Jan Brandt

Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt

Von einem, der zurückkam, um seine alte Heimat zu finden / Von einem, der auszog, um in seiner neuen Heimat anzukommen
Cover: Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt
DuMont Verlag, Köln 2019
ISBN 9783832183561
Gebunden, 424 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Ein Haus auf dem Land Als er in Berlin auf Wohnungssuche ist, erfährt Jan Brandt, dass das Haus seines Urgroßvaters in seinem ostfriesischen Heimatdorf Ihrhove kurz vor dem Abriss steht. Der Eigentümer, ein Bauunternehmer, sieht keinen Grund, das Alte zu erhalten, wo sich durch etwas Neues der Gewinn um ein Vielfaches steigern lässt. Jan Brandt droht der Verlust der Heimat - und er nimmt den Kampf auf, um den Gulfhof zu retten, das Symbol seiner Herkunft. Eine Wohnung in der Stadt Berlin hat sich verändert. Das bekommt Jan Brandt, der sich Ende der Neunzigerjahre vor der Provinz dorthin geflüchtet hatte, am eigenen Leib zu spüren - ihm droht der Rauswurf aus der Mietwohnung. Grund: Anmeldung von Eigenbedarf. Er begibt sich auf die Suche nach einem neuen Ort, an dem er bleiben kann, einer neuen Heimat. Und muss feststellen, dass sich die einstige antikapitalistische Utopie in eine Schlangengrube verwandelt hat, in der die Mieter nahezu alles für eine bezahlbare Wohnung tun würden - und müssen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.06.2019

Der letzte Winkel eines "durchgedrehten Immobilienmarktes" in Berlin wird hier einerseits ausgeleuchtet, andererseits vom Dorf erzählt und einem familiär angestammten Hof, der ebenfalls unter die Immobilienräder zu geraten droht, schreibt Rezensentin Iris Radisch. Was das Dorf angeht, so ist Provinz durch den Debütroman des Autors, "Gegen die Welt", sattsam bekannt als Ort, den man unbedingt hinter sich lassen muss. Aber im neuen Roman feiert er zunächst Auferstehung als Sehnsuchtsort und Beinahe-Wieder-Heimat. Bis der Erzähler feststellt, dass er doch lieber in Berlin wohnen möchte. Während die Leser in der Stadt auf eine lang andauernde und immer wieder sehr ins Detail gehende Wohnungssuche genommen werden, müssen sie in Sachen Ländlichkeit sich vor allem mit der Vorstellung beschäftigen, warum es wohl nicht gehen sollte, beides zu leben, "Heimat und Aufbruch, Urbanität und Tradition"? Dieser Frage verdankt sich der Titel. Das in entsprechende zwei Teile geteilte Buch nennt Iris Radisch etwas vollmundig einen Text über "die innere und äußere Obdachlosigkeit seiner Generation". Die nostalgische Verklärung der Neunziger, als die westdeutsche Provinzjugend in Berlin noch anti-kapitalistisch, sprich mit billigen Mieten leben und träumen konnte, geht ihr allerdings auf den Keks.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.05.2019

War Anke Stellings Roman "Schäfchen im Trocknen" eine "Milieustudie" des gentrifizierten Berlins, erscheint Jan Brandts Doppelroman wie der dazugehörige "Gesellschaftsroman", meint Rezensentin Katharina Teutsch, die sich mit dem Autor zunächst wehmütig an das inzwischen mythisch gewordene Berlin der nuller Jahre erinnert, bald über Immobilienboom und Wohnungsnot der Gegenwart klagt und schließlich, im zweiten Teil des Romans, liest, wie Brandt, gepackt von der Sehnsucht nach der alten bundesrepublikanischen Heimat, alles daran setzt, das ehemalige Geburtshaus seines Urgroßvaters in Ihrhove zurückzukaufen. Doch auch hier ist längst nichts mehr, wie es einmal war, als Brandt aus der Provinz ins verheißungsvolle Berlin floh: Dass Einzelhandel, Handwerksbetriebe und Traditionen die Wende meist nicht packten, erkennt Teutsch ebenfalls bei Brandt. Und dennoch entdeckt sie bei aller "Hoffnungslosigkeit" auch immer wieder Passagen, die die "Wärme eines alten Kachelofens" verströmen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.05.2019

Jan Brandts Buch "Ein Haus auf dem Land/Eine Wohnung in der Stadt" hat Rezensent Gerhard Matzig gezeigt, dass die scheinbaren Gegensätze des Land- und Großstadtlebens so unterschiedlich gar nicht sind: Beide hinterlassen sehnsuchtsvolle Menschen, die sich und ihre Identität verorten wollen. Das "Wendebuch" aus zwei Geschichten dreht sich zum einen um die Rettung eines alten Backsteinhauses in einer ostfriesländischen Kleinstadt, zum anderen um die Wohnungsnot in Berlin, so der Kritiker. Matzig fand die beiden aktuellen Sehnsuchtsorte hier literarisch so gut verknüpft, dass er Brandts Roman als das "Buch der Stunde" lobt.
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