Kjell Westö

Wo wir einst gingen

Roman
Cover: Wo wir einst gingen
btb, München 2008
ISBN 9783442751976
Gebunden, 651 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen übersetzt von Paul Berf. Eine Stadt, in der es gärt, ist dieses Helsinki in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Auf das Trauma des finnischen Bürgerkriegs 1918, der einen Riss durch die Gesellschaft zieht, folgen die enthemmten zwanziger Jahre wie ein einziger langer Rausch. Nach den Kriegsgräueln prägen nun Jazz, Fußball, Hunger, Champagnerorgien, Prohibition, Tennis, Bubiköpfe und schimmelige Armeekasernen das Bild. Die unterschiedlichsten Menschen treffen sich in dieser Stadt, vereint in ihrer Sehnsucht nach Glück und Bedeutung in ihrem Leben: zum Beispiel der radikale Allu Kajander, der seine Sportlerkarriere opfert, um zur See zu fahren; der hasserfüllte Cedi Lilljehelm, der mit den Visionen der faschistischen Schwarzhemden sympathisiert; seine frivole Schwester Lucie mit ihrem unbändigen Freiheitswillen, die einen Hauch des dekadenten Paris in den Norden trägt und die Männer in Scharen anzieht; und nicht zuletzt der idealistische, hoch sensible Fotograf Eccu, der am Ende an der harschen Wirklichkeit scheitert. Doch bei allem Kampf, bei allem Scheitern und bei aller Bitterkeit gibt es auch hier, in diesen unruhigen Zeiten, die großen menschlichen Gesten, getragen von Liebe und Verständnis und Mitmenschlichkeit, die letztlich triumphieren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.08.2009

Beeindruckt ist Rezensent Uwe Stolzmann von Kjell Westös Roman "Wo wir einst gingen", einem großen Stadtroman in "alter Tradition". Im Zentrum sieht er Helsinki in der Zeit der Prohibition nach dem finnischen Bürgerkrieg von 1918, eine Stadt, die Westö als "Labor und Archiv auffälliger Charaktere" versteht, eine Stadt auch, die zweigeteilt ist "in Bürger und Proleten". Das Werk scheint ihm wesentlich mehr als nur ein Porträt der um 1900 geborenen Generation, das Westö schreiben wollte: "Mit Poesie und Pathos", lobt Stolzmann den Autor, "hat er die versunkene wilde Stadt belebt, ihre Farbe, ihren Klang, ihren Duft."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.09.2008

Zu einem Rundgang durch Helsinki hat Harry Nutt den Romancier Kjell Westö getroffen, dessen Roman "Wo wir einst gingen" er eine eingehende und überaus wohlwollende Kritik widmet. Der Autor, der zu der schwedischen Minderheit in Finnland gehört, lässt sein viertes Buch in der Zeit zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs spielen und nimmt sich mit der Darstellung des brutalen Bürgerkriegs von 1918 eines Tabuthemas in Finnland an, erklärt der Rezensent. Er gibt zu, dass das ausufernde Romanpersonal und die an keiner Zwangsläufigkeit orientierte Handlung dem Leser einiges abverlangt. Westö breche darin so manches Klischee, bemerkt der Rezensent zufrieden. Vor allem aber gefällt es Nutt, dass der Autor mit seinem Werk weder einen Thesenroman noch ein Stück Geschichtspädagogik geschrieben hat, sondern vielmehr mit seinem Helsinkier Sittengemälde den Menschen ein Denkmal setzt. Westö wendet sich hier einem kaum beachteten Kapitel der Geschichte zu, das vielleicht besonders deutsche Leser interessieren wird. Denn mit seiner Geschichte des Bürgerkriegs untersucht der Autor, wie eine Gesellschaft mit einem "historischen Trauma" umgeht, so Nutt eingenommen.