Ian McEwan

Maschinen wie ich

Roman
Cover: Maschinen wie ich
Diogenes Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783257070682
Gebunden, 416 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Charlie ist ein sympathischer Lebenskünstler Anfang 30. Miranda eine clevere Studentin, die mit einem dunklen Geheimnis leben muss. Sie verlieben sich, gerade als Charlie seinen 'Adam' geliefert bekommt, einen der ersten lebensechten Androiden. In ihrer Liebesgeschichte gibt es also von Anfang an einen Dritten: Adam. Kann eine Maschine denken, leiden, lieben? Adams Gefühle und seine moralischen Prinzipien bringen Charlie und Miranda in ungeahnte - und verhängnisvolle - Situationen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 20.06.2019

Rezensentin Brigitte Neumann stellt zunächst einige Vermutungen über die Absichten des Autors an. Vielleicht, überlegt sie, sei die Verlagerung der Zukunft in eine veränderte Vergangenheit ja als Demonstration schriftstellerischer Macht gedacht. Vielleicht ist Ian McEwans kühl distanzierte Haltungen gegenüber seinen Figuren und ihren Schicksalen ja im Rahmen eines als literarischer Turing-Test konzipierten Romans beabsichtigt, vielleicht, vielleicht. Dass Neumann lediglich spekulieren kann ist vor allem ihrer allgemeinen Verwirrung geschuldet, die sich angesichts dieses "ausgesprochen uneleganten Fakten-Durcheinanders" im Buch sehr bald einstellt. Allein die Handlung scheint einigermaßen klar: Miranda und Charlie bestellen sich einen Androiden, der ihnen als moralisch unzureichende menschliche Wesen aushelfen soll, im Endeffekt jedoch alles auf den Kopf stellt, indem er mit Miranda Sex hat, Charlie völlig verunsichert und ein dunkles Geheimnis aufdeckt. Nur leider, so die Rezensentin, kommen diese Geschichte und ihre Figuren kaum zur Geltung, da der ambitionierte Autor seine Protagonisten vollkommen überlastet mit zahlreichen Theorien, Gegentheorien und wissenschaftlichen Exkursen. Neumann ist irgendwann so genervt von diesem "disparaten Ideenroman", dass sie ihn ohne schlechtes Gewissen von der Bettkante schubst.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.06.2019

Ian McEwan, der "Großmeister" im Blick auf die Abgründe verzwickter Liebeskonstellationen, habe sich keinen Gefallen damit getan, einen SciFi-Roman schreiben zu wollen, ohne die Entwicklungen dieses Genres zu kennen, meint Rezensent Wieland Freund. Sein Androide Adam käme viel zu überholt daher und auch die Verlegung der Handlung in die Vergangenheit, nämlich das Jahr 1982, könne da keine Abhilfe schaffen. Die Dreiecksbeziehung, die sich zwischen dem Paar, das sich den Roboter anschafft, und dem liebenden Androiden mit dem mathematischen Verstand entspannt, fand Freund viel zu erwartbar. Darüber hinaus erschien der Erzähler Charlie dem Rezensenten wegen seiner uneinheitlichen Zeichnung auch noch unglaubwürdig - "es will diesmal einfach nicht werden", seufzt Freund.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.05.2019

Tatsächlich findet Martin Ebel, dass dem zum "melancholischen Moralisten" gereifte Ian McEwan mit seinem Roboter namens Adam eine "blutvoll präsente Romanpersönlichkeit" gelungen ist. Der Automat ist nicht nur belesener als der Mensch, dem er zur Seite gestellt wurde. Er kann offenbar ebenso überzeugend die Menschenfrau Miranda vögeln und ihrem Vater als glaubwürdiger Liebhaber erscheinen, während Ehemann Charlie für den Roboter gehalten wird. Aber obwohl McEwan diesen Ehemann so wenig belesen zeichnet, darf ausgerechnet er dem Roboter am Ende triumphal vorhalten, dass Roboter nie Romane schreiben könnten. Denn wo der Roboter nur Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit der Menschen sieht, können wir Menschen "wimmelndes Leben, das Voraussetzung für Kunst ist", wahrnehmen. Das Roman Setting einer "Art Retro-Zukunft" Englands samt Spitzen gegen den Brexit haben den begeisterten Rezensenten nicht gestört. Vielmehr habe er ein differenziertes, und zugleich "süffig zu lesendes Buch" geschrieben, lobt Ebel.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.05.2019

