Julia Kissina

Frühling auf dem Mond

Roman
Cover: Frühling auf dem Mond
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518423639
Gebunden, 252 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Valerie Engler. Kiew, späte Breschnewzeit. Julia, ein so verträumtes wie rebellisches Mädchen, wächst im Milieu der bürgerlichen jüdischen Intelligenz heran. Während ihr Vater, der in ständiger Angst lebt, denunziert zu werden, Texte für eine Zirkusrevue schreibt, unterhält sie sich nachts mit den Führern des Weltproletariats. Ein älterer Herr, der sich als Pole ausgibt und Werke über die französische Küche verfasst, zeigt ihr das Anatomische Theater aus zaristischer und weißgardistischer Zeit. Das in Gärten versteckte Gebäude, die Aura des Todes und der materiellen Auflösung ziehen sie magisch an. Hier lauert ein Wissen, der "Lunatismus", eine im Mondlicht gesteigerte Selbstwahrnehmung, mit dem sie sich den Zumutungen einer bedrängenden Realität entziehen kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.07.2013

Die Berliner Autorin Julia Kissina hat ein tragisch-komisches Buch über ihre Kindheit im Kiew der Siebzigerjahre geschrieben, berichtet Tim Neshitov, "Frühling auf dem Mond" heißt es und ist ziemlich lustig, verrät er. Wie etwa Wladimir Kaminer, lässt die Autorin "die ideologische Demenz des Systems" aufs Unterhaltsamste in Beschreibungen von Akten bürokratischer Willkür und Hypokratie aufscheinen, erklärt der Rezensent, doch bei Kissina wird die Komik durch eine "Nabokovsche Dimension" beschwert - aber keine Sorge, die Schwermut hält sich vollkommen im Rahmen, beruhigt Neshitov, dafür scheint sich Kissina zu gerne an vergangene Tage zu erinnern.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.06.2013

Den autobiografischen Debütroman von Julia Kissina hat Andreas Breitenstein mit Vergnügen gelesen. Doch nicht nur. Die Tränen, die der Rezensent angeblich auf allen Seiten vergießt, sind auch Tränen des Schmerzes, der Tragödie. Wenn Kissina von einem Mädchen im Milieu der jüdischen Intelligenz während der späten Breschnew-Ära erzählt, das die Mythen durchschaut und das Unerhörte in den Wohnungen erahnt, das zwischen Nostalgie und Spott sich bewegt, kann Breitenstein nur staunen über die Tiefe der erzählten Schicksale. Und über den Reichtum an surrealen Bildern in diesem Buch. Kiew, meint er, hat spätestens jetzt seinen festen Platz auf der "mythopoetischen Landkarte".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.05.2013

Judith Leister freut sich schon auf Weiteres von der Fotografin, Aktionskünstlerin, Underground-Literatin und nun also auch Romanschriftstellerin Julia Kissina. Einstweilen beweist ihr das Buch, dass die Allrounderin Kissina auch auf literarischem Gebiet so einiges drauf hat. Schock, Geheimnis, Kritik fließen laut Leister auch in den Debütroman ein, der aus Sicht einer Heranwachsenden in Kiew noch einmal die Breschnew-Jahre Revue passieren lässt. Die erste Menstruation, der erste Vollrausch, aber auch die russische Heldenverehrung finden Platz im Buch, das Übersinnliche sowieso. Gelungen findet Leister den Roman wegen seiner Wärme, seinem Humor, seiner Frechheit, seinem Mut und seiner sprachlichen Kraft.
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