Peter Stamm

In einer dunkelblauen Stunde

Roman
Cover: In einer dunkelblauen Stunde
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103971286
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Seit Tagen wartet die Dokumentarfilmerin Andrea mit ihrem Team auf Richard Wechsler in seinem Heimatort in der Schweiz. Bei ersten Aufnahmen in Paris hatte der bekannte Schriftsteller wenig von sich preisgeben wollen und nun droht der ganze Film zu scheitern. In den kleinen Straßen und Gassen des Ortes sucht Andrea entgegen der Absprache nach Spuren von Wechslers Leben. Doch erst als sie wieder seine Bücher liest, entdeckt sie einen Hinweis auf eine Jugendliebe, die noch immer in dem kleinen Ort leben könnte. Eine Jugendliebe, die sein ganzes Leben beeinflusst hat und von der nie jemand wusste.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2023

Rezensent Tilman Spreckelsen erkennt in Peter Stamms neuem Roman das für den Autor typische Spiel mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten. Die Erzählerin Andrea ist Dokumentarfilmerin, für ihr neues Projekt gewinnt sie zunächst den Schweizer Erfolgsautor Richard Wechsler, der dann aber abspringt. Das Scheitern der Dokumentation ist für Andrea nun Anlass darüber zu fantasieren wie ihr Film hätte aussehen können. Dabei erinnern die Szenen, die Andrea sich ausmalt und für die sie dem Leser auch gleich die passende Musik dazu liefert, eher an Werbung als an Dokumentationen, meint der Kritiker. Spreckelsen gefällt, dass die Selbstsuche der Erzählerin nachvollzogen werden, die bis zum Ende durchgehaltene "Werbefilmästhetik" scheint ihn weniger zu begeistern.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.02.2023

Von den vielen Ebenen von Fiktion und Wahrheit schreibt Maike Albath in ihrer Rezension von Peter Stamms "In einer dunkelblauen Stunde": Darin geht es um die Filmemacherin Andrea, die ein Filmporträt über den Schriftsteller Richard drehen soll, dessen persönlicher Wahrheit sie versucht, auf die Schliche zu kommen. Damit korrespondiert ein Film über den realen Autor Stamm, so die Kritikerin,  der sich wiederum mit der Frage nach Wahrheit und Fiktion befasst und Elemente aus dem Roman wieder aufgreift - und umgekehrt. "Alles ist Erfindung", resümiert Albath ihre Lektüreerfahrung voller Selbstreferentialität und Mehrebenen-Geschichten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.01.2023

Schon vorbei?, wundert sich Rezensent Martin Oehlen nach der Lektüre von Peter Stamms "In einer dunkelblauen Stunde". Die Geschichte um Ich-Erzählerin Andrea, den Schriftsteller Richard und dessen Jugendliebe Judith hat ihn so hingerissen, dass die 250 Seiten wie im Flug vergangen sind. Andrea und ihr Noch-Partner wollen Richard porträtieren, doch der lässt Termine ausfallen. Das hält Andrea aber nicht davon ab, mehr über ihn herausfinden zu wollen, aber auch über Kunst, Liebe und Leben an sich, erzählt Oehlen. Diese Motive und Themen werden mit Leichtigkeit miteinander verwoben, freut sich der Kritiker, er schwebt nur so durch den Text, dem er attestiert, ein "Lesestoff mit Qualitätsgarantie" zu sein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.01.2023

"Virtuos" nennt Rezensent Christoph Schröder den neuen Roman von Peter Stamm, in dem der Schweizer Autor sich selbst zur Romanfigur macht und dabei mit schelmischer Offenheit und vergnüglich leicht, das Genre des autofiktionalen Romans zerpflückt. Wieder, schreibt Schröder, habe Stamm ein Spiegelkabinett geschaffen, aber noch nie mit so viel Klugheit und Ironie. Womöglich, deutet der Rezensent an, beginnt mit dem achten Roman das Alterswerk von Stamm, der mit 60 Jahren seine schriftstellerische Meisterschaft bewiesen habe, weil er in diesem klug gesetzten Verwirrspiel immer deutlich machen kann, Herr im eigenen, fiktionalen Haus zu sein.  
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.01.2023

So gut war Peter Stamm noch nie, findet Rezensent Roman Bucheli; vor allem auch: so witzig. Denn äußerst "spielerisch" und locker falle sein neues Buch aus, dessen Entstehung von einem Filmteam begleitet wurde, was Stamm wiederum in die Buchhandlung integriert hat - ein "verwirrendes Spiegelkabinett", in dem der Autor seiner Romanfigur ähnlich ist und diese im Film dann auch spielt, wie Bucheli erklärt. Mit Selbstbespiegelung hat das für den Kritiker aber glücklicherweise nichts zu tun, sondern mit "Selbstironie in ihrer vornehmsten Art": köstlich findet er etwa, wenn Stamm der Filmemacherin im Buch "boshafte" Witze in den Mund legt, von denen er sehr gut wisse, dass sie auf ihn als Schriftsteller zurückfallen können. Gleichzeitig sei durch die große und für Stamm ungewöhnliche Lockerheit auch Raum für Tiefsinn gegeben, findet er. Für Bucheli so ein lustiges und doch nicht "unernstes" Buch, das den Autor von einer ganz neuen Seite zeigt.