Michel Eltchaninoff

In Putins Kopf

Die Philosophie eines lupenreinen Demokraten
Cover: In Putins Kopf
Tropen Verlag, Stuttgart 2016
ISBN 9783608502312
Broschiert, 192 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Till Bardoux. Zum Neujahrsempfang 2014 schenkte Wladimir Putin seinen 5000 wichtigsten Beamten drei philosophische Werke. Endlich wird in Umrissen erkennbar, was Putins Unberechenbarkeit noch verdeckt: Auf der Grundlage eines rückwärtsgewandten Weltbilds soll ein eurasisches Großreich unter russischer Hegemonie entstehen. Wenn man die obskuren Philosophen liest, auf die sich Putin und seine höchsten Beamten stützen, wird deutlich, dass Wladimir Putin ein gefährlich rückwärtsgewandtes Weltbild pflegt: Im 21. Jahrhundert möchte er eine hegemoniale Politik des 19. Jahrhunderts etablieren. Nachdem er die Modernisierung und den sozialen Ausgleich verspielt hat, träumt er mit nationalkonservativen bis reaktionären russischen Philosophen von einem eurasischen Weltreich. Es soll sich von Wladiwostok bis nach Warschau erstrecken, darf aber auch gern bis nach Paris reichen. Unter dem sanften Regime von Wladimir dem Großen, dem 'lupenreinen Demokraten' (Gerhard Schröder).

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.04.2016

Im Jahr 2014 schenkte der Kreml 5000 russischen Chefbeamten jeweils drei philosophische Bücher. Anhand der Auswahl der Werke untersuche Michel Eltchaninoff nun die neue russische Staatsideologie, schreibt der Slawist Ulrich M. Schmid in seiner Besprechung. Eltchaninoff, selbst Philosoph, erkenne in dieser Ideologie vor allem eine Verklärung Stalins, die Abgrenzung vom Westen sowie die Erziehung der Jugend zum Patriotismus. Das Ziel sei eine Führungsposition in Eurasien, Religion diene dabei der Staatsmacht als Stütze. Zwar ist Eltchaninoffs Studie laut Schmid durchaus lesenswert, sie konzentriere sich allerdings zu sehr auf Präsident Putin. Die patriotisch-konservativen Intellektuellen und Publizisten in Russland würden hingegen "eher als Stichwortgeber und nicht als eigenständige Akteure" in Erscheinung treten, bedauert Schmid.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.04.2016

Rezensentin Kerstin Holm erfährt von dem französischen Philosophen Michel Eltchaninoff, wie der russische Staatschef sich zum Philosophen stilisiert. Der Autor stellt die von Putin zitierten Philosophen und politischen Denker von Kant bis Iljin vor, zeigt, wie Putin die konservative Wende und den Bruch mit dem Westen inszenierte und liefert Holm damit eine intellektuelle Biografie des Kreml-Chefs. Die Zweifel des Autors an der Ernsthaftigkeit der eurasischen Pose Putins scheinen Holm nachvollziehbar.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2016

Eine interessante Lektüre stellt für Rezensentin Barbara Kerneck Michael Eltchaninoffs Freilegung der materiellen philosophischen Grundlagen von Putins Politik- und Selbstverständnis dar: Damit lege der Autor, von Haus aus Philosophiedozent und Chefredakteur eines französischen Philosophiemagazins, Putin zwar nicht auf die Couch, mache aber dessen Ziele kenntlich: Getragen werde Putins Doktrin von "der Idee des Imperiums und der Apologie des Krieges", zitiert die Rezensentin den Autor. Von gesteigertem Erkenntniswert ist diese Arbeit vor allem aber auch, da Putin selbst aus philosophischen Schriften die Legitimität seiner Machtposition und Politik ableitet und bekräftigt, erklärt die Kritikerin weiter: Vor allem den 1954 verstorbenen Philosophen Iwan Iljin und dessen Bekräftigung einer "nationalen Diktatur" unter einem sich dem Wohl der nationalen Sache stellenden "Führer" ziehe Putin neben einer Vielzahl russischer, religiös motivierter Philosophen aus dem 19. Jahrhundert und Vordenkern slawophiler Überzeugungen für sich heran.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.02.2016

Richard Herzinger hat sich mit dem neuen Buch des französischen Philosophen und Journalisten Michel Eltchaninoff "In Putins Kopf" auseinandergesetzt - und ist entsetzt. Mit äußerster Präzision und Blick auf die philosophischen, kultur- und politiktheoretischen Quellen zeichne der Autor Putins Weltanschauung nach, informiert der Kritiker: Nicht auf intellektuellen Anspruch oder eigenständiges Lesen seien diese bei Putin zurückzuführen, sondern nur auf den dringenden Bedarf eines geistigen Überbaus, der seinen Führungsanspruch legitimiere, berichtet der Rezensent. Herzinger liest hier nach, wie Putin Elemente des sowjetischen Denkens mit großrussisch-nationalistischen Ideologien, etwa dem Panslawismus oder dem Eurasismus vermischt und die sowjetische "militärische Kultur" wiederbelebt wird, um den moralischen Überlegenheitsanspruch Russlands zu verteidigen. Ein lehrreiches und nachhallendes Buch, das deutlich den "postmodernistischen Eklektizismus" vor Augen führt, in dem Putin sich der ideologischen Rechtfertigung bedient, um seine Idee eines russischen Imperiums zu begründen, urteilt der Kritiker.