Claude Simon

Die Trambahn

Roman
Cover: Die Trambahn
DuMont Verlag, Köln 2002
ISBN 9783832158668
Gebunden, 120 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Claude Simons Werk "Die Trambahn" ist aufs Neue ein Buch, das die im Schatten des Gedächtnisses ruhenden Erinnerungen befreit und in eine Kindheit im frühen zwanzigsten Jahrhundert zurückführt - nach Perpignan, in die südfranzösischen Sommer- und Herbstmonate des Erzählers. Im Echo auf Marcel Proust wird "Die Trambahn" Claude Simons zum Gefährt durch die Erinnerung: von der Endstation in der Stadt vor dem Kino mit seinen grell lockenden Plakaten, vorbei an den "Rumpfmännern", den Kriegsinvaliden auf ihren Wägelchen, und entlang den Villen der Provinzbourgeoisie bis hinunter zum mondänen Badestrand, wo die Tanzmusik spielt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.04.2002

Die Situation: der Erzähler liegt im Krankenhaus und erinnert sich, an die Straßenbahn des Titels etwa, und beschäftigt sich seitenlang mit den Details seiner hospitalisierten Existenz. Die Erzählsituation, meint der Rezensent Martin Ebel, passt auffällig gut, zum "Verfahren des Nouveau Roman". Über den gelange Simon in diesem Buch aber weit hinaus und komme einem anderen Autor so nahe wie nie zuvor, Marcel Proust nämlich. Das Buch ist, so Ebel, eine bewusste Hommage, von der (folglich reichlich verwickelten) Satzstruktur bis zum "Umgang mit Vergleich und Metapher". Und was dem Leser, Ebel ist nun angefixt, vorkommen mag wie Hölzchen und Stöckchen, verweise immer auf den dahinterstehenden Baum. Es gelingt Simon in diesem Buch, befindet der Rezensent, was nur der Kunst gelingen kann: die Überschreitung der "Grenzen des Lebens", und zwar "nach beiden Richtungen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.03.2002

Rolf Vollmann bespricht zwei Bücher von Claude Simon, die beide von Eva Moldenhauer neu übersetzt wurden: Simons neuen Roman "Die Trambahn" und den bereits 1957 erschienenen Roman "Der Wind". Besonders wunderbar an dieser Rezension ist, dass Vollmann vorführt, wie man von Simons Sprachgewalt lernen kann. Besonders ärgerlich ist, dass er kein einziges Wort über die Leistung der Übersetzerin verliert.
Wie Claude Simons frühere Romane enthält auch "Die Trambahn" gar keine Handlung, freut sich Vollmann, so dass man es immer wieder lesen kann, weil man ja um keine Überraschung gebracht werde. In diesem Roman kehre Simon noch einmal in den Süden Frankreichs zurück, in die Gegend von Perpignan und erzähle einfach nur: von der Straßenbahn, den Wellen und dem Wind, vom Sterben der Mutter und dem Sterben in Flandern. Alles Schlimme sei da, nichts werde erträglich gemacht. "Was Kunst ist", resümiert Vollmann, "muss dem moralischen Menschen ja nicht gefallen - aber hier kann er es lernen oder, denn lernen wird er's nicht, sehen wenigstens, was das ist: Sätze, Bilder."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.03.2002

Großes Lob spendet Walter Klier der Übersetzerin Eva Moldenhauer, die, wie immer, ein Manuskript des inzwischen 89-Jährigen Schriftstellers Claude Simon "sauber" und "elegant" vom Französischen ins Deutsche gebracht hat. Ein weiteres Lob hat der Rezensent für den Verlag übrig, dass er Simons Romane überhaupt verlegt, obwohl Klier nicht davon ausgeht, dass sie trotz Nobelpreis echte "Kassenschlager" sind. Das Werk selbst kann er nur jedem empfehlen, der sich in das umfangreiche Gesamtwerk Simons einlesen will. Simon vergleicht er in seinem Unterfangen mit Marcel Proust und dessen Mammutwerk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". Das Buch selbst sei eigentlich eher eine Novelle oder eine Erzählung. Es knüpft an andere Romane von Simon wie "Straßen von Flandern" und "Palast" an, so Klier, und sein Protagonist "Gaguy-Henri" sei Simon-Lesern schon von früher bekannt. Über den Inhalt verrät der Rezensent nicht mehr, außer dass "Die Trambahn" in einem Krankenhaus spielt und sich der Autor wie immer einem "altmodischen" Stil verschrieben habe, in dem "Pop" oder "Spaß" keinen Platz hätten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.03.2002

Elegisch lobt Thomas Lehr das strenge und artistische Alterswerk Claude Simons, in dem der mittlerweile 88 Jahre alte Autor kunstvoll einen Klinikaufenthalt mit der Erinnerung an die Straßenbahn der zwanziger Jahre in seinem Heimatort Perpignan verknüpft. Über Simons Beschreibungen liege keine "falsche Sepia" und kein "Daguerreotypienschmelz". Ganz unsentimental gelinge es dem Autor, in gestochen scharfen Bildern die Vergangenheit wiederzubeleben. Bei der Lektüre des Romans hat Lehr dasselbe Glück verspürt wie bei der Lektüre des großen Spätwerks "Jardin des Plantes", "wenn auch im verkleinerten Maßstab". Wie der Rezensent schreibt, überschneidet sich der Roman atmosphärisch mit dem Werk von Simons Lehrmeister Proust. So sei auch hier der Held des Romans "das spezifische Gesetz des Kunstwerks oder besser gesagt die Geometrie der Erzählung".
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