Jorge Edwards

Persona non grata

Cover: Persona non grata
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783803132017
Gebunden, 283 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem chilenischen Spanisch von Sabine Giersberg und Angelica Ammar. In seinem Kuba-Buch schildert der Diplomat und Schriftsteller Jorge Edwards, wie seine Begeisterung für das Projekt Kuba in Kritik umschlägt, die seine spektakuläre Ausweisung zur Folge hat. Ausgezeichnet mit dem "Premio Cervantes".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.07.2006

Kai Wiegandt ist das Unverständnis über das um dreißig Jahre verspätete Erscheinen dieser Aufzeichnungen deutlich anzumerken, die der chilenische Diplomat Jorge Edwards bereits in den siebziger Jahren verfasst hat. Den Grund dafür teilt er uns auch mit: Das Buch ist kein Politkrimi, wenn es auch den Stoff dazu hergäbe. Eine Studie nennt Wiegandt diesen Bericht des mit dem Sozialismus sympathisierenden Diplomaten über seine eigene Kaltstellung durch das Regime Fidel Castro. Vor dreißig Jahren wäre sein Erscheinen eine Bombe gewesen. Heute aber... Wiegandt hält das ideologische Interesse, die verdeckt kritischen Schilderungen Edwards dennoch für lesenswert: Wir können Castros Darstellungskünste bewundern und den noch immer lebendigen Anekdoten folgen. Und mit etwas Feinsinn gelingt es uns dann, wie der Rezensent, die Kälte und Heimtücke dahinter zu spüren, die den Autor zur Persona non grata auf Kuba machten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.06.2006

Rezensent Kerstin Knipp ist von der politischen Klarsicht und dem Scharfsinn dieser Memoiren des ehemaligen chilenischen Botschafters in Kuba über die vier Monate seiner Mission so beeindruckt, dass er glauben könnte, sie seien erst nach 1989 und nicht in den frühen siebziger Jahren verfasst worden. Zwar habe Jorge Edwards als Gesandter der eben gewählten Allende-Regierung mit dem Sozialismus sympathisiert und Verständnis für die Schwierigkeiten der Revolution gehabt. Wenig Verständnis konnte er dem Rezensenten zufolge jedoch einem Sozialismus abgewinnen, der nicht durch demokratische Institutionen abgefedert ist. So beschreibe er nun sehr ernüchternd das Leben im totalitären Kuba und die Tatsache, dass die Diktatorenlaunen des golfspielenden Maximo Lider Castro auch vor ihm, dem Diplomaten, nicht Halt machten. Besonders beeindruckt Knipp dabei die zeituntypische ideologische Unvoreingenommenheit Edwards. Dass es fünfunddreißig Jahre dauerte, bis das ernüchternde Buch über das diktatorisch regierte Kuba einen deutschen Verleger fand, ist aus seiner Sicht fast ein Skandal. Die Schwierigkeiten Jorges mit den zögerlichen deutschen Verlegern sind in dem Nachwort geschildert, das Knipp offenbar mit Interesse gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2006

Als Diplomat mag Jorge Edwards gescheitert sein, meint Rezensent Florian Borchmeyer. Mit diesem Roman aus der Welt der Realität zeige er sich jedenfalls als "brillanter" Schriftsteller. Ihm gelinge spielend, was viele gegen Castro geschriebene Bücher nie geschafft hätten. Und zwar durch ganz einfache Beschreibungen von grotesken Szenen aus dem realsozialistischen Leben des Diktators. So schrumpfe Castro zu einem "Dr. Seltsam" wenn nicht gar zu einem surrealistischen "Ubu Roi". Auch dramaturgisch habe Edwards den Bericht aus seiner Zeit als chilenischer Diplomat dramaturgisch effektvoll aufgebaut, bis hin zur am Schluss erzählten Begegnung mit Castro selbst. Das eigentlich Tragische des humorvollen Buches, resümiert der Rezensent, sind aber nicht einmal die gescheiterten Hoffnungen in Kuba selbst, sondern dass kurze Zeit später die Revolution innerhalb der Demokratie unter Salvador Allende in Chile gescheitert ist. Dies mache auch die "gespenstische" Aktualität von Jorge Edwards Bericht aus.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.05.2006

Nicht gerade uneitel dafür aber hochinteressant sei Jorge Edwards Reisebericht aus Kuba, wirbt Rezensent Thomas Schmid für die nach 30 Jahren recht späte deutsche Übersetzung. Mit seinem literarischen Faible fürs Abwegige erzähle Edwards von einer total überwachten und total misstrauischen kubanischen Gesellschaft im Jahr 1970. Nach dem Wahlsieg Salvador Allendes in Chile, referiert der Rezensent die historische Rahmenhandlung, hatte dieser den Schriftsteller Jorge Edwards als Diplomat nach Kuba geschickt, und Fidel Castro habe sich postwendend enttäuscht gezeigt, dass er kein Minenarbeiter war, sondern nur ein "bürgerlicher" Intellektueller. Edwards habe seine zwar nicht unkritische, aber leichte Sympathie für Castros Kuba in dem Moment aufgeben, als ein guter Freund von ihm, der Schriftsteller Heberto Padilla, im März 1971 verhaftet worden sei. Jorge Edwards Buch sei es damals immerhin gelungen, so des Rezensenten finales Lob, Irritationen auf allen Seiten auszulösen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.05.2006

"Dieses Buch füllt eine schmerzliche Lücke", schreibt Hans Christoph Buch über die deutsche Ausgabe von Jorge Edwards vor 33 Jahren in Chile erschienenen autobiografischen Essay "Persona non grata". Das Buch, lesen wir, ist eine Abrechnung mit Fidel Castros Regime auf Kuba. Edwards war Anfang 1970 von Salvador Allende als Diplomat dorthin geschickt worden. Selbst kein Kommunist, sympathisierte er doch mit Castros Revolution. Doch bald erging es ihm wie einst Andre Gide mit der UDSSR, erzählt Buch. Als Edwards versuchte einem Kollegen zu helfen, dem wegen antikommunistischer Äußerungen verhafteten Dichter Heberto Padilla, lernte er, dass das kubanische System nicht einfach ein fehlerhaftes, sondern schlicht ein totalitäres war. Castro verwies ihn als Persona non grata des Landes. In seinem Essay rechnete Edwards mit Castro ab. Die Linke verzieh ihm das nie. Doch es gab auch Anspielungen auf die politische Situation in Chile, weshalb das Buch von Pinochet verboten wurde und Edwards ins Exil nach Spanien musste. Ein politisch wichtiges Buch, aber, wie der Rezensent ausdrücklich hervorhebt, auch literarisch brillant.