Jose Eduardo Agualusa

Eine allgemeine Theorie des Vergessens

Roman
Cover: Eine allgemeine Theorie des Vergessens
C.H. Beck Verlag, München 2017
ISBN 9783406713408
Gebunden, 197 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem angolanischen Portugiesisch von Michael Kegler. Es ist eine fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit Tagebuchnotaten und Gedichten. Allmählich setzt sich aus Stimmen, Radioschnipseln und flüchtigen Eindrücken zusammen, was im Land geschieht. In den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2017

Lesern, die an einer "wirklichkeitsnahen" Darstellung des Bürgerkriegs in Angola interessiert sind, rät Rezensent Patrick Straumann lieber zu Ryszard Kapuscinskis Reportage "Wieder ein Tag Leben". Von der inneren Emigration der Portugiesen erzählt ihm der angolanische Schriftsteller Jose Eduardo Agualusa indes mit einer solchen "Schärfe" und einem Gespür für Abgründigkeit, dass sich Straumann bisweilen an Borges erinnert fühlt. Er folgt hier dem Schicksal der Portugiesin Ludovica, die sich, nachdem sie während des Krieges einen Mann aus Notwehr erschossen hatte, jahrelang in ihrer Wohnung einmauert und sich von Tauben und auf der Terrasse angepflanzten Bananen und Kartoffeln ernährt. Darüber hinaus lobt der Rezensent nicht nur die exakte Zeichnung der zahlreichen Nebenfiguren, sondern er bewundert neben Michael Keglers Übersetzung auch die "Schwerelosigkeit" mit der Agualusa Angola literarisch erkundet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.09.2017

Andreas Eckert erfährt aus José Eduardo Agualusas Roman Wissenswertes über Angola. Aus der Perspektive einer Frau im Refugium einer von innen verbarrikadierten Wohnung lernt Eckert die von Gewalt geprägte Geschichte des Staates kennen, Bürgerkrieg, Verrat, Korruption und Zerfall der öffentlichen Ordnung, aber auch Menschlichkeit und Solidarität. Wie der Autor dergleichen in Nebensträngen in seine um 1975 in Luanda spielende Geschichte einbaut, unaufdringlich und lakonisch, versiert und teilweise brillant, das findet der Rezensent bemerkenswert. Dass der Text nicht auf einfache Antworten zielt, erscheint ihm sinnvoll.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.09.2017

Nicolas Freund wird nicht warm mit José Eduardo Agualusas Roman. Die Geschichte einer Frau, die 30 Jahre ihre Wohnung nicht verlässt, und die angolanische Revolution 1974 vom Fenster aus beobachtet, scheint ihm so wenig glaubhaft wie die Montage von Poesie und Revolution im Text. Der so erzeugte ironische Ton befremdet den Rezensenten nur, scheint er sich doch über die Schwächen der anderen lustig zu machen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.09.2017

Eine Frau erschießt während der Unruhen 1974 einen Einbrecher, sie zieht sich ganz in ihre vier Wände zurück, mauert sich gar ein und sitzt die angolanische Revolution aus, fasst Elise Graton zusammen. Sie muss umtriebig sein: "Parkett wird zu Brennholz", das mit einer Lupe entfacht wird, vor dem Fenster werden die Tiere weniger, weil das Volk Hunger hat, die Diamanten in der Matratze taugen erstmal zu gar nichts - was in dem abgeschlossenen Raum diese Frau, Ludovica Fernandes Mano, erlebt, steht oft beispielhaft für das Geschehen draußen, vor dem sie sich achtundzwanzig Jahre zu verstecken versucht, erklärt die Rezensentin. In José Eduardo Agualusas Roman "Ein allgemeine Theorie des Vergessens" wird für Graton sehr deutlich, dass Sichverstecken und Vergessen nicht funktionieren.