Petronius

Satyricon

Ein antiker Schelmenroman
Cover: Satyricon
Manesse Verlag, München 2004
ISBN 9783717520504
Gebunden, 380 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Lateinischen übersetzt und mit einem Nachwort von Kurt Steinmann. Der obszönste Roman der Weltliteratur? Eine dichterische Perversion? - Ohne Zweifel ein Meisterwerk. Petrons um 65 n. Chr. erschienenes unterhaltsames Erotikon steht gleichsam als Solitär in der antiken Erzählprosa. Sein leichtgeschürzter Held heißt Enkolpius und tritt gleich zu Beginn als komisches Gegenbild zu den antiken Heroen Odysseus und Aeneas auf. Als sich der Grieche in den hübschen Knaben Giton verliebt, nimmt das abenteuerliche Treiben seinen Anfang. Dem Groll des phallischen Gottes Priapus trotzend, ist Enkolpius stets auf handfesten Genuss aus, seine Welterkundung wird zur orgiastischen Odyssee. Zusammen mit Askyltos, dem Dritten im homoerotischen Bunde, ziehen die frivolen Vagabunden von Ausschweifung zu Ausschweifung und zelebrieren Liebeslust und Liebesleid in jeder erdenklichen Spielart.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.10.2004

Diese Neuausgabe des circa 66 nach Christus entstandenen "Satyricon" des römischen Autor Petronius ist "handlich und hübsch" gemacht und in seinen "360 klein gedruckten Anmerkungen" sicherlich lehrreich, meint Rolf Vollmann. Er kann dem Werk, das wohl nur zu einem kleinen Teil überliefert ist, trotzdem nicht viel abgewinnen. Er beschreibt den Satyricon als ein dem Genre des "Schelmenromans" zuzurechnendes Werk, das ihm nach eigenem Bekunden ohnehin nicht besonders zusagt, weil der Schelmenroman, wie er schreibt, zumeist so "schmerzlich kindisch" daherkommt. Überhaupt zeigt sich bei dem Rezensenten ein gewisser Unwillen bei einem Werk, das man "großartig finden soll" nur weil es "alt" ist. Die bekannteste Passage im Satyricon ist wohl das Gastmahl des Trimalchio, so Vollmann, der zwar einräumt, über die "ungeheuren Geschmacklosigkeiten dieser blöden Orgie" auch lachen zu müssen, es aber nicht gerne tut. So schließt er sich der Äußerung eines Helden von Voltaire an, der, befragt was er von den antiken Komödien der Griechen halte, antwortet, dass sie "gut für die Griechen" seien. In diesem Sinne, so der Rezensent abschließend, ist "Petronius eben gut für die Römer".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.08.2004

"Römermoden kommen so regelmäßig wie Rezessionen", und Rolf-Bernhard Essig weiß auch, warum: "Angstlust". Immer wieder sind die jeweils Gegenwärtigen von den Überlieferungen und Klischees ("toll trieben es die alten Römer") fasziniert, und immer wieder meinten sie dabei auch in den Spiegel ihres bevorstehenden Untergangs zu blicken. Und immer wieder musste Petronius' Satyricon herhalten, weil es die Zeit Neros so, nun ja, "plastisch" beschrieb. Essig beeilt sich aber klarzustellen, dass es sich beim Satyricon keineswegs um einen antiken Porno handelt, sondern um eine "virtuose Gesellschaftssatire, deren unvergleichliche Qualität darin besteht, Typen, Zustände und Verhaltensweisen so aufgespießt zu haben, dass unterschiedlichste Epochen - und natürlich auch wieder wir - sich darin erkennen können". Und Homosexualität und Päderastie, wie sie ausführlich zur Darstellung kommen, nebst Völlerei selbstverständlich, galten ja seinerzeit keinesfalls als anstößig. Und so wird auch in der vorliegenden Ausgabe wieder geprasst, geschimpft und so weiter, was das Zeug hält, und zwar, so der Rezensent, in einer ganz besonders gelungenen Übersetzung, die Petronius' Kompilation der verschiedensten Argots der Straßen und Häfen besonders gerecht wird - "mit Lust, Feingefühl und frei von Scham" habe Kurt Steinmann übersetzt und dem "antiken Gequatsche" eine gelungene Form verpasst.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2004

Wer das "geheimnisumwitterte" Satyricon auf pornografische "Stellen" hin liest, so Rezensent Burkhard Müller, dem wird eine Enttäuschung nicht erspart bleiben, denn meist überwiegt das "schwankhaft Theatralische" bei Petronius. Zumal im lateinischen Original. In der Neuübersetzung von Kurt Steinmann allerdings gehe es oft recht derb zu, doch das habe seine Gründe. Denn die Schwierigkeit der Übersetzung liege in diesem Fall darin, für den "schmissigen" Ton des Originals eine deutsche Entsprechung zu finden. Doch Ton, so Müller, ist auch eine Sache der Lesegeschwindigkeit: Las man in der Antike noch laut und brachte so "jedes Wort zu Gehör", werden heutzutage die Seiten still überflogen, und der Text gerate darüber geradezu unspektakulär, was er im Original keineswegs sei. Und so habe sich Steinmann wohl dazu entschieden, in seiner Begrifflichkeit viel stärker "auf die Pauke zu hauen" um an die lateinische Intensität heranzureichen, auch mit der Gefahr, so der Rezensent, "danebenzuhauen". Eine Frau "schämt sich" nicht, sondern "es treibt ihr die Schamesröte ins Gesicht", aus einem "schönen Knaben" wird ein "Kapitalhecht". Der Rezensent macht das alles mit, bis aus einem "aufgescheuchten Hasen" (gemeint ist eine Erektion) ein "strammer Mümmelmann" wird. Und doch, räumt Müller ein, er wüsste nicht wie man es besser machen könnte, "als in dieser Art anzüglicher Großsprecherei, die an 'Josephine Mutzenbacher' erinnert". Für "völlig unlösbar" erklärt Müller schließlich das Problem der eingestreuten Verse im Satyricon, denn man sei heute völlig außerstande deren Qualität und Wirkung zu beurteilen. Es könnte genauso gut "schlechte" Lyrik sein wie "absichtlich schlechte Lyrik, aber gerade so schlecht, dass sie schelmisch zu verstehen gibt, wie gut sie doch eigentlich wäre". Steinmanns Versübersetzungen überzeugen Müller nicht, aber wie man es machen soll, schreibt er, "das wissen die Götter!"
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