Andreas Dörner

Politainment

Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft
Cover: Politainment
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518122037
Taschenbuch, 256 Seiten, 11,20 EUR

Klappentext

Politainment - das Zusammenspiel von Politik und Unterhaltungskultur. Politiker suchen bei unsicher gewordenen Wählermärkten den Kontakt zum Publikum im Unterhaltungsformat, während Unterhaltungsmacher politische Themen und Settings zur Steigerung von Marktanteilen nutzen. Das Buch entwickelt zunächst einige theoretische Perspektiven, um dann konkret Formen und Funktionen des Politainment zu untersuchen: vom inszenierten Wahlkampfauftritt bis zur Vorabendserie, von der Talkshow bis zum Politkrimi.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.12.2001

"Unterhaltende Politik liegt ... vor, wenn politische Akteure auf Instrumente und Stilmittel der Unterhaltungskultur zurückgreifen", zitiert der "rso" abkürzende Rezensent aus dem vorliegenden Buch. Politik und Unterhaltung haben sich stark vermischt - der Rezensent hätte gern mehr darüber erfahren, welche Auswirkungen dies auf "das Politische an sich" hat. Der Autor befasst sich stattdessen mit den Wirkungen auf die Öffentlichkeit, bemängelt "rso". "Politische Unterhaltung" wirke möglicherweise als "Integrationsfaktor", der breitere Schichten am politischen Geschehen teilhaben lässt, behaupte der Autor. Er sieht die derzeitige Entwicklung keinesfalls als "Verfall" der Demokratie an und beurteilt das "Politainment" positiv - der Rezensent ist da skeptischer.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2001

Der Wuppertaler Politikwissenschaftler Andreas Dörner, der über die "Inszenierung politischer Identitäten in der amerikanischen Film- und Fernsehwelt" habilitiert hat, führt in seinem Buch aus, dass die "Politik als Teil der Unterhaltungskultur" (Talkshows etc.) hierzulande auf amerikanische Vorbilder der 90er zurückgeht. Rezensent Florian Sendtner bezweifelt die Neuheit von Politinszenierungen. Für Dörner beruhe die Professionalität, mit der Blairs und Schröders Beraterstäbe bei öffentlichen Inszenierungen arbeiten, auf amerikanischem Vorbild. Doch die "Verquickung von Politik und Populärkultur" haben auch in Deutschland "historische Wurzeln", und die liegen vor allem in Bayern, meint Sendtner und verweist auf den Politischen Aschermittwoch. Einiges hält der Rezensent in Dörners Arbeit für "überinterpretiert" (die politische Kritik beim Tatort-Kommissar Schimanski etwa) und Dörners Haltung gegenüber dem Politainment insgesamt für zu positiv und zu optimistisch. "Doch in der US-Polit-Pop-Kultur kennt er sich aus", versichert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.08.2001

Matthias Urbach zeigt sich ein wenig überrascht, dass Dörner ausgerechnet im Unterhaltungsfernsehen einen gewissen politischen Gehalt erkennt: Politisch Korrektes in der Lindenstraße, im Forsthaus Falkenau und der Klinik unter Palmen sogar. Gar einen "Hang zur Systemkritik" könne Dörner in so manchem Pro-7-Thriller ausmachen. Weniger gut kommen nach Urbachs Diagnose Sendungen wie die von Sabine Christiansen weg, weil es hier nicht um die besseren Argumente gehe, sondern vor allem um "strategisch formulierte Statements". Darüber hinaus sei die Moderatorin den "PR-Profis" in ihrer Runde nicht gewachsen. Trotz seine anfänglichen Überraschung scheint Urbach den "geistreichen Analysen" des Autors insgesamt beizupflichten, auch wenn man dessen "Optimismus nicht teilen" müsse, wenn Dörner etwa behauptet, 'Politainment' berge ein "Potenzial für eine 'neue republikanisch geprägte politische Kultur'". Bedauerlich findet Urbach lediglich, dass der Autor nicht auf den Mangel an seriöser Information im Fernsehen eingeht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.07.2001

In einer Doppelrezension bespricht Gunter Hofmann zwei Bücher über das Verhältnis von Politik und Medien in modernen Massendemokratien.
1) Andreas Dörner: "Politainment"
Den Impuls des Autors Andreas Dörner, dem gängigen kulturpessimistischen Lamento über die "Gildo-Hornisierung" der Politik etwas entgegen zu setzen, kann Hofmann gut verstehen. Ihm hat es Spaß gemacht, das Buch zu lesen. Dörners These, die Unterhaltungskultur trage nicht nur nicht zum Niedergang des Abendlandes bei, sondern sei selbst teils geradezu beispielhaft politisch korrekt, etwa in der Abgrenzung von rechter Gewalt, nimmt der Rezensent durchaus ernst. Doch insgesamt beschreibe Dörner nur einen Ausschnitt der Realität, was besonders deutlich werde, wenn er die Kulturkritik der Frankfurter Schule und die Bourdieusche Kultursoziologie einfach mit ein paar Sätzen vom Tisch fege. "Populärkultur, gut! Aber (...) versickert das Politische nicht zugleich auch?", fragt sich Hofmann besorgt.
2) Thomas Meyer: "Mediokratie"
Etwas skeptischer, findet der Rezensent, nimmt Thomas Meyer die modernen Medien und ihr Verhältnis zur Politik in den Blick. Auf differenzierte Art, so Hofmann, macht Meyer verständlich, dass Amerikanisierung nicht zum Schreckensbild taugt und die Moderne auf einem Weg ist, der wegführt von der tradierten Parteiendemokratie. Aber wohin nur? Zu einem neuen "schwer definierbaren Modus von Politik und Demokratie", meint Meyer. Das Buch wirke deshalb wie der Abschluss einer langen, langen Debatte, stellt Hofmann fest. Man könne ihm nur zustimmen. Doch am Schluss sieht er, und wir mit ihm, den Vorhang zu und trotzdem alle Fragen offen.