Johannes Fabian

Im Tropenfieber

Wissenschaft und Wahn in der Erforschung Zentralafrikas
Cover: Im Tropenfieber
C.H. Beck Verlag, München 2001
ISBN 9783406473975
Gebunden, 412 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Mit 14 Abbildungen, 1 Karte und 2 Tabellen. Die Erforschung Afrikas in der Periode der kolonialen Expansion war nach allgemeiner Ansicht von rationalen Zielen geleitet: Die Forschungsreisenden des 19. Jahrhunderts strebten nach neuen Erkenntnissen, Ruhm oder finanziellem Profit. Dieses Buch zeigt ein ganz anderes Bild. Die Ethnografen begegneten den Afrikanern oft in einem Zustand, der von Rauschgiften, Alkohol, sexuellen Begierden, Fieber, Übermüdung und Aggressivität geprägt war. Fabian breitet ein faszinierendes, weithin unbekanntes Quellenmaterial aus und wirft durch seine Interpretation neues Licht auf den Prozess der neuzeitlichen Kolonisation. Zugleich ist sein Buch ein aufschlussreicher Beitrag zur Erforschung der geistigen Ursprünge und des kolonialen Erbes kulturanthropologischer Forschung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.06.2001

Unzählige Expeditionen des 19. Jahrhunderts gingen nach Afrika - neben wirtschaftliche Erwägungen spielten wissenschaftliche Interessen die Hauptrolle. Aber, unkt Kersten Knipp, da das Instrumentarium schlicht untauglich war, blieb auch der Kontinent Afrika unbekannt. Warum das so kommen musste, sei die Fragestellung des amerikanischen Anthropologen Fabian gewesen, der Aufzeichnungen der großen Afrikaforscher ausgewertet hat. Sein Fazit, so Knipp: Die Forscher "durchlitten die Dialektik der Aufklärung in ihrer ethnologischen Variante". Sie veränderten sich, aufgrund der extremen Lebensbedingungen und des anderen kulturellen Umfeldes. Der Begriff Afrika-Fieber, woran viele Forscher tatsächlich gelitten haben, diene dem Autor dazu, auch im metaphorischen Sinn die angeknackste psychische Konstitution der Forscher zu beschreiben, führt Knipp aus. Ironie der Geschichte: Im Moment des Zusammenpralls mit einer anderen Kultur veränderte sich auch das Verhalten der Afrikaner - was die europäischen Ethnologen erforschen wollten, entzog sich ihnen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.04.2001

"Höchst originell" findet Andreas Eckert den Ansatz des Autors. Dieser erblicke in den frühen Abgesandten des europäischen Imperialismus "Proto-Ethnographen", aus deren Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungen sich so manche überraschende Aspekte über die Kolonialisierung Afrikas ableiten ließen. Ausführlich geht Eckert dabei auf die Rolle des Alkohols und anderer Rauschmittel ein, die für die Reisenden offensichtlich Trost und Beruhigung bei ihren gefährlichen Expeditionen spendeten. Alkohol diente auch zur Anbahnung von Kontakten zur heimischen Bevölkerung und führen Fabian, wenn man Eckert glaubt, zu einer neuen Theorie der Ekstase, also des "Heraustretens" aus den eigenen kulturellen Bedingungen, das überhaupt erst ein konfliktfreies Gegenüber mit den Eingeborenen ermöglicht hätte. "Erstaunlich klar" findet Eckert dabei die Belege aus zeitgenössischen Quellen, die Fabian zur Illustration seiner Thesen beibringt. Fabian zieht daraus auch Konsequenzen für die heutige Feldforschung: Sie soll nicht nur methodisch, sondern auch "von Sinnen" sein. Selbst wenn Eckert hier nicht folgen mag, nennt er Fabians Ausführungen doch auch in diesem Punkt "faszinierend".