Fred Wander

Der siebente Brunnen

Roman
Cover: Der siebente Brunnen
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892448372
Gebunden, 168 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Ruth Klüger. Vor kaum mehr als zehn Jahren haben Bücher von Georges-Arthur Goldschmidt, Ruth Klüger, Louis Begley und Imre Kertesz neue Formen des Sprechens über den Holocaust gefunden und damit die Frage des "Weiterlebens" mit der Erinnerung auf eindringliche Weise an den Leser übermittelt. "Der siebente Brunnen" ist zwanzig Jahre älter (erstmals erschienen 1971) und gehört doch genau zu diesen Büchern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2006

Behutsam reflektiert Rezensentin Beate Tröger ihre Kritik an Fred Wanders Roman, der seine Erinnerungen ans KZ Buchenwald zur Grundlage hat. 1972 sei der Roman, so die Rezensentin, bereits im Aufbau Verlag erschienen und habe den Heinrich Mann-Preis erhalten. In einer Art Gegenbewegung zur Entindividualisierung durch die Inhaftierung liefere Wander eine "Typologie von Charakteren", die bis in ihre Sprache hinein ausdifferenziert sei. Gewissermaßen mit den Gefangenen oder durch sie beschwöre auch der Autor Erinnerungen an eine glückliche jüdisch-orthodoxe Vergangenheit als Flucht vor der grausamen KZ Realität. Wander überhöhe nun das naturalistisch dargestellte Leid durch ein "Pathos" der inneren Humanität der Opfer, das als "Leuchten" auf ihren Gesichtern erscheine. Mehr noch als solches Pathos "irritiert" aus Sicht der Rezensentin aber Wanders "ungebrochener Rückgriff auf traditionelle Schreibweisen". Heute, wo die aus großer Distanz geschriebenen Bücher von Jorge Semprun, Imre Kertesz oder Primo Levi vorlägen, die auch ihre Schreibweisen mitreflektierten, wirke Wanders "moralisch-ethische Hoffnung" doch "seltsam antiquiert".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.09.2005

Erika Deiss jubelt über die Neuauflage von Fred Wanders Roman. 1971 erstmals erschienen (und leider seitdem in Vergessenheit geraten), sei "Der siebente Brunnen" eines der ersten Werke, in denen neue literarische Möglichkeiten des Sprechens "über das Unkommunizierbare, die unbeschreiblichen Verbrechen der Vernichtungslager" eröffnet wurden. Die Sprache Wanders, schreibt Deiss, ist "so luzid wie lapidar", und erzeugt mit ihrer stilistischen Wendigkeit, ihrer "fulminanten Musikalität" und einer "überwältigenden Pracht der Bilder" eine Unmittelbarkeit der Erfahrung, die mehr als nur eine Leseerfahrung ist. Wander setzt sie ein, um Hoffnung zu vermitteln: Glauben an die menschliche Stärke und an das Glück des Lebens im Angesicht des Grauens. "Beschaulichkeit mit Widerhaken", nennt das die Rezensentin und sagt voraus, dass niemand, der das liest, "ohne ein Würgen in der Kehle" davonkommen wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.09.2005

Irgendetwas ist anders in dem bereits 1971 in der DDR erschienenen Roman von Fred Wander, spürt Helmut Böttiger. Es bleibt leider bei einem vagen, dabei aber durchaus positiven Gefühl. Der Autor wanderte 1955 aus Wien in die DDR aus, und etwas "unmerklich Wienerisches" meint der Rezensent dann auch in der Atmosphäre und dem Klang der KZ-Geschichte zu lesen. Ein Ich-Erzähler berichtet in einer Mischung aus Distanz und Einfühlung vom Alltag im KZ Buchenwald und vom Schicksal der Inhaftierten, zumeist Juden. Einzelne Biografien werden herausgehoben, wie etwa die von Mendel Teichmann, der Erinnerungen "aus dem Nichts" heraufbeschwören kann. Fred Wander zeige sich in dieser Hinsicht als sein "gelehriger Schüler", lobt Böttiger. Die Offiziere und Unterdrücker dagegen würden als unifomierte Masse dargestellt. Dieser Kontrast verstärke Wanders Effekt, dem anonymen Tod unverwechselbare Gesichter zu geben. Der Rezensent attestiert dem Roman eine Nachwirkung, die gerade durch das zeitweilige Durchbrechen der nüchternen Form überzeugt, etwa wenn Wander sich fragt, was "ein Gestiefelter bei einer brutalen Tat wohl fühlen würde.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.06.2005

Der Roman des gebürtigen Österreichers Fred Wander zählt für Robert Schopflocher zu den verkannten Büchern der Holocaust-Literatur. "Der siebente Brunnen" erschien 1971 in der DDR, stieß damals aber auf wenig Aufmerksamkeit in der deutschen Öffentlichkeit, so der Rezensent. Vor einer detaillierten Beschreibung des Lagerlebens hätten die Menschen damals zurückgescheut, erst jetzt erschienen diese "Zeugnisse aus der Unterwelt der Lager... in einem anderen Licht". Dennoch hat Wander seinen Überlebensbericht als roman klassifiziert, wohl um "fiktionale Distanz" zu seinen Figuren zu auszudrücken, wie der Rezensent vermutet. Kunstvoll und doch mit wenig Aufwand skizziere Wander seine Erlebnisse und charakterisiere er seine Mitgefangenen, als Kontrast wähle er lyrische Bilder, die das Lagerleben einrahmten. Lob erfährt auch das kluge Nachwort Ruth Klügers.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.05.2005

Dieses Buch über das Überleben in den Konzentrationslagern der Nazis ist erstmals 1971 in der DDR erschienen, erhielt, wie Rezensent Oliver Pfohlmann berichtet, wohlwollende Kritiken und den Heinrich-Mann-Preis und wurde danach mehr oder weniger vergessen. Im Westen hat man es kaum gewürdigt. Diese neue Ausgabe, versehen mit einem Nachwort von Ruth Klüger, macht nach Ansicht Pfohlmanns klar, dass dies ein historisches Unrecht ist. Wander erzählt in lose miteinander verknüpften "Episoden und Erinnerungen" von Menschen, die im Lager verzweifelt nach Gründen zum Weiterleben suchen oder auch am Weiterleben verzweifeln. Die Figuren sind Juden aus verschiedenen Schichten und Ländern und gezeigt werden die unterschiedlichsten Strategien, dem Grauen nicht ins Auge sehen zu müssen. Der Rezensent lobt die "lakonisch-melancholische Sprache" Wanders und sieht das Buch - "die Wiederentdeckung dieses Frühjahrs" - durchaus auf Augenhöhe mit den Werken von Imre Kertesz und Ruth Klüger.
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