Sophie Calle

Wahre Geschichten

Cover: Wahre Geschichten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518225196
Gebunden, 141 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Sabine Erbrich. Mit Fotografien. Sophie Calle entblößt sich, bis zur Unkenntlichkeit. In 65 dramatischen, frivolen, zärtlichen und verspielten Episoden erzählt die französische Künstlerin ein ganzes Leben in Fragmenten. Sie erzählt von den Kränkungen der frühen Jahre, von unverständlich wachsenden Brüsten, von kruden Liebesaffären, von ihrer Zeit als Stripperin und Aktmodell, von letzten und allerletzten Dingen. Und jede dieser Episoden beglaubigt sie mit einem 'authentischenʼ Erinnerungsstück, mit Fotografien von Brautkleidern, von Liebesbriefchen, von angekokelten Betten, von ausgestopften Katzen. Sophie Calle hat so eine Wunderkammer der Versehrtheiten, Begierden, Erfahrungen, Fantasien geschaffen. Und wie beiläufig die Demarkationslinien zwischen Fiktion und Wirklichkeit verwischt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.11.2021

Rezensent Frank Schäfer liest Sophie Calles (nun zum zweiten Mal in leicht erweiterter Form erschienenen) wahren Geschichten als Reaktion auf die Kritik, in ihrem Vorgängerbuch indiskret mit dem Privatleben eines Unbekannten umgegangen zu sein. Hier erzählt sie nun in kurzen Prosatexten und "vermeintlich beglaubigenden" Fotos von sich selbst - wie ihr Vater sie wegen Mundgeruchs zu einem Arzt schickt, der eigentlich Psychologe ist, oder wie sie einen gutaussehenden, aber schlecht angezogenen Mann einkleidet -, überformt ihre Person dabei aber eben deutlich, analysiert Schäfer. Zu stören scheint ihn das jedoch nicht, vielmehr gewinnt er dem Spiel mit der Wahrheit einen besonderen Lesereiz ab. Die kurzen Texte fallen dabei mal abstrus oder verstörend, meist aber witzig aus, so der Kritiker, der in Calles Reduzierung der Sprache auf ihre "vermeintliche Dokumentarfunktion" außerdem poetische Züge findet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.09.2021

Rezensentin Rose-Maria Gropp ist von Sophie Calles "Wahren Geschichten" fasziniert, auch ein bisschen irritiert, aber so muss das bei Calle wohl auch sein, wie sie durchblicken lässt. Zu finden sind in der aktuellen, erweiterten Ausgabe des Dauerprojekts "Kürzestgeschichten", immer mit Foto auf einer Doppelseite angeordnet, über Schönheitsoperationen, Begegnungen von Brüsten und Jungtieren, den Vater oder Konstruktionen des idealen Mannes. Was 'wahr' dabei eigentlich heiße, grübelt die Rezensentin, auch angesichts der "wunderbar trügerischen" Foto-Belege - 'autobiografisch' schon einmal nicht, meint sie. Überhaupt bleibe Calle als Autorin in den Geschichten ungreifbar, geradezu "zauberhaft" abwesend, findet Gropp, was die Sammlung an traurigen, trotzigen, boshaften und liebevollen Geschichten voller "Witz von surrealer Klasse" für die Kritikerin aber nur noch spannender macht.
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