Tilmann Lahme

Golo Mann

Biografie
Cover: Golo Mann
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783100432001
Gebunden, 553 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Zu Beginn des krisengeschüttelten 20. Jahrhunderts hineingeboren in eine der prominentesten Familien dieser Zeit, aufgewachsen in der Weimarer Republik, war er ein früher Kritiker des Nationalsozialismus. Die Emigration führte ihn über Frankreich und die Schweiz in die USA. Nach seiner zögerlichen Rückkehr nach Europa folgte mit dem "Wallenstein" und der "Deutschen Geschichte" die späte Anerkennung des Historikers, der sich bis zu seinem Tod 1994 kontrovers und unabhängig in die Geschicke der Bundesrepublik einmischte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.05.2009

Das Unglück des Golo Mann, wie der meisten seiner Geschwister: als Sohn des Über-Literaten Thomas Mann geboren zu sein. Nicht minder problematisch, das wird für den Rezensenten Ernst Osterkamp spätestens bei der Lektüre von Tilman Lahmes Golo-Mann-Biografie deutlich, war freilich die Mutter Katja, das - so Golo Mann selbst - "Monstrum". Vieles fördere Lahme, so Osterkamp in seiner sehr freundlichen Besprechung, zu Tage, an Fakten, die man so noch nicht unbedingt kannte - etwa zu Manns frühen sozialistischen Neigungen, die dieser später deutlich untertrieb. Und trotz aller nicht verschwiegenen Anfechtungen - Alkohol zum Beispiel - entsteht das Bild eines keineswegs durch und durch unglücklichen Menschen. Insgesamt bewähre sich das Buch als "intellektuelle Biografie" wie als "Seelengeschichte" - hohes Lob, das durch kritische Anmerkungen nicht getrübt wird.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.03.2009

Zum hundertsten Geburtstag von Golo Mann schreibt Urs Hafner weniger eine Rezension als einen Versuch der Annäherung an den Geschichtswissenschaftler und Privatmann Golo Mann, den er zu den populärsten unter den deutschsprachigen Historikern zählt. Für Hafner war Mann mit seinem erzählerischen Ansatz seiner Zunft "in vielem voraus". Dass er mit seinen Büchern ein Millionenpublikum erreichte, von den Kollegen aber wenig Annerkennung erfuhr, macht ihn für Hafner eher sympathisch; Manns Konservatismus führt er zurück auf eine negative Anthropologie und einen ausgeprägten Geschichtspessimismus. Betreffend das Menschliche wird Hafner in Tilmann Lahmes Biografie fündig. Ohne Voyeurismus, wie Hafner anerkennend schreibt, zeigt ihm der Autor anhand von bislang unbekannten Briefen und Tagebüchern, wie leidenschaftlich Golo Mann seine Homosexualität lebte, aber auch, wie gefährdet dieser Mensch zeitlebens gewesen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.03.2009

Unmöglich, Gustav Seibts ganzseitige Hymne zu Golo Manns hunderstem Geburtstag kurz zu resümieren. Seibt bemüht sich vor allem, Mann als Historiker, Schriftsteller, Essayisten und politischen Kommentator in die Bedeutung zu setzen, die ihm seiner Einschätzung nach zu lange verwehrt geblieben war. Und auch Manns anrührend verletzliche Persönlichkeit, die von Depressionen und Ängsten gezeichnet war, beschreibt Seibt mit großer Sympathie. Über Tilmann Lahmes Biografie kann er nur Positives sagen. Dass sich Lahme Mann als Historiker nähert, sagt dem Rezensenten sehr zu, so entgehe er der "Breloer-Falle", den "politischen Denker" und "eigenwilligsten Konservativen der Nachkriegszeit" nicht als weitere tragische Figur der Familie Thomas Mann weichzuspülen. Sehr detailliert und offenbar profund belegt zeichne der Biograf nach, wie schwer es für den Remigranten und Freidenker Mann war, sich im deutschen Universitätsbetrieb zu etablieren (besonders hässlich intrigierten Adorno und Horkheimer gegen ihn), aber auch wie bedeutend seine historischen Arbeiten waren, die er mitunter recht salopp formulierte. Vergnügt zitiert Seibt, wie Mann sein Kapitel zum deutsch-französischen Krieg 1870 einleitete: "Das ist eine blöde Geschichte von lang nachwirkenden schädlichen Folgen". Klargestellt sieht Seibt dankenswerter Weise auch, dass Golo Mann nicht unter der "Übermacht des Vatergenies" litt, sonder unter dessen "Kälte und Lieblosigkeit".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.03.2009

Als erste große Golo-Mann-Biografie lobt Rezensent Uwe Naumann dieses Buch, der den 2004 erschienenen "Versuch" von Urs Bitterli eher blass und unbefriedigend fand. Im Gegensatz dazu lasse diese Darstellung Mann als "herausragenden, oft unbequemen Intellektuellen" lebendig werden. Tilmann Lahme stütze seine Betrachtungen auch auf die unveröffentlichten Tagebücher von Golo Mann, lesen wir. Naumann zufolge rekonstruiert die Biografie darüber hinaus heikle Aspekte dieses Lebens genau, etwa die erbitterte Feindschaft zu Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, die mit "perfiden Mitteln" Manns Berufung an die Universität Frankfurt verhindert hätten. Und Manns von vielen mit Kopfschütteln quittiertes Eintreten für eine Kanzlerschaft von Franz Josef Strauß. Mit wohltuender Sachlichkeit" fand der Rezensent auch Golo Manns Homosexualität behandelt, die dieser, anders als sein Bruder Klaus, vor der Öffentlichkeit stets verborgen habe.