Anne Fadiman

Der Geist packt dich und du stürzt zu Boden

Ein Hmong-Kind, seine Ärzte und der Zusammenprall zweier Kulturen
Cover: Der Geist packt dich und du stürzt zu Boden
Berlin Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783827003362
Gebunden, 310 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Leonie von Reppert-Bismarck und Thomas Rütten. Anne Fadiman schildert anhand der tragischen Krankengeschichte des kleinen Mädchens Lia das Zusammenprallen der westlichen Medizin mit der traditionellen Welt der Hmong-Kultur. Für diesen journalistisch überzeugenden Bericht erhielt sie mehrere bedeutende Preise, u.a. den National Book Critics Circle Award, den Los Angeles Times Book Prize sowie den Boston Book Review Rea Award. Das Buch liegt inzwischen in der fünften Auflage vor.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.08.2000

Gangolf Seitz möchte dieses Buch all jenen ans Herz legen, die mit Menschen anderer Kulturen in Kontakt treten - sei es beruflich oder privat. Er weiß es sehr zu schätzen, dass die Autorin, auch wenn sie der Familie Lee durchaus Sympathie entgegen bringt, Verständnis für beide Seiten zeigt: Einerseits weist sie auf den kulturellen Hintergrund der Einwandererfamilie und deren "magisch-animistisches Weltbild" hin. Andererseits respektiere sie auch die amerikanischen Ärzte, die durch Informations- und Erfahrungsmangel mit Menschen fremder Kulturen sich auf die ihnen vertrauten Behandlungsmethoden fixierten - und letztlich scheiterten. Seitz lobt ausdrücklich die intensive Recherche der Autorin, gerade was den kulturellen Hintergrund der Hmong angeht, und dass sie deutlich gemacht hat, wie sehr das "Festhalten an Traditionen und Gebräuchen" den Hmong Jahrhunderte lang das Überleben ihres Volkes sicherte. "Spannend wie ein Roman" liest sich dieses Buch, wie Seitz resümiert, der nicht zuletzt ein großes Lob an die Adresse der beiden Übersetzer sendet.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.07.2000

Dieses Buch, so schreibt Heidrum Graupner, ist "ein Plädoyer für eine interkulturelle Medizin". Es erzählt die Geschichte einer Hmong-Familie namens Lee in den USA, deren Kind, die kleine Lia, an Epilepsie litt, und wie die Lees ihre amerikanischen Ärzte nicht verstanden und von ihnen nicht verstanden wurden. Die Rezensentin erklärt zunächst den Hintergrund: die Hmong oder Miao sind ein im Berggebiet zwischen China, Vietnam und Thailand verstreut lebendes Bergvolk, das vom Opium-Anbau lebt; während des Vietnamkriegs waren sie aus Angst vor den Kommunisten auf amerikanischer Seite zu finden, was viele von ihnen nach Ende des Krieges zur Flucht in die USA zwang. Lias Eltern gehörten dazu und fristeten seither als arbeitslose Sozialhilfeempfänger ihr Leben. Die Krankheit der kleinen Lia offenbarte das abrundtiefe Missverständnis zwischen zwei Kulturen, das prinzipiell in der Frage mündet: "was hat Vorrang, das Leben oder die Seele?" Die Prinzipien amerikanischer Gesundheitsvorsorge, nach denen das Kind sogar zeitweise den Eltern entrissen wurde, stand ein für das leibliche Leben hier und jetzt, die Tradition der Hmong jedoch forderte Respekt für die Seele, - und das bedeutete durchaus etwas anderes als nur ständige Medikationen, deren präzise Verabreichung den Eltern Lias durch Sprachunkenntnis ohnehin unmöglich war. Einfühlsam und einverständig berichtet die Rezensentin von diesem Buch, das "westliche Ärzte und Schamanen" zu versöhnen sucht und dafür plädiert, nicht nur "die Krankheit" sondern auch "das Kranksein" zu heilen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.05.2000

Enthusiastisch preist Sabine Sütterlin dieses Buch und glaubt, dass es "jedem Arzt die Augen öffnen" müsste. Mit der Krankengeschichte des Hmong-Kindes Lia Lee habe die Autorin sowohl die schulmedizinische als auch Seite der schamanistischen Heilkunst "einfühlsam" geschildert. Die Rezensentin preist den "bewundernswert minutiös recherchierten" Bericht: er sei ein "brillant geschriebenes Lehrstück", das ohne " peinlich anmutenden Idealismus" auskomme und durch die schiere Menge an Details und Argumenten zu überzeugen vermöge.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.03.2000

Hin- und hergerissen ist Hilal Sezgin vom Bericht einer amerikanischen Journalistin, die den Extremfall eines "interkulturellen Konflikts" recherchiert hat. Einerseits packt sie deren Darstellung der Geschichte eines laotischen Kindes, dem der Widerspruch der westlichen Medizin Amerikas (wohin seine Eltern mit ihm kamen) und den Vorstellungen der elterlichen Religion zum Verhängnis wird. Andererseits irritiert sie das Plädoyer der Autorin für "eine Mischform aus Schulmedizin und Schamanenheilung". Insgesamt findet sie das Buch lesenswert und verdienstvoll. Als Leser ihrer Kritik ahnt man, daß Buch könnte möglicherweise vielleicht spannnder sein, als es die Ausführungen Sezgins vermuten lassen.
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