Hallgrimur Helgason

101 Reykjavik

Roman
Cover: 101 Reykjavik
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2002
ISBN 9783608930696
Gebunden, 440 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Isländischen von Karl-Ludwig Wetzig. "101 Reykjavik" ist eine schräge Komödie um den 34jährigen Hlynur, einen ziemlichen Versager, der die Tage im Bett vergammelt und im Internet nach Pornos surft und auch sonst wenig Sinnvolles tut. Er lebt noch bei seiner Mutter, und wenn er mal weggeht, dann bloß nachts zum Kneipenbummel mit seinen Kumpels. Er hat zwar alle möglichen Freundinnen, doch scheint sein Interesse eher theoretischer Natur: er führt Listen, in denen er penibel den Marktwert seiner Freundinnen und anderer Frauen einträgt. Nur mit Lolla ist es anders. Sie ist Drogenberaterin und in seine Mutter verliebt, was sie dennoch nicht hindert, sich von ihm verführen zu lassen...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.11.2002

Die Geschichte des Romanhelden Hlynur Björn hat Rezensent Stephan Maus unterhalten. Darin lebt der moderne Dandy von der Sozialhilfe, wohnt bei Mama und ist sexbesessen, trotzdem hat Maus gemeinsam mit dem Autor "seinen Globalversager so lieb gewonnen", dass er ihn durch den ganzen Roman folgt. Denn das Credo dieser Gestalt lautet "Die Mär von der Selbstverwirklichung ist systemerhaltende Propaganda", und sie amüsiert den Rezensenten mit seinen Bonmots. Der Stil des Buches ist von der "Ästhetik der Fernbedienung", ohne die der Held nie aus dem Haus geht, bestimmt und Maus findet zudem, dass die Tätigkeiten des Autors als Comic-Zeichner und Stand-Up-Comedian "erfreuliche Spuren" im Text hinterlassen haben. Gerade diese Züge machen den besonderen Reiz dieses Buches aus, das nach Maus ohne Reibungsverluste ins Deutsche übersetzt wurde. So lautet der abschließende Kommentar des Rezensenten: "Sensiblen Frauenbeauftragten ist der Roman allerdings nicht zu empfehlen."
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.10.2002

Aldo Keel zeigt sich in seiner ausführlichen Besprechung des Romans als Kenner der isländischen Literatur. Den Autor stellt der Rezensent als "erfolgreichsten Schriftsteller Islands" vor, dessen bereits 1996 entstandener Roman nun "spät genug" endlich auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Ein "schwieriges" Buch sei dies, dessen Übersetzung er als gelungen würdigt, auch wenn er sich nicht zu Begeisterungsausbrüchen hinreißen lässt. Der Rezensent findet, dass es dem Buch anzumerken ist, dass Helgason nicht nur Schriftsteller und Maler, sondern auch ein profilierter Komiker ist, denn es gibt viele "trocken-ironische Dialoge" und jede Menge "Slapstick" zu lesen. Dennoch ist die Geschichte der 33-jährigen Hauptperson, die nicht erwachsen wird und sich in einer lediglich medial erlebten Welt bewegt, nicht wirklich zum Lachen, meint der Rezensent. Er sieht sich in einer Art "MTV-Weltästhetik" mit Tabubrüchen, Schocks und Überreizung konfrontiert, die vor allem die völlige Beziehungsunfähigkeit des Protagonisten demonstrieren. Der Roman, so der Rezensent beeindruckt, sei eine "literarische Kritik an unserer 'pornofizierten' Epoche", wobei der Leser durch die Erzählweise in die Rolle des "Voyeurs" versetzt werde.