Lars Gustafsson

Der Mann auf dem blauen Fahrrad

Träume aus einer alten Kamera
Cover: Der Mann auf dem blauen Fahrrad
Carl Hanser Verlag, München 2013
ISBN 9783446243354
Gebunden, 192 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Jan Friberg fährt als Vertreter für Haushaltsgeräte auf seinem blauen Rad durch die Provinz Västmanland. In einem Herrenhaus hofft er ein Geschäft abzuschließen, als er vom Rad stürzt und sich das Handgelenk verstaucht. Jan wird in die Bibliothek gebeten, um sich zu erholen. Dort findet er ein altes Fotoalbum und beginnt zu träumen. Plötzlich kommt die schöne Hausherrin herein, die sich lebhaft für den jungen Mann interessiert. Doch da ist Jan über dem Betrachten der Fotos schon in eine andere Welt eingetaucht. Zehn Fotografien, von seinem Vater in den zwanziger Jahren aufgenommen, haben Lars Gustafsson zu seinem neuen Roman inspiriert - eine Geschichte aus einem vergangenen Schweden zwischen Traum und Wirklichkeit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.11.2013

Andreas Isenschmidt ist ein großer Anhänger von Lars Gustafssons Romanen und Gedichten, er liebt das Bild von Västmanland, Gustafssons Heimat, das der Autor immer wieder aufs Neue beschworen hat, die "feinen Binnengeschichten", die lyrischen Einsprengsel, und auch in "Der Mann auf dem blauen Fahrrad" findet sich all das wieder, verrät der Rezensent - doch diesmal fehlt der Kitt, meint Isenschmidt. Irgendwie wirkt die Geschichte des Vertreters für Universalküchenmaschinen Jan V. Friberg, der nach einem Fahrradunfall in einem Herrenhaus unterkommt und auf ein mysteriöses Fotoalbum stößt, zusammenhanglos und angestrengt mysteriös, meint der Rezensent etwas enttäuscht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.09.2013

Lars Gustafssons neuer Roman "Der Mann auf dem Fahrrad" ist eine gekonnt aufgeführte Etüde, berichtet Karl-Markus Gauß. Und der Autor bedient sich dabei sämtlicher Tricks, die sich ihm darbieten, erklärt der Rezensent: er spielt mit dem Erzähler, der nicht ganz glaubwürdig ist und sich ab und zu hilfesuchend an den Leser wendet, er verknüpft unterschiedliche Zeitebenen und lässt sie ineinander fließen, er spiegelt Figuren und Themen, verwirrt, fordert und gibt Fleißaufgaben, fasst der Rezensent zusammen. Sein Protagonist Jan Viktor Friberg flüchtet sich nach einem Fahrradunfall vor einer Meute wütender Hunde in ein düsteres Herrenhaus, in dem gerade ein Leichenschmaus für eine Frau vorbereitet wird, die eigentlich noch lebt. In diesem Haus stößt er auf Fotos aus dem Jahr 1923, die ihn flugs in die Vergangenheit versetzen, wo ihm Personen begegnen, die er sich in seiner Gegenwart, 1953, eigentlich meinte ausgedacht zu haben, schildert Gauß. Das ist alles unglaublich kunstfertig und amüsant, aber letztendlich etwas zu verspielt, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.09.2013

Nico Bleutge scheint wie magnetisiert von diesem wundersamen Roman von Lars Gustafsson und dessen Faible fürs Schwebende, für Zwischenwelten, die Momente zwischen Wachen und Schlafen etwa oder zwischen Zeiten und Räumen. Wie der Autor sich in dieser die Frage nach der eigenen Identität stellenden Geschichte eines Handelsvertreters im ländlichen Schweden zu Beginn der 50er Jahre mit Sprüngen, Schnitten, Blenden zwischen ihnen hin- und herbewegt, hat Bleutge fasziniert. Ebenso Gustafssons meisterliche, einem ganz eigenen Rhythmus gehorchende Verflechtung der Erzählfäden. Und Bleutge findet ein schönes Bild dafür: Die Lektüre ist, so schreibt er, wie das Blättern durch ein Familienfotoalbum, nur dass die Zeiten, Räume und Gestalten darin plötzlich Schärfe gewinnen und lebendig werden.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.07.2013

Völlig hingerissen ist Judith von Sternburg von Lars Gustafssons Roman "Der Mann auf dem blauen Fahrrad". Darin geht es um den Haushaltsgerätevertreter Jan Friberg, der mit seinem Electrolux-Vorführmodell auf dem Fahrrad durchs Land fährt und die Rezensentin an Arthur Millers Handlungsreisenden Willy Loman erinnert. Doch Gustafssons Kunst besteht darin, diese durchaus beschwerliche Existenz mit der Leichtigkeit des Seins zu konfrontieren, erklärt von Sternburg und schwärmt von der "federleichten Gelassenheit" der Geschichte, aber auch der Sprache, wenn etwa schlittschuhlaufende Kinder auf einem See als "Hunderte Kommas auf einer weißen Seite, Kommas, die nicht wissen, was sie trennen sollten" beschrieben werden. Verena Reichel gratuliert die Rezensentin zur "beneidenswert entspannten Übersetzung" und bilanziert: "Es ist unmöglich, über die Schwere des Lebens mit größerer Leichtigkeit zu schreiben."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.07.2013

Mit Lars Gustafssons neuem Roman "Der Mann auf dem blauen Fahrrad" hat Rezensent Heinrich Detering ein "kleines Wunderwerk" gelesen. Nach der Lektüre dieser Erzählung um den freundlichen und fantasievollen Handelsvertreter Jan Viktor, der eines Tages von seinem Fahrrad fällt und in einem nahegelegenen Herrenhaus Hilfe sucht, beginnt der Kritiker selbst an Zeit und Identität zu zweifeln. Denn Gustafsson spiele derart geschickt mit Wirklichkeit und Fiktion, dass dem Rezensenten das Wort "fantastisch" schon zu vereinfachend erscheint: Nicht nur Jan, der in dem Herrenhaus zwei alte Gedichtbände und ein Fotoalbum eines gewissen Oswald Grane entdeckt und derart plastisch zu träumen beginnt, dass er Fantasie und Wirklichkeit nicht mehr auseinander halten kann, führt den Kritiker immer wieder aufs Glatteis, sondern auch der Erzähler, der das Geschehen wie ein Zauberer lenkt und dabei philosophische Fragen stellt. Dieser Roman, der Detering bisweilen an "Alice im Wunderland" erinnert, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein ganz "zauberhaftes Spätwerk", lobt der Rezensent.
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