Javier Marias

Das Leben der Gespenster

Acht Aufsätze
Cover: Das Leben der Gespenster
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783803111951
Gebunden, 96 Seiten, 13,19 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Renata Zuniga. Acht Stücke, die den Blick freigeben auf die Vorlieben und Leidenschaften, die Obsessionen und Abneigungen eines berühmten Autors. Javier Marias verabredet sich mit literarischen "Gespenstern", liest politische Leviten und geht vor seinem Lieblingsfilm in die Knie.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.07.2001

Zwei nahezu zeitgleich auf deutsch erscheinende Bücher von Javier Marias bespricht Katharina Dobler für uns: "Das Leben der Gespenster", erschienen bei Wagenbach, und "Geschriebenes Leben", erschienen bei Klett-Cotta.
1) Javier Marias: "Das Leben der Gespenster"
Wer die Romane und Erzählungen des Autors schon kennt, schreibt Dobler, wird hier nicht viel Neues, dafür aber eine Menge Ergänzendes finden: "Erklärungen der erzählerischen Methode und Anmerkungen zu den skurrilen und anglophilen Vorlieben" des Autors. Ein eleganter kleiner Band im "stilvollen roten Leinengewand" hätte das werden können (weil Marias "mit Eleganz zu denken versteht"), wenn, ja wenn da nicht die "ungelenke Übersetzung" von Renata Zuniga wäre. Für Dobler leider ein Grund, sich des Buches zu entledigen, weil das "den Genuss der Lektüre und gelegentlich auch deren Verständlichkeit sehr mindert".
2) ders.: "Geschriebenes Leben"
Für Katharina Dobler sind diese "Halbporträts" doch eher Karikaturen, "die manche der Züge der Persönlichkeit grotesk überhöhen und niemals jemandem schmeicheln." Dass der Autor seinen Sym- bzw. Antipathien ganz unverhüllt und mit "offenkundigem Vergnügen" folgt, gefällt Dobler. Über Thomas Mann etwa, schreibt sie, hat sich lange niemand mehr mit solch schwelgerischem Spott hergemacht. Nicht schlimm, wenn Marias "die niedrigsten Instinkte des Publikums" bedient: "Klatsch in Hochkultur" für Dobler und als Material für gehobene Konversation allemal geeignet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.06.2001

In zwei neuen Büchern des Spaniers Javier Marias ("Geschriebenes Leben", erschienen bei Klett-Cotta und "Das Leben der Gespenster", erschienen bei Wagenbach) sucht Evita Bauer nach dem Schriftsteller hinter dem Possenreißer Marias.
1) Javier Marias: "Geschriebenes Leben"
Seltsam: Das Buch (wie übrigens auch die Aufsatzsammlung "Das Leben der Gespenster"), heißt es eingangs dieser Doppelbesprechung, gibt nur scheinbar den Blick in die Werkstatt des Schriftstellers frei. Dann jedoch schreibt Evita Bauer über "geheime Fährten" der 24 hier versammelten Porträts "zu ihrem Verfasser". Was also? Lesen wir weiter, geht uns zunächst ein Licht auf, denn die Spur, auf die die Auswahl der porträtierten Schriftsteller die Rezensentin bringt, sie "führt zu (Marias) als Übersetzer": Jeder Vierte, erklärt uns Bauer, ist ein von Marias ins Spanische Übertragener. Wenn Marias aber, und Bauer will es beschwören, "treffsicher" das Bild seiner "Figuren" zusammensetzt aus Anekdoten, Legenden, Gesten, Vorlieben und Schwächen, wenn er mit Sympathie geizt für Joyce und Thomas Mann, wenn er Selbstgefälligkeit und Mangel an Humor geißelt und die Verherrlichung des Künstlers - öffnet sich da nicht doch die Tür zur Werkstatt auch des Schriftstellers? Ein wenig?
2) Javier Marias: "Das Leben der Gespenster"

Ziemlich großzügig sogar ist der Blick in die Schriftstellerwerkstatt des Autors, den uns dieser Band entgegen der einleitenden Feststellung der Rezensentin tatsächlich gewährt. Er enthält nicht weniger als "das launige literarische Credo des Madrider Romanciers" und gibt "Einblick in die hohe Kunst der Verstellung und Täuschung, die seiner Auffassung von Literatur zugrunde liegt." Darüber hinaus hat Bauer gleich auch einen politisch enttäuschten sowie einen spöttisch mit seiner Zunft verfahrenden Marias kennengelernt. Einen, der einmal mehr über Joyce herzieht und über den Topos von Genie und Wahn und gleich ein halbes Dutzend Gründe weiß, "die gegen das Schreiben von Romanen sprechen."
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.05.2001