Rezensent Hans von Trotha erzählt gut gelaunt Ian McEwans Roman nach, in dem sich Charlie und sein Android Adam zu einer Menage à trois mit der Nachbarin Miranda zusammentun. Und weil der britische Autor die Geschichte im Jahr 1982 spielen lässt, kommen noch einige weitere kontrafaktische Bausteine hinzu. Der britische Premier wurde bei einem IRA-Attentat getötet, dafür sind noch der KI-Pionier Alan Turing, John Lennon und JFK quicklebendig. Trotha sieht hier die großen Menschheitsthemen verhandelt, aber was er davon halten soll, weiß er nicht recht. Er findet den Roman meisterhaft, aber auch ziemlich ratlos.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.05.2019

Rezensentin Iris Radisch kennt und schätzt die gut geölte Erzähmaschine von Ian McEwan. Nur dass der Autor das Literarische vernachlässigt, verwundert und bedauert sie. So auch wieder im neuen Buch, meint sie. Die Geschichte um einen männlichen Androiden und seine "Halter" inszeniert der Autor laut Radisch mit historischem Twist (das Jahr 1982 sieht bei McEwan etwas anders aus als in Wirklichkeit), gut recherchiert, welthaltig und doch in seiner Faktenhuberei erschöpfend. Sog erhält das Ganze für die Rezensentin durch das Arrangement großer Themen wie KI und MeToo und einen veritablen Cliffhanger am Schluss.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.05.2019

Rezensent Tobias Döring begegnet einem ganz und gar harmlosen Roboter in Menschengestalt in Ian McEwans neuem, im Jahr 1982 spielendem Roman. So harmlos wie der Heimroboter Adam scheint Döring leider auch die Handlung. Mehr als eine moralisch fragwürdige Dreiecksbeziehung, die eine Menge (Lebens-)Fragen zum Umgang mit Maschinen aufwirft, kommt dabei laut Döring nicht heraus. Dass der Autor sich einmal mehr als scharfsinniger Moralist zeigt, genügt Döring nicht. Das Buch wirkt auf ihn zunehmend hastig, künstlich und blutleer.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.05.2019

Rezensentin Sylvia Staude sieht Ian McEwan nach, dass er mit literarischen Anspielungen wuchert und sich in Nebenhandlungen verzettelt. Zu gut gefällt ihr McEwans Ausflug in ein leicht modifiziertes 1982, in dem Argentinien den Falkland-Krieg gewinnt, Alan Turing weiterforscht und sprechende Kühlschränke und Androiden moralische Fragen stellen. Die Dreiecksbeziehung zwischen einem Pärchen und einem recht braven Heimroboter malt der Autor laut Staude thrillerhaft und immer wieder überraschend aus. Ob Künstlicher Intelligenz Unrecht geschehen kann, ist nur eine der Fragen, die der Text der Rezensentin auf raffinierte Weise stellt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.05.2019

Den doppelsinnigen Originaltitel "Machines Like Me" von Ian McEwans neuem Roman hält Rezensentin Angela Schader im Deutschen für uneinholbar, und auch den selbstlernenden Androiden Adam hält sie für eine grandiose Schöpfung, "irritierend und berührend" zugleich. Adam durchkreuzt recht bald die Pläne seines Besitzers Charlie, über den neuen Zögling an die Nachbarin Miranda heranzuzkommen. Der Clou besteht nach Schaders Darstellung darin, dass Adam in seinem Kampf um Geist, Tiefe und Gefühl zwar sehr durchschaubar bleibt, Charlie aber immer wieder dabei scheitert, sich gegen die Maschine zu behaupten. Indes findet die Rezensentin nicht alles an diesem Roman so gelungen, die Konturen der Figuren bleiben ihr zu blass, und der historische Mix aus Faktischem und Kontrafaktischen erscheint ihr etwas gewollt, wenn McEwan die Geschichte ins Jahr 1983 verlegt und dabei Brexit und Alan Turing zusammenbringt. Aber wie er den Meister am Ende richten lässt, dass hat Schader wieder sehr überrascht.