Alexa Hennig von Lange

Woher ich komme

Roman
Cover: Woher ich komme
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783871344596
Gebunden, 109 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Eine junge Frau Anfang dreißig kehrt mit ihrem Vater in das Ferienhaus zurück, in dem die Familie in Kindheitstagen Urlaub machte. Wieder eine Sommerfahrt im Auto - eine von jeher vertraute Situation. Wenn da nicht die Mutter der Erzählerin fehlte und ihr kleiner Bruder. Vor siebzehn Jahren beide im Meer tödlich verunglückt, werden sie für die junge Frau kraft ihrer Erinnerung immer lebendiger, während der Vater gänzlich zu verstummen scheint. Nichts hat sich geändert: so betritt er noch immer ihr Zimmer, ohne vorher anzuklopfen. Alles hat sich geändert: der Vater ist alt geworden, müde, er nimmt kindliche Züge an.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003

Julia Encke scheint recht erleichtert, dass dieses Buch von Alexa Henning von Lange keine Fortsetzung ihres Romanerstlings "Relax" ist, denn von "Popliteratur" hat die Rezensentin nach eigenem Bekunden genug. Dies hier ist vielmehr ein "Kindheitserinnerungsbuch", in dem sich eine junge Frau an das rätselhafte Verschwinden ihrer Mutter und ihres Bruders zu erinnern sucht, fasst Encke zusammen. Dass die Autorin davor ein Kinder- und Jugendbuch geschrieben hat, meint die Rezensentin dem Roman anzumerken, doch sie will das keineswegs als "Vorwurf" verstanden wissen. Denn die kindliche Perspektive ist in dem Buch maßgeblich, die beunruhigenden Geschehnisse werden nicht wirklich aufgeklärt, sondern bleiben insgesamt dunkel, erklärt Encke. Es sind "Momentaufnahmen aus einem beschädigten Leben", so die Rezensentin berührt, wobei sie zu wissen glaubt, dass sich der Roman zwischen "Autobiografie und Fiktion" bewegt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.11.2003

Adam Olschewski stellt erfreut fest, dass Alexa Henning von Lange endgültig das Genre gewechselt hat, nämlich von der Popliteratur, die der Rezensent ohnehin überflüssig fand, zum tiefgründigen Roman. Das Buch erzählt vom "Verlust", erst der Mutter und des Bruders, dann der Unschuld der Ich-Erzählerin, fasst Olschewski zusammen. Er betont, dass die Autorin vor allem in Andeutungen und Zeitsprüngen erzählt und ihrem Lesepublikum damit eine Menge abverlangt. Zwar ist es nicht immer leicht, sich zu orientieren, räumt der Rezensent ein, doch vermerkt er positiv, dass die Autorin ihren Lesern die zu leistende Synthese der einzelnen Erzählelemente zutraut. Auch wenn Olschewski zu bedenken gibt, dass Henning von Lange ihren Roman mitunter mit "Spannungselementen überfrachtet", und er ihr das Pablo-Neruda-Zitat genauso nachsehen muss, wie die ihm etwas zu aufdringliche Aufklärung über das Geheimnis des Bruders und den, wie er meint, zu offenen Schluss: Er kommt dennoch nicht umhin, die "Suggestionskraft" ihrer schlichten Sprache zu loben. Ihm gefällt besonders, dass sich die Autorin so intensiv für die "inneren Zustände ihrer Figuren interessiert". Auch die Darstellung der pathologisch wirkenden Mutter-Tochter-Beziehung, die der Roman thematisiert, hat ihn beeindruckt, und so zeigt er sich insgesamt von diesem Roman sehr angetan.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.10.2003

So richtig klar wird nicht, was Eva Behrendt von diesem neuen Buch von Alexa Henning von Lange hält. Einerseits verortet sie in der Geschichte ein "psychopoetologisches Programm", bei dem sich all die noch umgucken werden, die die Bücher der Autorin für einfach gestrickt halten. Auf der anderen Seite ergibt die "Tiefenlektüre" des Romans doch keine wirkliche Substanz - alles bleibt schwammig und (über)fordert den Leser: "zwischen schön formuliertem bleibt großflächig geheimnistuerisches Grau". Der Roman liest sich zwar gut und ganz unterhaltsam, vielleicht auch wegen der großzügig eingestreuten diffusen Nostalgie. Auch die Zeit- und Raumsprünge akzeptiert Behrendt, weil "Erinnerung in Wirklichkeit sprunghaft ist". Trotzdem hinterlässt der Roman nur wenig greifbare Eindrücke - dafür aber reichlich Raum für Gedankenspiele: "Wo das von einer diffusen Vergangenheit beschädigte Ich nur atmosphärische Fragmente liefern kann, ist jedoch im Leser der Hobbypsychologe gefragt".