Zwei Bücher von Javier Marias hat Martin Krumbholz zusammen besprochen.
1) Javier Marias: "Geschriebenes Leben"
Ganz offensichtlich mit Hochgenuss hat Martin Krumbholz Marias ironische Halbporträts ebenso berühmter wie toter Kollegen im Hauptteil dieses Buches gelesen. Natürlich kämen sie nicht ohne das "Element des Anekdotischen und Klatschhaften" aus, konstatiert der Rezensent, das auch jede Künstlerbiografie würze. Aber Marias würze eben "extrascharf" und seine Halbporträts verhielten sich daher zu "herkömmlichen Monografien wie Kurzgeschichten zu Romanen". Marias' Einschätzung so manches Kollegen leitet sich nicht allein aus der Kenntnis von Werk und Lebensgeschichte ab: Bei Krumbholz lernen wir den spanischen Schriftsteller auch als luziden "Fotografologen" kennen, der aus Dichterbildern "die Nuancen der Selbstdarstellung" herausarbeitet - und zwar ziemlich bissig. Krumbholz Begeisterung über die Dichterporträts war so groß, dass wir vom Rest des Buches überhaupt nichts erfahren.
2) ders.: "Das Leben der Gespenster"
Weniger begeistert klingt nun, was Krumbholz über "Das Leben der Gespenster" schreibt. Hier, lesen wir, könne man den "Poetologen Javier Marias" kennenlernen, dessen acht Aufsätze eine Lanze brächen "wider den Utilitarismus in der Literatur". Das heißt, klärt uns der Kritiker auf, Marias findet bei einem Roman nicht "die stringente Verknüpfung der einzelnen Teile der Fabel" wichtig, sondern "üppig wuchernde Nebenhandlungen". Krumbholz sagt nicht, dass er das nicht sonderlich originell findet - aber man spürt es. Er schreibt dann aber, dass das Argument, mit dem Romanschreiben seien nur "unerhebliche Beträge" zu verdienen, im Fall von Marias "eher unangenehm kokett" hervorsteche.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2001

Martina Meister bespricht in ihrer Rezension zwei in Deutschland neu erschienene essayistisch-literaturkritische Bücher des bei uns bisher vor allem als Romanautor bekannten spanischen Autors Javier Marías. Über ihre Vorzüge im einzelnen hinaus betont die Rezensentin, dass die beiden Bände sich trefflich ergänzen, indem den biografischen Porträts von "Geschriebenes Leben" manche These des Essaybandes veranschaulicht wird.
1) Javier Marias: "Das Leben der Gespenster"
Der Essayband  versammelt acht kurze Essays zu grundsätzlichen Fragen der Literatur und des Schreibens. So nennt Marías etwa sieben gute Gründe, warum man keine Romane schreiben sollte (unter anderem die, dass es schon so viele gibt und dass man zu Geld und Ruhm anders leichter gelangt) - hat dann aber natürlich ein Argument dafür: es sei ein ganz unersetzliches Vergnügen, einen Teil seines Lebens in der Fiktion zu verbringen, dem "wahrscheinlich einzig erträglichen oder halbwegs erträglichen Ort". Die Behandlung dieser und anderer Fragen macht, findet Martina Meister, den Band zur "Pflichtlektüre für Literaturfreunde", Javier Marías ist für sie der seltene und glückliche Fall der Verbindung von Romancier und Kritiker.
2) Javier Marias: "Geschriebenes Leben"
Das erweist sich nach Meinung der Rezensentin auch in der zweiten der Neuerscheinungen, in der kurze Dichter-Porträts von Marías versammelt sind. Die beschriebenen Autoren, die gemeinsam haben, dass sie alle "mehr oder weniger vom Pech verfolgt" waren, werden als fiktive Figuren beschrieben, als "imaginäre Familie" des Autors Marías. Darunter befindet sich der nicht zuletzt durch seinen Tod durch Harakiri in Erinnerung gebliebene Dichter Mishima - sein Pech war allerdings, dass seinem Freund "der Mut für die saubere Enthauptung fehlte".
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