Joseph Vogl

Über das Zaudern

Cover: Über das Zaudern
Diaphanes Verlag, Zürich 2007
ISBN 9783037340202
Kartoniert, 128 Seiten, 12,00 EUR

Klappentext

Der Band dokumentiert die erweiterte Fassung der Antrittsvorlesung Joseph Vogls an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ausgehend von Freuds "Moses des Michelangelo" entwickelt Vogl nicht nur eine Theorie des Zauderns, sondern stellt ein veritables Zaudersystem vor. Die Zauderfunktion tritt als kontrapunktischer Begleiter einer das Abendland prägenden Geschichte der Tat in Erscheinung. Dies lässt sich über die "Orestie" und Schillers "Wallenstein" bis zu den "Titanen" des Zauderns im 19. und 20. Jahrhundert verfolgen, ob es nun Melvilles Bartleby ist oder Musils "Mann ohne Eigenschaften". Das Zaudern ist dabei keineswegs als simple Suspension des Handelns zu begreifen. Vielmehr markiert es die Schwelle zwischen Handeln und Nichthandeln, an der sich ein Zwischenraum reiner schöpferischer Potenz und Kontingenz auftut.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.04.2008

Interessant scheint Michael Mayer dieses Buch über das Zaudern, das der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl vorgelegt hat. Er unterstreicht die Anknüpfung an Freuds Arbeit über Michelangelos "Moses", die Vogl als Text über das Zaudern versteht, und weist auf die Abgrenzung des Zauderns von scheinbar verwandten Phänomen wie Willens- und Antriebsschwäche, bloßer Unentschlossenheit und Trägheit hin. Instruktiv findet er Vogls Rekonstruktion des Zauderns bei Hamlet, bei Aischylos' Orest, bei Schillers Wallenstein, bei Musil, bei Kafka und anderen. Dabei betont er besonders dessen These, Zaudern sei kein rein passives Geschehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.12.2007

Als "eine Art Programmschrift zum Jahr der Geisteswissenschaften" feiert Rezensentin Elisabeth von Thadden diese zum Buch erweiterte Vorlesung des Berliner Kultur- und Medienwissenschaftlers Joseph Vogl über das Zaudern und die Frage, was das Innehalten mit dem Denken zu tun habe. Vogl beeindruckt die Rezensentin vor allem durch die diskursive Entschlossenheit, mit der er - ausgehend von Deleuzes Theorie des Affekts - dem Nicht-Handeln nachgeht. Dabei sind die Quellen für Vogls Fallstudien den Informationen der Rezensentin zufolge "in den Archiven vieler Disziplinen" zu finden, in der Kunst ebenso wie in der Mathematik, Philosophie oder Psychiatriegeschichte. Manchmal, zum Beispiel im Fall der Inanspruchnahme von Freuds Deutung der Michelangelo-Skulptur "Moses", denkt sie fast "Nicht schon wieder", doch dann ist sie bereits gefesselt von Vogls Lesart. Vogl ergreift in seinen Fallstudien zum Zaudern immer wieder Partei für Menschen, denen ihre Gegenstände Rätsel aufgeben, die vor dem Handeln zögern und so in einen Zwischenraum zwischen Handeln und Nicht-Handeln geraten. Das macht das Buch - auch angesichts der gegenwärtigen Weltlage - für die Rezensentin immer wieder zu einer zutiefst irritierenden Lektüre.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.11.2007

Christian Geyer überschlägt sich fast vor Begeisterung über dieses Buch des Kulturwissenschaftlers Joseph Vogl, von dem er sich immer "elektrisiert" fühlt. Nach "hinreißenden" Arbeiten zum Durchblick oder zum Kalkül schwärmt der Rezensent, nun eine über das "Zaudern". Und schon der lautmalerische Klang des Wortes entlockt Geyer Begeisterungsstürme. 128 Seiten hat er wie in einem Hype gelesen und sich hinterher von diesem "hellen" Büchlein ermuntert gefühlt, weil er gelernt hat, Zaudern auch als etwas "Befreiendes" und nicht nur "Bedrückendes" zu betrachten.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Die Rezensentin Ines Kappert findet das Thema, dessen sich der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl angenommen hat, schon allein deshalb spannend, weil das Zaudern nicht zu trennen sei vom "Ethos der Tat, das bis heute für die Mehrheit von uns verbindlich ist". Dass er dem Zaudern allerhand "Widerstandspotenzial aufhalst", findet die Rezensentin allerdings zwiespältig. Einerseits gibt es nach der Lektüre durch die gewonnene Perspektive auch im persönlichen Kulturkosmos des Lesers eine Menge zu entdecken, findet Kappert, andererseits bemängelt Kappert den etwas einseitigen Blick des Autors. Es fehlt ihrer Meinung nach eine Betrachtung der "Schattenseite der aufgeschobenen Handlung".