Essay

"Wunderwelt" wäre mein Vorschlag

Von Michael Kötz
26.06.2015. Wolfram Schüttes Projekt einer Literaturzeitung im Netz ist der Vorschlag für ein Unternehmen. Aber ein Unternehmen wird nur begonnen, wenn eine Chance auf Gewinn besteht. Einige Vorschläge
Zum Projekt "Fahrenheit451"

Im Bereich der Literatur wie des Films stützt sich die überwältigende Mehrheit stets auf das, was in den Buchhandlungen vorn im Korb steht oder wo gerade alle andern auch reinrennen -- die Bestseller aller Art.

Alternativ dazu gibt es die Liebhaber der besonderen Bücher, die "Kenner". Im Filmbereich gibt es die nicht mehr.

Zum dritten gibt es gebildete, aber "normale" Menschen, die in großer Zahl zu einem Filmfestival gehen, wo lauter Filme gezeigt werden, die sie im Kino nicht anschauen - und zu Literaturfestivals, wo ähnliches geschieht.

Diese dritte Möglichkeit ist aber damit kombiniert, dass man physisch zusammen kommt, ans Erlebnis der (vornehmen/ gebildeten) Herde. Im Internet geht das nicht, dort muss man sich mutterseelenallein orientieren - also entfällt Möglichkeit Drei.

Dein Projekt ist der Vorschlag für ein Unternehmen. (Es könne auch ein öffentlich-rechtliches Projekt sein, aber wer will und braucht das und kann wie die Verausgabung von Steuergeldern dafür legitimieren?)

Ein Unternehmen wird nur begonnen, wenn eine Chance auf Gewinn besteht.

In der Sache kann der Gewinn nur daraus resultieren, dass der Leser am Ende einer Rezension mit einem Link "Kauf ich" oder "Will mehr wissen" dort landet, wo das Buch direkt verkauft wird oder weiter beworben, um es dann (nach einer Leseprobe etc.) zu verkaufen. Analog zum Filmbereich, dort landet, wo der Film in den Kinos läuft (Zeit und Ort) oder es eine DVD oder einen Download zu kaufen gibt - oder auch, auf welchen Filmfestivals er laufen wird. Für diesen Link müssen die bezahlen, die vom Verkauf profitieren. Ergänzend kann es Werbung geben - als Ersatz für eine Rezension oder um eine negative (oder nicht vorhandene) Rezension zu kompensieren.

Der Unternehmer einer solchen Website muss wissen, wie man das macht - mit allen Wassern gewaschen, und zwar in letzter Zeit.

Die, die für die Werbung oder den Verlaufs-Link bezahlen sollen, müssen volles Vertrauen in das neue Projekt haben - größeres Vertrauen als in ihre eigenen Websites und als in allen anderen Literatur-Websites, die es gibt. Größeres oder mindestens sehr großes Vertrauen.

Wann haben sie das? Wenn es ein Dutzend namhafter Kritiker sind, die das Projekt machen - am besten einschließlich der Zeitungen/ Magazine, zu den diese Kritiker gehören. Kann ergänzt werden durch 50 Literaturwissenschaftler - und falls auch Film, analog durch Filmfestivals, Verleiher etc.

Die entscheidende Figur ist der Web-Unternehmer, der es machen will (oder ein Team). Eine Gruppe von Literaturmenschen (Kritiker, Schriftsteller, Lektoren) und analog Filmmenschen, die fest entschlossen sind, könnten diesen Web-Unternehmer auch suchen - sich sozusagen einen mieten (wenn sie Ko-Unternehmer werden). Der Web-Unternehmen muss mindestens die Management-Fähigkeiten haben, die ein Filmfestivaldirektor hat, der auch die Geschäftsführung macht, darunter wird es ein Desaster. (Aber ich bin schon ausgelastet.)

Die Höhe des Startkapitals hält sich in Grenzen - vor allem, wenn es schon die Gruppe derer gibt, die es inhaltlich füllen wollen und die bereit sind, auf ein Honorar / Gehalt zu warten, bis es läuft.

Auf gar keinen Fall darf das Lesen der Website a) verlangen, dass man sich anmeldet (das ist out!!) oder b) dass man irgendetwas dafür bezahlen muss (geht gar nicht, siehe die doofen Zeitungsverlage, die das machen - und deren Artikel dann nicht gelesen werden!!)

Und Dein Projekttitel ist 100%ig zu intellektuell. Merke: Auch Intellektuelle mögen es sinnlich. Die besonders. "Wunderwelt" wäre mein Vorschlag.

Was tun?

Das Projekt (ohne die Einzelheiten!!) auf einer A4 Seite beschreiben, Hochkaräter suchen, die mitmachen wollen, einen Gründungsclub gründen, (ich mach mit), eine Presseerklärung machen, dass man einen Web-Unternehmer suche. Gespräche führen. Parallel Frau Grütters bezirzen oder Hortensia Völckers oder Frau Wanka (BuMI Bildung) um eine Start-Up-Subvention zu kriegen.

Es geht. Und der Dank des Vaterlandes wird einem gewiss sein.


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