Davide Enia

Schiffbruch vor Lampedusa

Cover: Schiffbruch vor Lampedusa
Wallstein Verlag, Göttingen 2019
ISBN 9783835334380
Gebunden, 238 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Susanne van Volxem und Olaf Mathhias Roth. Davide Enia ist nach Lampedusa gefahren, um sich selbst ein Bild von der Insel zu machen, die in den Medien zum Sinnbild für die Flüchtlingskrise geworden ist. Seine Gespräche mit Rettungshelfern, Freunden und Fischern, aber auch seine persönlichen Eindrücke bei Rettungsaktionen und "Anlandungen" verwebt er zu einer unglaublich dichten und ergreifenden Erzählung. Lampedusa ist dabei ein Mikrokosmos, in dem die Folgen von Migration, Flucht und Grenzen unmittelbar spürbar sind. Gleichzeitig erinnert Enia sich an magische Sommer an der sizilianischen Küste und seine früheren Urlaube auf der Insel, und versucht, die Unschuld dieser Zeit wieder heraufzubeschwören. Enias Tage auf Lampedusa werden begleitet von seiner Sorge um den krebskranken Onkel und der Notwendigkeit, sich mit dessen nahenden Tod auseinanderzusetzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.07.2019

Tief bewegt folgt Rezensentin Maike Albath dem italienischen Dramatiker und Romancier Davide Enia, der ihr in einer Mischung aus Reportage, Selbstanalyse und Tatsachenbericht von den Zuständen auf Lampedusa erzählt. Die Kritikerin liest hier von den vielen angespülten Toten, lauscht den überlebenden Geflüchteten, mit denen Enia sprach, ebenso wie Rettern, Fischern und Einwohnern. Das ist so grausam wie einprägsam, meint Albath und hätte deshalb auf Enias Idee, das Flüchtlingsschicksal mit der eigenen Familiengeschichte kurzzuschließen, verzichten könnten: Dass ihr der Autor vom Vater, dem Krebstod des Onkels oder dem Männerbild seiner Familie erzählt, erscheint Albath "deplatziert".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.06.2019

Rezensentin Cornelia Geißler erkennt, dass sich Davide Enia auf die Perspektive der italienischer Retter beschränkt, wenn er über die Dramen berichtet, die sich  auf und vor Lampedusa abspielen. Mit Geflüchteten und Geretteten hat er nicht gesprochen. Auch sein persönlicher Zugang scheint der Rezensentin eher Geschmackssache. Doch was der italienische Dramatiker von seinen Gesprächen mit Rettern und Helfern berichtet, geht so tief unter die Haut, dass die Rezensentin ihre Empfehlung auch als Warnung verstanden wissen will. Ein Taucher berichtet unter Tränen von der Angst, bei einem Einsatz nicht alle retten zu können, wie Geißler bedrückt referiert, ein Kapitän der Küstenwache erzählt, wie sie einmal 1.300 Menschen mit versteiften Gliedmaßen aus einem Boot hieven mussten, nur mit der Kraft ihrer Arme. Am Ende fragt sich die Rezensentin, ob die Erfahrungen, die die Menschen auf Lampedusa teilen, sich vergleichen lassen mit den Schreckenserlebnissen, die Menschen im Krieg zusammenschweißen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2019

Ursula Scheer wäre beinahe ausgestiegen aus Davide Enias Roman. Zu kitschig wird es ihr in dem Text, der ihrer Meinung nach stellenweise auch gut von einem mittelmäßigen Reiseschriftsteller stammen könnte, einem, der keine Skrupel hat, fremdes Leid allzu wortreich mit intimen eigenen Gedanken zu garnieren. Nur gut, dass Enia doch mehr kann, als die persönliche Geschichte vom Sterben seines geliebten Onkels gegen das Schicksal der Migranten vor seiner Heimatinsel Lampedusa zu schneiden. Wenn der Autor schließlich Flüchtlingsperspektiven zulässt und seine Figuren in direkter Rede sprechen lässt, weiß Scheer wieder, worum es eigentlich geht.
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