Martin Walser

Spätdienst

Bekenntnis und Stimmung
Cover: Spätdienst
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018
ISBN 9783498074074
Gebunden, 208 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

"Das Alter ist ein Zwergenstaat, regiert von jungen Riesen." Wer sagt das? Ein lyrisches Ich zwischen Glücksmomenten und Schwärze, Leere, Sturz. Beim Durchkämmen des Hundefells, beim Aufschneiden eines Apfels oder immer dann, wenn die Berge im Blau stehen, der Wind in den Bäumen rauscht, die Blätterschönheit den Atem raubt, kommt sie auf, die Frage, ob das das Glück sei, denn lange währt es nie. Schon fährt etwas dazwischen, Wörter, die wehtun, ausgesprochen von anderen, gegen die nur eines hilft: "Sich in Verse hüllen, als wären es Schutzgewänder, schön, weltabweisend, die Einbildung heißt Aufenthalt." In Martin Walsers neuem Buch finden sich Lebensstenogramme, mal lyrisch, mal essayistisch.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.12.2018

Als unbekümmertes Privatjournal lässt Paul Jandl das neue Buch von Martin Walser dem Autor durchgehen. Als Sammlung von Aphorismen und Gedichten nur unter Vorbehalt. Tatsächlich sind die Verse und Gedanken im Band laut Jandl nicht selten stickkissenkompatibel, voller Kitsch und Sentimentlität und nur selten treffsicher beziehungsweise von selbstironischem Witz, der die Schreib- und Denkweise des Autors enthüllt. Besser wäre, das alles stammte von einem Autor-Alter-Ego, nicht vom Schriftsteller Walser selbst, meint Jandl.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.11.2018

Frauke Meyer-Gosau schaut mit einiger Nachsicht auf diesen Band von Martin Walser. Schon, da die Texte aus allerhand Zeiten und Publikationsorten zusammengestellt sind. Wirklich Neues, Überraschendes oder auch Unverwechselbares entdeckt Meyer-Gosau nicht. Stattdessen Gedanken übers Alter, die Natur, die Feinde und manches Friederike-Kempner-artige Sinnspruchhafte, ja auch Schönes, Klingendes, Lustiges, doch vor allem eben längst vom Autor Gesagtes, etwa zu Auschwitz oder auch zu den (mitunter längst abgetretenen) Walser-Kritikern.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.11.2018

Rezensent Christian Metz steckt in einem Dilemma: Martin Walsers nur zweihundert Seiten umfassendes und vom Verlag als "Summe", ja "Resultat" seiner Poetik gepriesenes Spätwerk enthält eine Passage, in welcher der inzwischen 91-jährige Autor einmal mehr Auschwitz bagatellisiert: In einer rhetorischen Figur wird Auschwitz hier in einer Reihe mit Golgatha, Verdun und Hué genannt, erklärt der Kritiker, der sich zu dem daran stört, wie in jener Passage der Massenmord an den Juden mit der christlichen Ostererzählung enggeführt wird. Wie soll man ein solches Buch rezensieren, fragt sich Metz - und ist sich sicher, dass Walser diese Passage keineswegs "unterlaufen" ist. Die Stelle überlesen möchte der Kritiker nicht, sich daran festbeißen auch nicht - daran, dass Walser hier noch einmal seine Position deutlich machen will, hat er indes keine Zweifel. "Krude Kritikerbeschimpfungen" und "toxische Sätze" an anderen Stellen dieses im Stenogrammstil geschriebenen Werkes tragen allerdings ebenfalls nicht zu Metz' Lektürevergnügen bei.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.11.2018

Arno Widmann geht gerne den Walserweg. Wenn Martin Walser sich selbst und uns wieder einmal an der Verfertigung der Gedanken beim Schreiben teilnehmen lässt, ist das laut Widmann zwar nicht immer stubenrein, aber erkenntnisfördernd allemal. Walsers Notizen, Einfälle, Beobachtungen überraschen den Rezensenten ein ums andere Mal, nicht nur was das Bild des Autors angeht. Lustvoll findet er die Schreib- und Denkbewegung, sogar das Herfallen über Kollegen, das Ungenierte. Für Widmann ist das Buch ein Triumph, weil es zeigt, wie das Wünschen sich in den Text verwandelt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2018

Der Rezensent Ulrich Greiner scheint Martin Walser besänftigen zu wollen, denn in "Spätdienst", einer Sammlung von Gedichten, Aphorismen, Reflexionen und anderen Miniaturen, geht dieser offenbar hart ins Gericht mit den Literaturkritikern, die ihn getadelt habe. Greiner hingegen lobt das neue Buch des 91-jährigen Walsers als Wiederkehr eines Sprachkünstlers, dessen "Vitalität" er auch in seinem Alterswerk noch spürt: Sehr anrührend hadert Walser hier mit dem Alter, auch wenn sich zuweilen Humor in die Klagen mischt, so der Rezensent. Außerdem zeigt ihm Walser hier einmal mehr seine Virtuosität, denn auch grandiose Liebesgedichte und große Poesie seien unter den kurzen Texten zu finden. Insgesamt hat Walser den Rezensenten noch einmal gehörig beeindruckt.
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