Will Self

Dorian

Roman
Cover: Dorian
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827006158
Gebunden, 350 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Robin Detje. 1981, kurz vor dem Ausbruch der Aidsepidemie: Ein Reigen aus schwulen britischen Snobs, Avantgarde-Künstlern, Strichern, Dealern versammelt sich zu einem Totentanz - ein überschäumendes und bitterböses Sittenbild, geschrieben in Trauer und im Zorn. Die goldenen Siebziger sind vorbei. Die Avantgarde verkauft ihre Ideale und ihre Kinder sterben. Das Aidsvirus erhebt sein hässliches Gesicht. Eben hatte die Schwulenszene noch geglaubt, die große Party aus Sex, Drogen und Dekadenz ginge ewig weiter, da finden sich ihre Vorkämpfer auf dem Sterbebett. Bis auf einen. Dorian - ein Mann von mörderischer Schönheit, immer jung,immun gegen die Seuche. Nur sein Bild verfällt. Will Self verlegt Oscar Wildes legendäre Erzählung vom Bildnis des Dorian Gray nach London und New York zu Zeiten von Lady Di und HIV.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.07.2008

Will Self hat mit seiner radikalen Adaption von Oskar Wildes "Bildnis des Dorian Gray" eine "Groteske" der Londoner Schwulenszene Ende des 20. Jahrhunderts geschrieben, die an Drastik kaum zu überbieten ist und in der der Ausbruch von Aids und die omnipräsente Prinzessin Diana die Eckpfeiler setzen, erklärt die Rezensentin Gisa Funck. Während es bei Wilde um die Frage nach dem "Verhältnis von Ästhetik und Ethik" geht, stellt Self den Körper und seinen Verfall in den Mittelpunkt; Bei ihm ist Dorian nämlich ein mit Aids infizierter Wüstling, der möglichst viele mit der tödlichen Krankheit anstecken will, erklärt Funck. Indem Dorian als ungebrochen bösartig gezeichnet wird, ergibt sich für die Dramaturgie des Romans das Problem, dass sich die bösen Taten wiederholen, merkt die Rezensentin an. Doch diese Schwarzweiß-Malerei ist "programmatisch" eingesetzt, klärt Funck auf: Indem Self die Laufbahn seines bösen Verführers in den zeitlichen Rahmen der Diana-Epoche setzt, formuliert der Autor nach Ansicht der Rezensentin nicht zuletzt seine ganz ernst gemeinte Kritik an der "kommerzialisierten Medienkultur".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.06.2007

Angela Schader warnt die Leser zwar, sich bei dieser Neuschreibung des "Dorian Grey" nach Oscar Wilde eine gleichermaßen üppig-ästhetizistische Lektüre zu erhoffen - vielmehr schreibt sie dem Autor Will Self einen Hang zur "Anti-Ästhetik" zu, die mitunter schwer verdaulich sei - trotzdem fühlt sie sich zu interessanten Vergleichen mit dem Original herausgefordert. Wo Wildes Roman die innere Entwicklung seines Helden verfolgt, rücken bei Self die Zeit zwischen 1981 und 1997 und die Themen Aids und Homosexualität mit ihren gesellschaftlichen Auswirkungen in den Mittelpunkt, erklärt die Rezensentin. Dabei werde Selfs Dorian zur reinen "Reflexionsfläche" seiner Umgebung, er spiegele die indifferente Haltung und die Egozentrik der Oberschicht wider. Auf Schader wirkt dieses Konzept durchaus schlüssig, es hat sogar einen "gewissen Reiz". Weshalb sie diesen Roman dennoch nicht uneingeschränkt empfehlen will, liegt an der ausgeprägt zynischen und mitunter gar formlosen Erzählweise des Autors, die der Rezensentin auf Dauer missfällt. Vor allem seinen Zynismus hätte Self etwas besser dosieren sollen, meint sie.