Norbert Gstrein

Wem gehört eine Geschichte

Cover: Wem gehört eine Geschichte
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783518416372
Kartoniert, 60 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Im vergangenen Jahr sind gleich mehrere Bücher mit dem Vorwurf ins Gerede gekommen, Fiktion durch Tatsachenbericht zu ersetzen. Darunter war auch Norbert Gstreins Roman "Das Handwerk des Tötens" über die jüngsten Kriege auf dem Balkan. "Wem gehört eine Geschichte?", Essay und autobiografische Erzählung, gibt Einblick in das Verfahren des Autors, auf der Basis von Fakten seine Fiktionen zu schaffen, und versucht nachzuvollziehen, wie es zu einer Verwechslung der Ebenen kommen kann und wem an einer solchen Verwechslung gelegen sein mag. Er äußert sich darin auch über seine Bekanntschaft mit Gabriel Grüner, dem 1999 im Kosovo zu Tode gekommenen Südtiroler Journalisten, dessen Andenken sein Roman gewidmet ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2004

Statt dieses Buch zu schreiben, das eine Erwiderung auf den Angriff gegen seinen Roman "Das Handwerk des Tötens" und ein Buch über das Verhältnis und den Unterschied von "Fakten und Fiktion" sein sollte, hätte Norbert Gstrein lieber "souverän schweigen" sollen, bedauert Julia Encke. Seinen Roman hatte der Autor dem 1999 im Kosovo getöteten Journalisten Gabriel Grüner gewidmet und auch einige Details der Handlung wiesen auf den Sternreporter hin, erklärt Encke. Er provozierte nicht nur einen gnadenlosen Verriss von Iris Radisch, sondern rief auch Empörung bei den Angehörigen hervor, zumal der im Roman dargestellte Reporter nicht besonders sympathisch gezeichnet worden war. Die Rezensentin betont, dass man "Das Handwerk des Tötens" auch anders beurteilen kann, für sie ist es nämlich trotz allem ein "großartiger Roman". Das vorliegende Buch dagegen, eine "polemische Rechtfertigungsschrift" eines tödlich beleidigten Autors, verurteilt Encke scharf als "unerfreuliche Depesche aus dem nicht weniger unerfreulichen Literaturmilieu" und das findet sie nicht zuletzt wegen des von ihr geschätzten Romans, der diese Schrift hervorgerufen hat, ziemlich "schade".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.09.2004

Eigentlich ist Rezensent Andreas Breitenstein skeptisch, wenn ein Autor sich anschickt, in einer Polemik "direkt auf Kritik an einem seiner Bücher" zu antworten. Aber im Falle des Autors Norbert Gstrein findet Breitenstein dieses Vorgehen berechtigt. Gstrein wurde vorgeworfen, sein Roman "Das Handwerk des Tötens" würde das Privatleben des Journalisten Gabriel Grüner ausbeuten, der 1999 im Kosovo erschossen wurde. Rezensent Breitenstein schlägt sich voll auf Gstreins Seite: Die Vorwürfe findet er "absurd", die "Invektiven" und Angriffe gehen seiner Ansicht nach "ins Leere". Unter anderem deshalb, weil nicht die Figur Grüners, sondern der "Zusammenhang von Wahrheit und Wahrnehmung" Hauptthema des Romans sei. Rezensent Breitenstein begrüßt auch, dass Gstrein die Gegenpolemik zur Erläuterung seiner "Poetik" ausweite; unter anderem wende sich Gstrein gegen einen naiven "Realismus des Authentischen", der den Schriftsteller zur "Trümmerfrau des Faktischen" degradiere. Doch den größten Gefallen hatte der Rezensent an der "souveränen Heiterkeit" dieser Streitschrift, die auch mit "ätzendem Witz" nicht geize. Sie mache Gstreins Büchlein zu einem echten "Glanzstück" in einem Literaturbetrieb, der ansonsten "arm an eleganter Polemik" sei.

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