Lytton Strachey

General Gordons Ende

Cover: General Gordons Ende
Berenberg Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783937834061
Gebunden, 144 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Hans Reisiger. Mit einem Nachwort von Reinhard Blomert. Schonn einmal hat "der Westen" versucht, einem islamischen Land seinen Way of life aufzuzwingen: 1885 marschierte der englische General Gordon nilaufwärts in den von einem Prediger, dem "Mahdi", aufgestachelten Sudan. Der von christlichem Sendungsbewusstsein befeuerte Abenteurer fiel ebenso wie seine Soldaten. Dafür wurde er zum Märtyrer aller von der Sendung des Abendlandes überzeugten Imperialisten. Lytton Stracheys Chronik dieses Abenteuers entstand als Kampfansage gegen moralische Heuchelei und imperiale Arroganz.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.07.2005

Franziska Augstein preist zunächst den Berenberg Verlag für seine "handwerklich sehr schön gefertigten" Publikationen, wovon auch dieses Werk über den britischen General Gordon keine Ausnahme darstellt. Das Porträt General Gordons ist 1918 in der Reihe "Eminent Victorians" erschienen, worin der Autor Lytton Strachey verschiedenen Zeitgenossen des 19. Jahrhunderts ein "vernichtendes Denkmal" setzte, und sie gehören zu den "großartigsten und amüsantesten" Porträts, die die Essayistik "bis heute" zu bieten hat, preist die Rezensentin überzeugt. Im Porträt von General Gordon, der 1884 in den Sudan geschickt wurde, das sich gegen die Fremdherrschaft auflehnte, und der dort unter Belagerung der Mahdi-Armee 1885 starb, interessiert sich der Autor weniger für die die damalige Zeit bewegende "Gordon-Krise" als für den General selbst, erklärt die Rezensentin. Strachey stellt Gordon als "Sonderling" und religiösen Schwärmer dar, der sich als "Werkzeug der göttlichen Vorsehung" sah, so Augstein fasziniert. Dennoch beschreibt er die Vorgänge im Sudan und das politische Gerangel in England mit einer "hinhaltenden Intensität", die an Hitchcock erinnert, begeistert sich die Rezensentin. Übersetzt wurde der Essay 1932 von Hans Reisiger, einem der "größten Übersetzer ins Deutsche", schwärmt Augstein weiter, die ihn sprachlich der britischen Vorlage gegenüber als "wenigstens ebenbürtig" preist.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.06.2005

Hocherfreut berichtet Rezensent Tobias Lehmkuhl von der "seltsamen, unwahrscheinlichen und auch ein wenig rätselhaften Geschichte" um das Ende des britischen Generals Gordon. In diesem biografischen Essay (der mit drei weiteren im Band "Eminent Victorians" erschien, mit dem Lytton Strachey 1918 berühmt wurde), unternehme Strachey den Versuch einer Annäherung an die sonderbaren Begenbenheiten des Jahres 1884. Gordon, erklärt der Rezensent, wurde von der britischen Krone beauftragt, infolge des Mahdi-Aufstands den britischen Abzug aus dem Sudan zu organisieren. Dort angekommen habe er aber das genaue Gegenteil bewirkt, indem er als einziger Weißer im Land geblieben sei und die britische Armee - man konnte ihn schlecht im Stich lassen - genötigt habe, in den Sudan einzumarschieren. Mit der Folge, dass der Sudan weitere achtzig Jahre britisch blieb, Gordon allerdings vor seiner 'Rettung' getötet wurde. Stracheys Anliegen, so der Rezensent, war es, die Beweggründe Gordons zu erforschen, und dies vollbringe er auf "kunstvolle" Weise. Trotz der offensichtlichen Subjektivität seines Blickes gelingt es Strachey nämlich, die "ungreifbare Kontur des Gordon'schen Wesens", nämlich die "seltsame Verschränkung aus Todessehnsucht, Philanthropie und religiösem Eifer", tastend und eindrücklich nachzuzeichnen, lobt Lehmkuhl. Und über die Viktorianer als "gesellschaftlicher Körper" erfahre man auch einiges. Einziger, wenn auch kleiner Wermutstropfen ist für den Rezensenten Hans Reisigers "flotte, leider auch etwas schludrige" Übersetzung.

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