Walter Kempowski

Letzte Grüße

Roman
Cover: Letzte Grüße
Albrecht Knaus Verlag, München 2003
ISBN 9783813501957
Gebunden, 430 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Alexander Sowtschick kommt mit seinem neuen Roman nicht so recht voran. Auch seine Ehe ist nicht mehr das, was sie mal war. Außerdem steht ihm eine Beleidigungsklage ins Haus und sein bevorstehender 70. Geburtstag löst zwiespältige Gefühle in ihm aus. Da kommt ihm die Einladung zu einer Lesereise durch Amerika gerade recht. Doch die Reise gestaltet sich nicht so, wie er es sich gewünscht hat. Über allem liegt eine gewisse Abschiedsstimmung, eine illusionslose Ironie. In diesem Roman setzt sich Walter Kempowski als, wie er sich selbst bezeichnet, "Unzeitgemäßer" mit den Werten des "Alten Europa" im Angesicht der "Neuen Welt" auseinander.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2004

Gustav Seibt ist einfach hingerissen von Walter Kempowskis neuem Roman. Am liebsten würde er den Titel zu Ehren des Autors in "Letzte Größe" abändern. Es geht um den Schriftsteller Alexander Sowtschik, der, zu "Deutschen Wochen" auf eine Lesereise eingeladen, eine Reise quer durch Amerika unternimmt, unter der dort herrschenden kulturellen Öde leidet und sich und sein Werk als nicht genug gewürdigt empfindet, fasst der Rezensent zusammen. Was dem Titel nach Pathos und Rührseliges befürchten lässt, bietet tatsächlich geradezu "erschütternde" Komik und geht dabei trotzdem "zu Herzen" wie kaum ein deutschsprachiges Werk seit den späten Romanen Wilhelm Rabes, so Seibt hingerissen. Insbesondere die "schneidend bösartige" Wahrnehmung deutscher Schriftstellerkollegen, auf deren Spuren Sowtschik reist, gehöre zu den "komischsten" Passagen des Buches. Dennoch ist der Roman von "Trauer" und wehmütiger Erinnerung grundiert, mit der Sowtschik, der "dem Tode nah" ist und am Ende des Buches stirbt, auf sein Leben zurückblickt, stellt Seibt angerührt fest.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Burkhard Spinnen begrüßt und verabschiedet einen alten Bekannten: den Schriftsteller Alexander Sowtschick aus Kempowskis Roman "Hundstage", der seinerzeit von der leicht befremdeten Literaturkritik mit dem Autor verwechselt wurde. Nein, schreibt Spinnen, Sowtschick ist nicht Kempowski, aber er ist ein Teil seiner Persönlichkeit, "die Entfaltung einer und nur einer Seite", nämlich des bürgerlichen Autors, der zwischen den Stühlen - Aufarbeitung der Vergangenheit, ja, aber anders als im Katalog der politisch Korrekten vorgesehen - sitzt und sich im Literaturbetrieb unmöglich macht, zumal er nicht avantgardistisch, sondern gut lesbar schreibt. In diesem Roman ist Sowtschick unterwegs auf Lesereise in Amerika, und sie wird zum Spießrutenlauf des gekränkten, verzweifelt nach Anerkennung strebenden Mannes, der am Ende - es ist der 9. November 1989 - stirbt. Im Unterschied zu Kempowski, betont Spinnen, der über die "Scheinwidersprüche" hinaus schrieb, bis sich nach dem Fall der Mauer gezeigt habe, dass der Platz "zwischen allen Stühlen" der rechte war - Sowtschick ist tot, Kempowski arbeitet bereits am "Echolot", seinem kollektiven Tagebuchprojekt. "Letzte Grüße", so Spinnen, ist also nicht nur ein "Slapstick-Roman (...) über eine hoch prekäre Existenzform als Autor", sondern auch der "nachgetragene Abschied" von einer "autobiografischen "Entfaltung" - eine andere folgte.
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