Bücher der Saison

Krimis

Eine Auswahl der interessantesten, umstrittensten und meist besprochenen Bücher der Saison.
09.11.2021. John Le Carre zeigt posthum mit "Silverview" dass er Suspense noch kann wie kein Zweiter. Tade Thompson lässt einen Londoner Wachmann einen Mord in Westafrika aufklären. Christoffer Carlsson lässt die Kritiker wieder an die Qualität des schwedischen Krimis glauben.

Krimis

John Le Carres jüngster, postum erschienener Spionageroman  "Silverview" (bestellen) ist eigentlich schon ziemlich alt, der Autor hatte ihn nur lange zu Seite gelegt. Gina Thomas (FAZ) weiß gar nicht warum, die sarkastische Handschrift, Markenzeichen des Autors, ist unverkennbar, findet sie. In der SZ wird Fritz Göttler ganz melancholisch: Briefe, Telefone, Ethos statt aggressive Spionage-Software - und das alles vor altenglischem Setting. Der Kritiker ist entzückt, zumal er entdeckt, dass Le Carrés Agentengeschichten eigentlich immer Liebesgeschichten sind. Aber auch den suspense beherrscht Le Carré immer noch, versichert in der FR Sylvia Staude.

Alte Schule in Bestform findet man außerdem in John Mairs Polit-Thriller "Es gibt keine Wiederkehr" (bestellen) von 1941. Held ist ein Boulevardjournalist, der versehentlich mit einer Organisation aneinandergerät, die aus Nazis, Stalinisten, italienischen Faschisten und britischen Geheimdienstlern besteht. Natürlich ist das eine Parodie, erklärt im Dlf Kultur Rezensent Thomas Wörtche, der sich bestens amüsiert zu haben scheint. Ein Agententhriller als Screwball-Komödie, gewissermaßen. Stephen King "Billy Summers" (bestellen) erzählt von einem Auftragskiller, der sich als Schriftsteller tarnt und nebenher ein vergewaltigtes Mädchen und die Nachbarsblumen pflegt. In der SZ ist Fritz Göttler begeistert vom Charme und der latenten Bedrohlichkeit der Geschichte.

Regionalkrimis gibt's ja inzwischen viele, aber wann landet man schon mal in Westafrika? Tade Thompsons "Wild Card" (bestellen) spielt im fiktiven Staat Alcacia. Weston Kogi ist in London Wachmann in einem Einkaufszentrum, beim Besuch in Alcacia gibt er ein bisschen an und lässt die Leute glauben, er sei Ermittler bei der Polizei. Prompt wird er von zwei rivalisierenden Rebellengruppen gezwungen, einen Mord aufzuklären. Action, jede Menge überraschende Volten und ein Protagonist, der so facettenreich und widersprüchlich ist, dass FAZ-Kritiker Kai Spanke die Ohren anlegt. , so widersprüchlich - man könnte auch sagen: überzeichnet, dass er dem Rezensenten wie eine "chamäleonhafte Karikatur" vorkommt - von allem etwas zu viel, und doch gerade richtig - eine Aussage, die wohl für den gesamten Roman gilt. Hard-boiled Literatur vom feinsten, meint im dlf kultur Sonja Hartl.

Christoffer Carlssons "Unter dem Sturm" (bestellen) hat den Rezensenten den Glauben an den schwedischen Krimi zurückgegeben. Es geht um den Mord an einer jungen Frau - soweit nichts neues. Was den Roman aber auszeichnet, ist die Art, wie er die Stimmung der Region Halland zeichnet, erklärt in dlf kultur Tobias Gohlis - eine Stimmung, die trotz der Weite der Landschaft von einer seltsamen Enge geprägt ist, lesen wir. Eine schwere "Decke aus Konventionen und Bigotterie" liegt über den Figuren, unter der die unterdrückten Gefühle toben, so der mitgerissene Rezensent. In der FR lobt Sylvia Staude diesen Krimi für seine psychologische Feinfühligkeit. Max Annas führt uns in "Der Hochsitz" (bestellen) in die Eifel im Jahr 1978. Fußball-WM, RAF-Terrorismus, westdeutsche Provinz und zwei elfjährige Ermittlerinnen - gewitzt, freut sich in der FAZ Hannes Hintermeier.

Rasante Unterhaltung und dichte Atmosphäre bieten außerdem, so versichern uns die Rezensenten, Denis Pfabes "Simonelli" (bestellen), der uns zu einem Filmdreh nach England führt, Hillary Clintons, zusammen mit Louise Penny verfasster Thriller "State of Terror" (bestellen), in dem eine Außenministerin eine tödliche Verschwörung aufdecken muss, Garry Dishers "Moder" (bestellen) über den neuesten Beutezug seines Profi-Gangsters Wyatt und Castle Freemans "Herren der Lage" (bestellen): Zwei Hinterwäldler mit Sheriffstern zeigen einem schnöseligen Anwalt aus der großen Stadt, was eine Harke ist, was Thomas Wörtche (dlf kultur) bestens amüsiert hat.