Sakarija Tamer

Die Hinrichtung des Todes

Unbekannte Geschichten von bekannten Figuren
Cover: Die Hinrichtung des Todes
Lenos Verlag, Basel 2004
ISBN 9783857873577
Gebunden, 139 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich und Ulrike Stehli-Werbeck. Tamers Geschichten drehen sich allesamt um bekannte historische oder mythische Figuren aus der Geschichte Westasiens in islamischer Zeit. Indem er die Persönlichkeiten in eine andere Zeit versetzt, verleiht er den Geschichten eine brennende Aktualität.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.12.2004

Recht begeistert bespricht Stefan Weidner diese Kurzgeschichten von Sakarija Tamer aus drei Jahrzehnten. Der 1931 geborene Syrier zähle zu den Altmeistern der arabischen Kurzgeschichte und "dürfte einer der einflussreichsten arabischen Prosaautoren überhaupt sein". Der habe laut Verlag "unbekannte Geschichten von bekannten Figuren" geschrieben, wobei, so merkt der Rezensent an, die meisten der Gestalten nur in der arabischen Welt wirklich bekannt sein dürften. Einige der Geschichten seien politisch lesbar, so wie die um den mongolischen Heerführer Timur Lang, der Bagdad belagert, sich mit den arbeitslosen Barbieren solidarisiert und die religiösen Bartträger anweist, sich doch rasieren zu lassen. Die stolzen Männer lehnen jedoch ab und lassen sich lieber "abschlachten". Diese Geschichte aus dem Jahr 1970 versteht Weidner als "Parabel auf die heutige Situation im Irak, wo auch nur um der Bärte willen gestorben wird" und er wünscht sich, sie solle in einer großen arabischen Zeitung gedruckt werden, da sie eine "ungeheure Sprengkraft entfalten" müsste. Obwohl im Grunde alle Geschichten von Tamer eine "solche Sprengkraft" besitzen, hat der Kritiker auch einige "kleine Mängel" ausgemacht: manche Geschichten zünden nicht recht, manche Pointe verpufft, manches erscheint als "billige Fingerübung". Dies jedoch nimmt Weidner "angesichts der Fülle gelungener Texte gerne in Kauf".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.10.2004

Überraschend und gelungen! Martin Zingg ist sehr angetan von den Geschichten des Syrers, Sakarija Tamer, der Figuren der arabisch-islamischen Tradition in neue Zusammenhänge stellt und so die Gegenwart erhellen lässt. Nun sind in Europa nicht alle dieser Figuren so bekannt wie Scheherazade, Dschingis Khan oder Sindbad (der auf einer Insel voller Esel strandet, die sich als klüger als der ewige Abenteurer und Erneuerer erweisen), weshalb der Rezensent froh ist, die begleitenden Einführungen der Übersetzer zur Verfügung zu haben. Doch auch ohne das Verständnis aller Referenzen oder überraschenden Differenzen zu den gewohnten Kontexten der Figuren sind die Geschichten in ihrer "oft satirischen und parodistischen, manchmal surrealen Färbung" verständlich, erfassen sie doch das Absurde gegenwärtiger Realitäten, das nicht auf einen Kulturraum beschränkt ist, lobt unser Rezensent. Und nicht zu vergessen: ihr "literarischer Überschuss"!

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004

Macht sich Rezensent Gennaro Ghiradelli zunächst Sorgen, dass er in den Kurzgeschichten des syrischen Autors Sakarija Tamer mit den üblichen Verdächtigen in der folkloristischen arabischen Literatur konfrontiert ist, zerstreuen sich schon bald seine Befürchtungen und zurück bleibt beinahe ungetrübte Freude. Denn die Geschichten, die Sakarija Tamer über Sindbad, Abu Nuwas, Schahrasad und andere erzählt, entpuppen sich als skurrile Erzählungen über "kleinbürgerliche arabische Ehehölle", dumme Beamte und "Feiglinge", so der Rezensent begeistert. Er feiert Tamer als "Erneuerer der arabischen Literatur" und ist von seinen "kauzigen" Geschichten, die durchaus pessimistisch sind, einfach hingerissen. Lediglich die Erläuterungen, die den Kurzgeschichten vorangestellt sind und die den historischen Hintergrund der Helden erklären, mindern nach Einschätzung Ghiradellis die "Eigenständigkeit, Abgründigkeit und Vielschichtigkeit" der Geschichten und hätten seiner Ansicht nach besser im Anhang Platz gefunden. Geradezu brillant dagegen findet er die Übersetzung ins Deutsche, hier preist er "Lesbarkeit und literarische Qualität". Ein Extralob ist dem begeisterten Rezensenten die "verständliche Umschrift arabischer Namen und Begriffe" wert, die in den Quellenangaben dann noch mal im Original erscheinen. Derart "rühmenswerte editorische Sorgfalt" würde sich der entzückte Ghiradelli öfter wünschen.
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