Ibrahim Aslan

Der Ibis

Roman aus Ägypten
Cover: Der Ibis
Lenos Verlag, Basel 2002
ISBN 9783857873287
Gebunden, 220 Seiten, 19,50 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Doris Kilias. Seit Jahren ist das Cafe Awadallah der wichtigste Treffpunkt für die Männer in Imbaba, einem dichtbesiedelten Stadtteil Kairos. Mit seiner Schließung, die immer wahrscheinlicher wird, droht ein zentraler Ort sozialer Kontakte verlorenzugehen. Hier hört man Radio, spielt Backgammon, lässt sich die Zeitung vorlesen, raucht Wasserpfeife, macht allerhand Geschäfte, diskutiert über die kleinen Dinge des Alltags und die großen Ereignisse in der Politik - oder organisiert eine Trauerfeier für einen verstorbenen Freund. So auch der Schriftsteller Jussuf al-Naggar, der statt zu schreiben über das Schreiben reflektiert, sich aber gleichzeitig der Notwendigkeit bewusst ist, dass die Geschehnisse festgehalten werden müssen. Denn just am Tag der Trauerfeier kommt es zu einem großen Volksaufstand.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2002

Mit großer Begeisterung hat Rezensent Ludwig Ammann Ibrahim Aslans Roman "Der Ibis" gelesen. Kein Einzelner steht nach Auskunft des Rezensenten im Mitttelpunkt der Geschichte, sondern über zwei Dutzend Personen, die das Viertel Imbaba rund um den Kit-Kat-Platz bevölkern, auf dem sich burleske Szene nur so jagen. Beeindruckend findet der Rezensent, wie Aslan das rege Treiben seiner Akteure, die alle voneinander abhängig sind, miteinander verschränkt, um in einem "virtuosen Enthüllungsspiel" die Abgründe zu offenbaren, die sich hinter einer Fassade von heiler Welt auftun. Aslan zeigt nach Ansicht des Rezensenten, dass die traditionelle Quartiergemeinschaft immer schon von sozialökonomischen Gegensätzen zerrissen und die "folkloristische Zeitlosigkeit" des vermeintlichen Alltags "pure Augenwischerei" ist. Die Größe Aslans sieht der Rezensent darin, dass der Autor in keiner Szene als Besserwisser auftritt, sondern "wortkarg bis zur Selbstauslöschung" die Dinge und Menschen "im Ton der Strasse" für sich sprechen lässt. Mit seinem Roman nehme Aslan Abschied von einer Epoche, den Träumen der sozialistischen Revolution von einer gerechten Gesellschaft. Er stelle eine "nüchterne Prognose", so der Rezensent abschließend, "der gewaltige Umbruch in der arabischen Welt machte sie vielfach wahr".
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