Wladimir Sorokin

Der Tag des Opritschniks

Roman
Cover: Der Tag des Opritschniks
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2007
ISBN 9783462039238
Gebunden, 221 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Andreas Tretner. Russland im Jahr 2027. Das Land hat sich vom Westen abgeschottet und mit einer "Großen Russischen Mauer" umgeben. An der Spitze des Staates thront der "Gossudar", dessen Macht unbegrenzt ist. Seine Leibgarde, die "Opritschniki", setzt diese Macht gegen jeden Widerstand durch. "Der Tag des Opritschniks" ist eine schmerzhafte Satire, eine negative Utopie im Sinne von Huxley, Orwell und Burgess. Und wie bei all diesen Autoren, ist das Erschreckende an Sorokins Vision, dass sie - mit Blick auf das heutige Russland - so überaus denkbar erscheint.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.02.2008

Enttäuscht bis abgestoßen ist Rezensentin Evelyn Finger von Vladimir Sorokins neuem Roman. Der ist ihrer Beschreibung zufolge in diesem Zukunftsroman zwar mit dem brisanten Vorhaben angetreten, das merkwürdig rückständige Verhältnis der Russen zu Macht und Autorität und die Frage zu verhandeln, "wieso das Ursprungsland der Perestrojka" in die Barbarei zurückfallen konnte, habe aber außer Klischees und Gewalt wenig zu bieten. Besonders das literarische Gleitmittel des Skandals findet die Rezensentin kläglich. Auf der Mängelliste der Rezensentin steht neben Vergewaltigungsfantasien auch die Tatsache, dass das Buch zwar als Zukunftsroman daherkomme, Sorokin aber eher mit antiken Russlandklischees wie Samowar, Balalaika und Kachelofen operiere. So strotzt diese totalitäre Zukunftsvision aus Sicht der Rezensentin zwar vor Sexismus, Gewalt und schlechtem Geschmack, womit der 1955 geborene Autor durchaus in der literarischen Tradition seines Genres stehe. Allerdings fehle ihm die Humanität, von der sonstige anti-utopische Meisterwerke wie Samjatins "Wir" oder Bulgakows "Hundeherz" lebten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2008

Eine herbe Abrechnung mit dem neuen Roman von Vladimir Sorokin ist das! Da freut man sich (wie auch Thomas Steinfeld) auf den neuen Wurf des Autors von "Eis" - und dann dies: Ein Russland "wie Heidis Schweiz", gesehen mit westlichem Auge, wie Steinfeld kritisiert. Und ein Autor im Pakt mit der "Sensation der Gewalt"! Wäre Sorokin mit seinem Oligarchenpanorama des Jahres 2027 eine Satire geglückt, Steinfeld wäre glücklich gewesen. Doch was hier zur Überzeichnung aufgefahren werde - "Hoden mit eingebauter Beleuchtung" -, das reicht Steinfeld nicht. Ebenso die Nachrichten aus der nahen Zukunft, die das Buch präsentiert. Zu vorhersehbar, findet der Rezensent, und was ihm bleibt als Eindruck, ein bitterer Beigeschmack der Lektüre, ist dieses affirmative Interesse des Autors an der Gewalt eines autoritären Regimes.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.02.2008

Uwe Stolzmann hat Vladimir Sorokins verstörenden Roman "Der Tag des Opritschniks" gelesen und auch wenn er dessen literarische Qualitäten eher mäßig findet, stellt er ihn dennoch als "wichtig" heraus. Der russische Autor, der auch in seinen vorhergehenden Büchern gern den wilden Mann gegeben habe, zeigt sich auch in diesem Roman provokant. Er spielt im Jahr 2027, Russland ist wieder zur Monarchie geworden und sein Herrscher besinnt sich auf die Praktiken Iwans des Schrecklichen, seine Leibgarde terrorisiert das Land. Erzählt wird der Tagesablauf des Terrorbeamten Andrei, der ungerührt und mit äußerster Brutalität seiner Arbeit nachgeht. Parallelen zur russischen Regierung der Gegenwart sind gewollt, meint der Rezensent, der zumindest den Stoff äußerst faszinierend findet, zumal er mit der Erinnerung an Iwans Terrortruppe "Opritschnina" ein bis heute wirksames Tabu gebrochen sieht. Der Rezensent bedauert allerdings, dass der Roman ansonsten eher von Schlichtheit und Biederkeit in der Erzählweise geprägt ist, die sich streng an die Chronologie eines Tages hält. Die implizite Kritik an der russischen Regierung von heute aber begrüßt er sehr.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.01.2008

Schon mit seinen bisherigen, betont unpolitischen Romanen war Vladimir Sorokin dem offiziösen Russland ein Dorn im Auge, nun legt er einen Politroman vor, in dem er dezidiert mit Putins Russland in Gericht geht. Rezensentin Wiebke Porombka kann dem gar nicht genug Bedeutung beimesse, zumal viele russische Literaten derzeit den Schulterschluss mit der Unterhaltungsbranche suchen. In "Der Tag des Opritschniks" entwirft Sorokin das Szenario eines Großrusslands, dessen "bedingungsloser Nationalismus" von einem "totalitären Überwachungsregime" sichergestellt wird. In vorderster Linie agiert die Herrscher-Leibgarde der (von Iwan dem Schrecklichen übernommenen) Opritschniki, sie ergeht sich in Terror und Sexorgien. Doch bei aller Sympathie für Sorokin - für Porombka hält sich die Sprengkraft dieses Buches in Grenzen: Die politischen Aussagen findet sie eigentlich ziemlich beliebig und die technizistischen Visionen erscheinen ihr auch recht altmodisch. Und ganz schlimm für die Rezensentin: Sprachlich gehe diesem Roman das "Verstörende und Betörende" von Sorokins anderen Büchern gänzlich ab.
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