Walter Laqueur

Geboren in Deutschland

Der Exodus der jüdischen Jugend nach 1933
Cover: Geboren in Deutschland
Propyläen Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783549071229
Gebunden, 471 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Seebohm. Eine ganze Generation junger Juden kehrte Deutschland nach 1933 den Rücken - vertrieben von nationalsozialistischem Judenhass, geflohen vor Demütigung, Enteignung und Lebensgefahr. Ihr Weg führte sie nach Palästina, Fernost, in die USA und nach Südamerika, wo sie auf vielfältige Weise Karriere machten. Es ist die Generation Walter Laqueurs, der mit diesem bewegende Porträt ein Denkmal setzt. Laqueurs Generationsporträt ist die Summe vieler Einzelbiografien und vielfältiger Schicksale in allen Winkeln der Erde. Es ist aber auch die bisweilen melancholische Suche nach den gemeinsamen Wurzeln. Immer wieder kehrt er zu der Frage zurück, welche Rolle die gemeinsame Herkunft und das gemeinsame Schicksal von Flucht und Exil im Leben dieser Generation gespielt haben - eine rhetorische Frage, gestellt in einem bewegenden Buch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.07.2001

Einen "vielversprechenden Anfang" sieht Elke Schubert in dem verdienstvollen, weil ersten umfassenden Werk zum Exodus der jüdischen Jugend nach 1933, aber eben nicht mehr. Als selbst Betroffener verfolge Laqueur mit Akribie unzählige Einzelschicksale und könne viele Aspekte der Entwurzelung aufzeigen, doch laut Rezensentin macht gerade die einfache Kompilation einer Fülle von Fakten ohne sinnvolle Aufbereitung den Anspruch zunichte, umfassend und eindrücklich über ein bisher vernachlässigtes Kapitel zu schreiben. Die Untersuchung bleibe damit teils zu oberflächlich und gerate an anderen Stellen zu plakativ. Weniger wäre mehr gewesen, meint Elke Schubert und hofft, dass das Werk zu konzentrierteren Arbeiten ermutigt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2001

Einerseits weiß Naomi Bubis die Darstellung ganz verschiedener Lebensläufe emigrierter Juden in diesem Band durchaus zu schätzen. So werde hier ein breites Panorama aufgezeigt, von geglückten und gescheiterten Emigrationen, von Emigranten, die Selbstmord begingen oder als Soldaten der Alliierten nach Deutschland zurückkehrten, von welchen, die die klassische Tellerwäscher-Karriere in Amerika machten oder sogar amerikanischer Außenminister wurden wie Henry Kissinger. Doch insgesamt überwiegt bei Bubis die Kritik. Denn so interessant sie diese verschiedenen Lebensgeschichten findet: als Schwäche des Buchs wertet sie, dass durch die Vielzahl der geschilderten Schicksale letztlich keiner "intensiv genug geschildert (wird), um einem im Gedächtnis zu bleiben", auch wenn der Autor durchaus auch von Ängsten, Hoffnungen, Heimweh etc. berichte. Wirklich fesselnd findet die Rezensentin dieses Buch daher nicht, vielmehr ist es aus ihrer Sicht ein "informatives Nachschlagewerk".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.11.2000

Vorwiegend positiv bespricht Jenny Friedrich-Freska diesen Band, auch wenn sie an einzelnen Punkten Kritik anzumerken hat. So findet sie es bedauerlich, dass viele der vorgestellten Lebensläufe nicht stärker vertieft werden. Gerne hätte sie über manche Personen mehr erfahren, wie es ihnen weiter ergangen ist. Dies werde allerdings vom Autor "zugunsten der akademischen Betrachtung" eingeschränkt. Allerdings räumt sie ein, dass Laqueur "nicht zu Unrecht" darauf hinweist, dass viele der Betroffenen selbst Autobiografien verfasst haben, in denen sie die Details ihres Lebens schildern. Zwar scheint der Rezensentin gut zu gefallen, dass der Autor auch politische und gesellschaftliche Aspekte in seinem Buch beleuchtet. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch eher persönlichen Fragen, etwa welche Rolle Zufälle in den Lebensläufen spielten, welche Chancen sich durch die Flucht für manche erst ergeben hätten, wie die Betroffenen mit neuen Sprachen, Heimatgefühlen oder Entwurzelung umgehen. Viele hätte erst viel später begriffen, "wie knapp sie der Katastrophe entronnen waren", so die Rezensentin. Die Bedeutung des Buchs liegt für die Rezensentin neben der Darstellung all dieser Aspekte in der Aufzeichnung von Schicksalen mittlerweile sehr alter oder verstorbener Betroffener und der Überlieferung ihrer Geschichte an die "Generation der Enkel".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.11.2000

Der Historiker und Schriftsteller Walter Laquer zeichnet das Porträt einer deutsch-jüdischen Emigrantengeneration, die zwischen 1914 und 1928 geboren wurde, und die es nach 1933 in alle Welt verschlug. Rezensent Willi Jasper ist von der "Fülle des Materials" beeindruckt und findet Laquers Montage aus autobiografischen und biografischen Dokumenten auch die richtige Form für Menschen einer Zeit, die "gegenüber dem Ideal der Persönlichkeit" misstrauisch sein müssen. Das sehr gut lesbare Buch hält, so Jasper, die tiefere Erkenntnis bereit, dass der deutsch-jüdische Dialog bedroht ist, wo das gemeinsame Wissen abhanden kommt.