Gunnar Decker

1965

Der kurze Sommer der DDR
Cover: 1965
Carl Hanser Verlag, München 2015
ISBN 9783446247352
Gebunden, 496 Seiten, 26 EUR

Klappentext

Es war ein kurzer Sommer. Mitte der Sechzigerjahre versuchte die DDR, sich aus der Umklammerung durch die Sowjetunion zu befreien und ihren Künstlern und Intellektuellen größere Freiräume zuzugestehen. Doch schon bald setzten sich die Hardliner durch, die letzten unabhängigen Köpfe verabschiedeten sich von der SED. Für Gunnar Decker setzt damals jene innere Erosion ein, die 1989 zum Zusammenbruch des deutschen Sozialismus führte. Sein Buch spiegelt Aufstieg und Niedergang der DDR in den Schicksalen bekannter und unbekannter Schriftsteller, Theaterleute und Filmemacher. Decker, 1965 in der DDR geboren, erzählt ein Kapitel deutscher Kulturgeschichte, das mit dem Fall der Mauer noch lange nicht zu Ende ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.08.2015

Gunnar Deckers Buch klärt Arno Widmann auf über das Jahr 1965 und seine Bedeutung für die DDR. Deckers Zusammenschau von Wirtschaft, Politik, Kultur scheint Widmann erkenntnisfördernd, macht sie ihm doch bewusst, wie ahnungslos Ulbricht seinen Gegnern in die Falle ging, als er sich mit Biermann befasste, dass beide an einem Strang zogen, wie Widmann schreibt. In Deckers Rückschau zeigt sich für den Rezensenten manches als zusammengehörig, was er getrennt wähnte. So muss kluge Analyse wirken, meint Widmann.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 25.07.2015

Ganz kurz, zwischen dem Reformparteitag der SED im Jahr 1963 und dem 11. Plenum des Zentralkomitees (ZK) im Dezember 1965, gab es einen kurzen Riss im sozialistischen Plan der DDR: marktwirtschaftliche Elemente und neue Ausdrucksformen in der Kultur wurden von ganz oben begrüßt, lernt Rezensent Marc Reichwein in Gunnar Deckers Geschichte des kurzen Sommers der DDR. Hoffnung auf mehr Freiheit und Toleranz schwappte durchs Land - und wurde ganz schnell wieder unterdrückt. Nach dem Plenum im Winter 1965 gings wieder rückwärts: Allein 12 von 14 Defa-Filmen wurden verboten, erzählt Reichwein. Er hat in diesem Buch viel entdeckt: Namen, Schicksale und Geschichten. Auch dass Decker aus einer reinen "Binnenperspektive" von der DDR erzählt, betrachtet der Rezensent als Gewinn.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2015

Die einzige Kunst, die nach dem 11. Plenum in der DDR im Jahr 1965 noch blühte, war die Kunst der Lüge, resümiert Regina Mönch nach Lektüre dieses ausführlichen Bandes, den sie trotz gewisser Umständlichkeiten als hoch lesenswert und auch unterhaltsam empfiehlt. Anschaulich erzähle Decker, wie nach diesem Plenum so gut wie alle Künste und alle Künstler, die nicht Büttel der Partei waren, gemaßregelt und eingeschüchtert wurden. Nur wenige, wie Wolf Biermann, ließen sich nicht bändigen, andere durchlebten Tragödien oder passten sich stumm an. Das Plenum, merkt Mönch mit Decker an, war auch eine Inszenierung Erich Honeckers gegen Walter Ulbricht, den sie - ihr einziger wichtiger Kritikpunkt - in dem Buch als bei weitem zu positiv dargestellt sieht. Letztlich, so Mönch, hätten die Weichen in der DDR nicht entscheidend anders gestellt werden können: Das Hauptproblem war das System selbst.
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