus Wiener Altpapier-Containern holte: Eine "Gründliche Violinschule" von Leopold Mozart aus dem Jahr 1770 etwa, aber auch eine Taschenbuch-Ausgabe seines eigenen Romans "Es geht uns gut". Auch ansonsten ist das Buch eine wahre Fundgrube, denn Oberflächlichkeit ist Geigers Sache nicht, fährt der Kritiker fort. Von Geigers Familiengeschichte liest Jandl ebenso wie von schwierigen literarischen Anläufen, auch Beziehungsgeschichten werden detailreich ausgebreitet. Darüber hinaus aber ist das Buch Poetologie und Werkstattbericht, erläutert der Rezensent. Zwar hält er nicht jeden Aphorismus im Text für ein intellektuelles Bonmot, dennoch denkt er nach der Lektüre ein wenig wehmütig an Zeiten zurück, als Briefe und Tagebücher noch im Müll und nicht in den Untiefen von Festplatten endeten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.01.2023

Rezensentin Marie Schmidt verfolgt ein wenig irritiert, wie der Wiener Schriftsteller Arno Geiger in diesem autobiografischen Essay seinen Werdegang als Schriftsteller nachzeichnet und mit welchem Brimborium er die doch recht lässliche Übertretung enthüllt, im Altapapier der Anderen gestöbert zu haben. Sie folgt ihm dennoch interessiert, wenn er sich auf Ausflüge durch die Stadt begibt, ein wenig gelangweilt allerding, wenn er vom Sex mit der Lebensgefährtin erzählt. Schmidt ahnt, dass Geiger auf Dialektisches zielt, wenn er sich als "Künstler des Ungekünstelten" zu erschaffen vorgibt und darüber staunt, dass Menschen viel inkonsequenter seien als Romanfiguren. Doch so merkwürdig Schmidt vieles an diesem Buch findet, es lässt sie nicht kalt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.01.2023

Ob man die entsorgten Schriftzeugnisse Anderer für sein eigenes Werk nutzen darf, ist eine berechtigte Frage, meint Lena Bopp, aber eine, die sie nach der lohnenswerten Lektüre von Arno Geigers "Das glückliche Geheimnis" mit Ja beantworten würde. Jenes titelgebende Geheimnis besteht darin, verrät sie, dass der Autor genau das tut: Er durchsucht Altpapiercontainer in Wien nach Texten wie Tagebüchern und Briefen, die allerhand Privates über ihre Schreiber verraten, das Geiger für seine erfolgreichen Romane verwertet und das für die Rezensentin die unmittelbare Menschlichkeit seiner Texte ausmacht. Für sein Schreiben sei diese Arbeit stilprägend gewesen, wie die jetzt veröffentlichten Überlegungen zeigten, die Bopp Einiges über Geigers Gedankengänge wie auch über Fragen der Sammel-Philosophie und den Literaturbetrieb verraten. Sie ist so begeistert, dass sie dem Autor gar attestiert, das "Geheimnis" sei das "Buch seines Lebens."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.01.2023

Den Titel "Sex, Lies and Altpapier" hätte Rezensent Tobias Rüther passender gefunden für das neue Buch von Arno Geiger. Denn das große "Geheimnis", das der österreichische Bestsellerautor darin mit großem Trara lüfte, sei im Grunde gar keins: Dass der österreichische Bestsellerautor schon seit Beginn seines Schriftstellerdaseins in Altpapier-Container gestiegen sei, dort Tagebücher und Briefe zusammensammelte und sich daraus Inspiration für seine Bücher holte, hat für den Kritiker nicht ansatzweise die Brisanz, mit der es hier verkauft würde. Stattdessen bekomme man ausführliche Einblicke in das intensive Sexleben des Autors und eine Menge gestelzter Sätze des selbst ernannten "Künstlers des Ungekünstelten", so Rüther kopfschüttelnd. Was erstaunlicherweise überhaupt nicht berücksichtigt werde, sei, dass es sich bei den gelesenen Tagebucheinträgen oder Briefen ja wiederum selbst um inszenierte Texte handelt. Etwas peinlich findet der Kritiker außerdem, dass Geiger sich zwar für den "unstandesgemäßen" Aspekt seiner Müll-Kletterei schäme, nicht aber dafür, dass er damit im Grunde gegen das Briefschutzgesetz verstoße. Für Rüther eine unglückliche Veröffentlichung.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.01.2023

Am liebsten wäre Rezensent Eberhard Rathgeb nach der Lektüre von "Das glückliche Geheimnis" mit dem Autor Arno Geiger befreundet, so sehr hat ihn dieser zutiefst menschliche und offenherzige Text bewegt und begeistert. Er erzählt von Geigers Geheimnis, wie dieser zur Schriftstellerei gefunden hat: Als eine Art Altpapiersammler fuhr - und fährt - er frühmorgens durch Wien und durchforstet die Müllcontainer nach privaten Schriftstücken: Tagebüchern, Notizen, Briefen, aus denen er das "normale Leben" kennenlernt, das seine eigenen Texte so schön grundiert, meint der gerührte Kritiker, der das nicht im geringsten problematisch findet. Er wünscht diesem Buch ein großes Publikum.