Olga Grjasnowa

Der Russe ist einer, der Birken liebt

Roman
Cover: Der Russe ist einer, der Birken liebt
Carl Hanser Verlag, München 2012
ISBN 9783446238541
Gebunden, 288 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Mascha ist jung und eigenwillig, sie ist Aserbaidschanerin, Jüdin, und wenn nötig auch Türkin und Französin. Als Immigrantin musste sie in Deutschland früh die Erfahrung der Sprachlosigkeit machen. Nun spricht sie fünf Sprachen fließend und ein paar weitere so "wie die Ballermann-Touristen Deutsch". Sie plant gerade ihre Karriere bei der UNO, als ihr Freund Elias schwer krank wird. Verzweifelt flieht sie nach Israel und wird schließlich von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Olga Grjasnowa erzählt die Geschichte einer Generation, die keine Grenzen kennt, aber auch keine Heimat hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.06.2012

Hohe Anerkennung zollt Cristina Nord diesem Romandebüt von Olga Grjasnowa, Absolventin des Deutschen Literaturinstituts in Leipzig. "Der Russe ist einer, der Birken liebt" erzählt die Geschichte einer Familie aus dem aserbaidschanischen Baku, die Mitte der 1990er Jahre in eine deutsche Kleinstadt zieht. Im Mittelpunkt sieht Nord die am Anfang etwa zwölf Jahre alte Tochter. Der Roman vermittelt für sie anschaulich, was es heißt als Einwanderer in Deutschland zu leben, wie es ist, die Eltern aufs Ausländeramt zu begleiten, dolmetschen zu müssen, in der Schule zurückgestuft zu werden und immer wieder rassistischen Äußerungen ausgesetzt zu sein. Sie hebt den lakonischen Stil der Autorin und die Nüchternheit der Schilderungen hervor. Das Fazit der Rezensentin: eine eindrucksvolle Innensicht vom Leben in einer Einwanderungsgesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.03.2012

Nur lobende Worte verliert Rezensentin Meike Fessmann über Olga Grjasnowas Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt", in dem sie Grjasnowas eigenwillige und zuschreibungsresistente Heldin Marta von der traumatisierenden Kindheit in Baku als jüdischer "Kontingentflüchtling" nach Deutschland begleitet, wo sie fünf Sprachen erlernt und Arabistik und Dolmetscherwissenschaften studiert, um schließlich als Angestellte einer deutschen Stiftung in Israel zu arbeiten. Neben Marta, die der Kritikerin als "weiblicher Don Quijote des postideologischen Zeitalters" erscheint, begegnen Fessmann hier zahlreiche Figuren mit "Migrationshintergrund", an deren Beispiel sie nicht nur liest, wie unsinnig diese Bezeichnung ist, sondern auch wie hinderlich religiöse beziehungsweise nationale Zuschreibungen sein können. Insbesondere Grjasnowas Szenen über den palästinensisch-israelischen Konflikt und deren "absurde Wahrhaftigkeit" findet die Rezensentin ausdrucksstärker als manche politische Abhandlung.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2012

Nicht nur die persönliche Begegnung mit der siebenundzwanzig Jahre alten, in Baku geborenen Autorin Olga Grjasnowa hat Rezensentin Ursula März tief beeindruckt, auch von ihrem Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt" kann die Kritikerin nur Gutes berichten: eine ganz neue und einzigartig "antifolkloristische, antilarmoyante" Stimme vernimmt sie hier im Kanon der deutschsprachigen Migrationsliteratur: vom Nahostkonflikt erzähle sie ebenso wie von der Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die durch den Krieg in Aserbaidschan traumatisierte, ehrgeizige, autonome und zugleich essgestörte und "tragikomische" Mascha Kogan, die zunächst nach Frankfurt flieht, um schließlich als Dolmetscherin in Tel Aviv zu arbeiten. Genau wie in den anderen Figuren des Romans erlebt die Rezensentin hier einen neuen Typus der deutschen Literatur: multiethnisch und selbstverständlich kosmopolitisch, politisch engagiert, aber gleichzeitig leidend am Mangel einer großen Idee, um die Energie umzusetzen. So "zeitgeschichtlich wach" und "literarisch eigensinnig" war lange kein deutsches Debüt, lobt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2012

Ausgesprochen gut gefallen hat Jörg Plath Olga Grjasnowas Romandebüt "Der Russe ist einer, der Birken liebt". Grandios meistere die 1984 in Baku geborene Autorin ihre ausufernde Stoffmasse, die locker für vier Romane gereicht hätte, lobt der Rezensent anerkennend. Die jüdisch-armenische Mascha, die als Kind vor Pogromen mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen ist, ist Mittelpunkt eines multikulturellen, in keine "Schublade" passenden Freundeskreises und bleibt auch als Dolmetscherin in Israel fremd, fasst der Rezensent zusammen. Dass der Autorin, die hier auch Autobiografisches verarbeitet hat, das Ganze nicht zum "Thesenroman" gerät, rechnet ihr Plath hoch an und wegen der gelungenen Mischung aus Komik und Tragik und des rasanten Erzähltempos verzeiht er ihr auch gern, dass ihr eine Nebenfigur eher zur Karikatur geraten ist und   die Erzählung - allerdings nur ganz selten, wie der Rezensent versichert - ins Schlingern kommt. Insgesamt aber ist Plath von diesem "Identitätskarussell" sehr gefesselt, zeigt sich beeindruckt von der sparsamen aber treffenden Figurenzeichnung und preist Grjasnowas leichte Hand beim Umgang mit ihrem gewichtigen Stoff.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.02.2012

Mit ihrem Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt" hat die 1983 geborene Autorin Olga Grjasnowa die Rezensentin Nicole Henneberg ganz für sich eingenommen. Die Kritikerin erfährt, wie Grjasnowas Alter Ego Mascha mit ihrer Familie in den neunziger Jahren aus dem traumatisierten Kaukasus nach Deutschland floh, wo sie nicht nur mit der eigenen jüdischen Vergangenheit - die Großmutter war eine Holocaust-Überlebende - konfrontiert wird, sondern sich auch mit Verachtung und Demütigungen, etwa durch die Lehrer, auseinandersetzen muss. Zugleich liest Henneberg von einer jungen Frau, die sich voller Ehrgeiz durchbeißt, fünf Sprachen erlernt und diverse Praktika absolviert, um schließlich zu studieren. Für die Rezensentin ist Grjasnowas ehrgeizige Protagonistin ein ganz neuer Frauentypus der deutschen Gegenwartsliteratur, der ihr einen anderen Blick auf ein unfreundliches Deutschland "voller Unverständnis" eröffnet. Maschas tragische Liebesbeziehung mit Elias, der aus einer ostdeutschen Alkoholiker-Familie kommt, ist der Kritikerin zwar eine Katastrophe zu viel, dennoch kann sie diese meisterhafte Mischung aus Einfühlungsvermögen und Humor, Hoffnung und Enttäuschung, mit der die Autorin auch ihre Erlebnisse in einer humanitären Organisation in Israel im zweiten Teil des Romans schildert, nur uneingeschränkt empfehlen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de