Lucia Berlin

Abend im Paradies

Storys
Cover: Abend im Paradies
Kampa Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783311100157
Gebunden, 288 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Antje Rávic Strubel. Sie kennt sie alle. Die Höhen und Tiefen des Alltags, die Momente des Glücks, der Verzweiflung, die Gefühle dazwischen: Lucia Berlin. In 22 weiteren Storys begegnen wir ihnen wieder, den Ex-Ehefrauen und alleinerziehenden Müttern, den Männern, die sie verlassen haben, den Süchtigen, den Kranken, den Liebenden. Zwischen Texas und Chile, New Mexico und New York ziehen sie hin und her, suchen, wie Lucia Berlin selbst, nach einem Ort, an dem sie zu Hause sein können. Ob ein Sommer voller Sternschnuppen im texanischen El Paso während des Zweiten Weltkriegs, die Angst vor den Drogendealern im mexikanischen Yelapa oder der Verlust eines geliebten Menschen: Immer kann Lucia Berlin davon erzählen, wie sich das Leben anfühlt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2020

Rezensentin Angela Schader scheint berührt vom postum erschienenen Erzählband Lucia Berlins. Die autobiografischen Kurzgeschichten orientieren sich am teilweise sehr schwierigen (Ehe-)Leben der Autorin und erzählen mit leichten Abwandlungen von ihrer Alkoholsucht, der Drogensucht ihres dritten Ehemannes und von einer Vergewaltigung - dies aber mit einer erstaunlichen Liebe zum Leben und einem Blick für das Schöne, so die Rezensentin. Schader bewundert die Fähigkeit der Autorin, die autobiografischen Inhalte so "ins Licht zu halten", dass etwas Neues und literarisch Wertvolles entstehe, und spricht von emotionalen "Dolchstößen", die Berlins Anliegen in eindrücklicher Schärfe vermitteln. So handle es sich trotz der großen Nähe zu Berlins Autobiografie nicht um ein bloßes Ausschlachten des Materials, sondern um eine Selbstentblößung von "hoher literarischer Kunst", schwärmt Schader.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 11.12.2019

Rezensent Angela Gutzeit geht auf in den Storys von Lucia Berlin über Glückssucher und Lebenskünstler. Die Atmosphäre und die Lakonie der Texte um die Existenzkämpfe der Menschen im Amerika der 40er bis 60er Jahre, die das Ende laut Gutzeit stets offen lassen, nehmen die Rezensentin gefangen. Dass Berlin wie auch ihre Figuren keine Larmoyanz kennen, sich trotz allem selbst behaupten und die Hoffnung nicht verlieren, findet Gutzeit stark. Innen und Außen verschwimmen in diesen Geschichten, deren mit Slang durchsetzte Sprache von Antje Ravic Strubel kongenial übersetzt wird, schreibt Gutzeit. Dass der Band keine literarische Einordnung der Autorin anbietet, findet Gutzeit schade.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2019

Es geht um weibliche Selbstbestimmung in den Erzählungen von Lucia Berlin, erklärt Jan Wiele. Und als bedeutende weibliche Stimme betritt die Autorin laut Rezensent die eher männliche Domäne Short Story. Sie macht das gut, findet er, spielerisch, lakonisch, witzig, rätselhaft und nicht weniger hart (gegen Männer wie Frauen) als Bukowski. Interessant erscheint Wiele die Auswahl nicht zuletzt, da die Texte aus unterschiedlichen Schaffensphasen die Entwicklung weiblichen Selbstverständnisses zeigen - von den Anstandsdamen in den Geschichten aus Chile bis zu einer rebellierenden Mutter in New York.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.09.2019

Tolle Texte, aber das Design dieser beiden Erzählbände von Lucia Berlin - "Abend im Paradies" und "Welcome Home" - macht die Rezensentin Antonia Baum richtig wütend. Angesichts der ranschmeißerischen Großaufnahmen des "Welcome Home"-Bandes (herausgegeben vom Sohn Jeff Berlin) neben den Briefen und autofiktionalen Texte fühlt sich die Rezensentin bald wie ein "penetranter Detektiv", beschäftigt mit dem Zusammentragen von Hinweisen aus dem Leben auf das Werk. Das aber ist genau die falsche Einstellung, findet die Berlin-begeisterte Baum, und das würden schließlich alle merken, die sich wirklich auf die Sprache der Autorin einließen. Natürlich sei das prekäre Leben der Schriftstellerin auch von Interesse. Aber wie viel angemessener wäre es gewesen, eine wirklich sorgfältige Edition der autofiktionalen Texte des "Welcome Home"-Bandes zu bekommen und sie dann mit einer gewissen respektvollen Distanz auf jene 22 Stories zu beziehen, die im "Paradies"-Band versammelt sind. Das Leben als alleinerziehende, in miesen Jobs gefangene Mutter, die manchmal ins Drogen- und Alkoholikermilieu absackte und immer mit den falschen Männer zusammen war, spiegelt sich in der Tat, schreibt sie, in den Stories der Autorin. Aber das WIE ist entscheidend. Deshalb empfiehlt Antonia Baum die Lektüre der autofiktionalen Prosa und Briefe des "Welcome Home" Bandes und der Stories in "Abend im Paradies" als ungeheuer lohnende Lektüre, ganz einfach wegen der Sprache.