Sven Regener

Glitterschnitter

Roman
Cover: Glitterschnitter
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2021
ISBN 9783869712345
Gebunden, 480 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Die Lage ist prekär: Charlie, Ferdi und Raimund wollen mit Glitterschnitter den Weg zum Ruhm beschreiten, aber es braucht mehr als eine Bohrmaschine, ein Schlagzeug und einen Synthie, um auf die Wall City Noise zu kommen. Wiemer will, dass H. R. ein Bild malt, aber der will lieber eine Ikea-Musterwohnung in seinem Zimmer aufbauen. Frank und Chrissie wollen die alte Trinkerstube Café Einfall zur kuchenbefeuerten Milchkaffeehölle umgestalten, aber Erwin will lieber einen temporären Schwangerentreff etablieren. Chrissie will, dass Kerstin endlich zurück nach Stuttgart geht, aber die muss erst noch Chrissies neuen Schrank an der Wand befestigen. Die Frage, ob Klaus zwei verschiedene Platzwunden oder zweimal dieselbe Platzwunde zugefügt wurde, ist noch nicht abschließend geklärt, aber bei den Berufsösterreichern der ArschArt-Galerie werden bereits schöne Traditionen aus der Zeit der 1. Ottakringer Shakespeare-Kampfsportgesellschaft wiederbelebt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.10.2021

Rezensent Paul Jandl braucht gar nicht mehr, als sich von Sven Regeners neuem Roman angenehm hin und her schaukeln zu lassen. In dessen Berlin der 80er Jahre dürfen die Leute einfach mal nichts tun, ohne dass das irgendwie relativiert würde, und Jandl findet das super: Gerne beobachtet er Frank Lehman dabei, wie er im Café "Einfall" seinen Milchkaffee aufschäumt, wie die Planung eines neuen Cafés versandet, wie die Menschen durch die schon damals unter "Denkmalschutz" stehende "gemütliche Servicewüste" der Berliner Gastronomie tingeln und dabei viel davon reden, was man tun könnte. Ein bisschen Kulturkampf mit vereinzelt auftretenden Wienern (namens P. Immel oder Kacki, schmunzelt Jandl) darf sein, aber hauptsächlich sind es die "Mikrodialoge berlinerischer Menschenseelen", die den Kritiker in ihrer Unaufdringlichkeit bezaubern.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.10.2021

Rezensent Jens Jessen gefällt das neue Buch "Glitterschnitter" von Sven Regener. Der Autor erzählt darin in Form eines "minutiösen Protokolls weniger Tage" vor dem Mauerfall von der mit Lehmann befreundeten Berliner Band Glitterschnitter und ihrem Versuch, für eine Bewerbung bei einem Festival ein Vorspiel zu organisieren, erzählt Jessen. Der Fokus der Geschichte liegt dem Rezensenten zufolge dabei vor allem auf der Kunst und dem Kulturbetrieb. Jessen findet das alles sehr amüsant und zugleich traurig, weil der Einsatz der Berliner Künstler so oft in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht. Andererseits ist das exzellenter Stoff für die Kunst, meint Jessen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.09.2021

Regener für den Buchpreis, ruft Rezesentin Ulrike Winkelmann. Keiner versteht Kreuzberger Subkultur und produktives Nichtstun so gut und keiner beschreibt dergleichen so warmherzig wie Sven Regener, findet sie. Wer noch nicht überzeugt ist, dem empfiehlt sie zum Einstieg Regeners neuen Roman über Lehmann & Co., der irgendwann in den Achtzigern angesiedelt ist, als Lehmann frisch in die Stadt kommt. Liebevoll erfasst findet Winkelmann das Milieu um einen Immobilien- und Galeriebesitzer, um das Café Einfall und Punks als besoffene Krawallstatisten, auch wenn das Punkbild ihr geradezu diskriminierend erscheint. Was an herkömmlicher Handlung fehlt, macht der Autor laut Winkelmann durch lauter kleine Dramen wett. Sogar Frauen kommen diesmal verstärkt zu Wort, freut sie sich. Doch die meisten der im Buch aufgerissenen Abgründe und der Humor sind weiter "jungsig", so die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 10.09.2021

Sven Regeners Roman erfreut Rezensentin Irene Binal mit einem witzigen, aber auch hintergründigen Panorama der 80er Jahre in Kreuzberg. Das bunte Treiben der (Lebens-)Künstler im Biotop rund um die Wiener Straße stellt Regener laut Binal in gewohnt komisch-nachdenklicher Weise dar, in skurrilen wie lebensnahen Dialogen. Es geht um Hausbesetzer, Musiker, Künstler, Milchschaum-Experten, ganze und halbe Österreicher und ihre großen und kleinen Sorgen, wie Binal erläutert. Hinter all der Situationskomik im Text erkennt die Rezensentin das tiefe Verständnis des Autors für den Ernst des Lebens.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.2021

Sven Regeners neuer Roman ist für den Rezensenten Matthias Hannemann ein Ereignis, auch wenn die Handlung nicht viel hergibt. Nach Hannemann geht es eh viel mehr um Milchschaum und Bohrmaschinen, also das Wesentliche. Natürlich geht es auch um Kunst, Kneipen und Musik. Hannemann findet es offenbar selbst rätselhaft, wieso ihn der Roman, wie auch schon die anderen Lehmann-Romane, in den Bann zieht. Muss mit dem melancholischen Kreuzberg der 80er zu tun haben oder mit Regeners knapp an der Wirklichkeit vorbeischrammenden schreikomischen Dialogen, ahnt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.09.2021

Rezensentin Verena Mayer trifft Sven Regener zum Kaffee. Viel mehr als ein pfeifender Milchaufschäumer bleibt davon nicht in Erinnerung, aber so ist es ja auch mit Regeners neuem Roman, lässt Mayer erahnen. Obwohl: Milchschaum kann ein ganz schön kontroverses Thema sein! Im Kreuzberg der 80er etwa, wo all die Erwins, Chrissies, Schmidts und Lehmänner, die der Autor laut Mayer in schier unübersehbarer Zahl auftreten lässt, sich durchwurschteln. Das zu lesen, unterhält die Rezensentin eine Weile ganz gut, weil Regener Dialoge, also Gelaber, schreiben kann. Aber irgendwann fühlt es sich für sie an wie in einer WG-Küche morgens um 3 Uhr. Ob man da sein will, muss wohl jeder selber wissen.
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