Roger Melis

In einem stillen Land

Fotografien 1965-1989
Cover: In einem stillen Land
Mark Lehmstedt Verlag, Leipzig 2007
ISBN 9783937146409
Gebunden, 192 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Mit 169 ganzseitigen Duotone-Abbildungen. Mit einer Auswahl seiner besten Aufnahmen aus 25 Jahren zeichnet Roger Melis in diesem Buch als erster Fotograf aus dem Osten ein umfassendes Porträt der DDR und ihrer Bewohner. Die atmosphärisch dichten, oft symbolhaften Bilder beleuchten nüchtern und kritisch den Alltag, die Arbeits- und Lebensbedingungen und die politischen Rituale im realen Sozialismus. Sie führen quer durch die Landschaften, Dörfer und Städte zwischen Ostsee, Harz und Erzgebirge und durch seine Heimatstadt Berlin. Die Bilder von Roger Melis zeugen von der Skepsis und Resignation der Ostdeutschen, aber auch von ihrem Stolz, ihrem Widerspruchsgeist und ihren Sehnsüchten. Fast zwei Jahrzehnte nach dem Untergang der DDR ist so eine Innenansicht dieses »stillen Landes« entstanden, die ihresgleichen sucht..

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.08.2007

Als statisches Reich, das beim kleinsten Luftzug zerfallen wird, hat Schriftsteller Christoph Hein die DDR in den Fotografien von Roger Melis erlebt. Hier sieht alles so aus wie vor hundert Jahren, meint Hein, und glaubt, dass man den "Geruch dieser Ruhe" erschnuppern kann. Sogar das letzte Foto, das während einer Demonstration kurz vor dem Zusammenbruch der DDR aufgenommen wurde, zeigt nichts als besonnene Menschen. Das Vertrauen in sich selbst, das Melis' Protagonisten mit ihrem klaren Blick in die Kamera zeigen, ist für Hein einerseits das Zeichen einer Souveränität, die aus der Berechenbarkeit ihrer Umgebung entsteht. Anders gesagt: "Auch Langeweile erzeugt Ruhe." Andererseits sei diese besondere Atmosphäre Melis zu verdanken, der die Geduld hatte zu warten, bis seine Modelle ganz bei sich waren, und dann erst abdrückte. Dass die Fotografien handwerklich und kompositorisch erstklassig sind, versteht sich offenbar von selbst, denn Hein erwähnt es nur in einem Satz.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.06.2007

Bewegt ist Rezensent Christoph Dieckmann noch einmal in die DDR-Welt von gestern getaucht, der er in den Fotografien dieses Bandes wieder begegnet ist, den er schlicht als "wunderbar" preist. Den Fotografen Roger Melis feiert er als "Meister des ostdeutschen Fotorealismus", dessen Realismus den Oberen oft sogar schon zu realistisch gewesen sei. Ulbricht-Bilder schleppende Kinder auf Mai-Paraden, Omis mit gereckter Faust und Regenhaube, öde Braunkohlereviere, Spreewaldkanäle oder Dichter wie Sarah Kirsch oder Wolf Biermann als Preußischer Ikarus - all das betrachtet der Rezensent mit größter Bewunderung und Melancholie für ein untergegangenes Land. Trotzdem will er richtig stellen: die Stille des Landes ist in Wahrheit die Ruhe dieses Fotografen, mit der er das Objektiv damals auf das Eigentümliche und die Menschen in ihrer Zeit gerichtet hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.04.2007

Für Birk Meinhardt hält Roger Melis' Fotoband mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die zwischen 1965 und 1989 entstanden sind, das spezielle DDR-Gefühl fest, das dem Rezensenten beim Betrachten der Bilder noch immer anweht. Nicht Ostalgie und Wiedererkennen, sondern diese seltsame Mischung aus "Selbstachtung und Scham, Mut und Hoffnungslosigkeit" stelle sich ein, die der Fotograf in den geradezu beiläufigen Momentaufnahmen festgehalten hat, die alles Spektakuläre vermeiden, so Meinhardt fasziniert. Vor allem als Porträtist von DDR-Dissidenten bekannt, versammelt Melis in diesem Band aber neben Landschafts- und Gebäudefotos hauptsächlich Aufnahmen von Arbeitern, zu denen der Fotograf stets ebenfalls einen leichten Zugang hatte, erklärt der Rezensent. So begeistert ihn beispielsweise die Aufnahme einer Parteirednerin, die im Kraftwerk Vetschau eine Rede zu halten hat, während im Vordergrund zwei offensichtlich wenig interessierte, lässig herumstehende Arbeiter zu sehen sind. Es ist diese fast subversive Gewöhnlichkeit, die Meinhardt an den Bildern so schätzt und in denen er nichts weniger als das "Wesen" der DDR festgehalten sieht.
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