Ulrike Kolb

Erinnerungen so nah

Cover: Erinnerungen so nah
Wallstein Verlag, Göttingen 2021
ISBN 9783835338357
Gebunden, 222 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Literarische Erinnerungen an ein bewegtes Schriftstellerleben, die von Politik und Literatur, von Freundschaft und Liebe, aber auch der Angst des Ungenügens erzählen. Nicht nur politische Ereignisse der 60er und 70er Jahre prägten das Leben der Schriftstellerin Ulrike Kolb. Die allmählichen Erkenntnisse über die nationalsozialistische Vergangenheit sowie Begegnungen mit Freunden, die sie an verschiedenen Orten in Deutschland und in Israel kennen lernt, prägen sie. Die Moderne Kunst und die Literatur bilden dabei immer wieder Flucht- und Orientierungspunkte, helfen, ihren eigenen Standpunkt zu finden. Sie hat Sehnsüchte und Träume, aber auch Ängste und Selbstzweifel plagen sie. Und eine schöne Mutter mit schweren psychotischen Schüben, eine Mischung aus Tragik und Komik.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.06.2021

Rezensentin Claudia Schülke freut sich über die Autobiografie von Ulrike Kolb. Über Kolbs Liebe zu Pferden erfährt sie hier ebenso wie über Kolbs Treue zu Freunden, ihre vorsichtige Sympathie mit der RAF, ihr Lebensthema Shoa und ihre paranoide Mutter. Die im Buch angewandte Form der "chronologischen Flashbacks" sorgt laut Schülke für Lesbarkeit. Über das Schreiben steht eher wenig drin, stellt die Rezensentin fest.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.05.2021

Rezensent Christian Thomas möchte Ulrike Kolbs Erinnerungsbuch unbedingt ernst genommen wissen. Die 1942 geborene Autorin denkt hier an Erfahrungen aus ihrer Vergangenheit zurück, an die schwierige Beziehung zur psychotischen Mutter, die Jugend im Nachkriegsdeutschland, linke Aufbrüche, ihre Beziehung zu Israel. Erzählt werde das alles im "Zeichen des Dramas" und in heftigen Szenen - "mitreißend", "intensiv" oder "bewegend", lauten hier die Beschreibungen des Kritikers -, aber dennoch nicht auf dramatische Weise, sondern eher analytisch-zurückhaltend, so Thomas. Zudem entdeckt der Rezensent aus Kolbs Romanen bekannte Motive (zum Beispiel das Bordell) sowie Würdigungen von Paulus Böhmer, Micha Brumlik oder Katja Lange-Müller im Text. Ein Buch über ein ausschweifendes linkes Leben, so Thomas, dessen tiefsitzende "Erinnerungssplitter" auf keinen Fall entfernt werden dürfen, sondern gerade schmerzlich wahrgenommen werden müssen, insbesondere von der linken Leserschaft, wie der Rezensent abschließend mahnt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.04.2021

Rezensentin Manuela Reichart gefällt Ulrike Kolbs Mischung aus Autobiografie und Geschichtsbuch. Angenehm "uneitel" und vorsichtig tastend, so Reichart, erzähle die Autorin von ihren zwei Ehen, ihrer liberalen Zeit als junge Mutter und die spätere Entfernung von den Linken und zeichne dabei eine sehr "lebendige" Geschichte der Bundesrepublik nach, lobt die Rezensentin. Wie Kolb dabei nicht chronologisch vorgehe, sondern "Lesereisestationen" prägender Gefühle und Entscheidungen beschreite, gefällt Reichart gut. Ein Motto des Buches könnte sein, dass Kolb erst in der Lösung vom Kollektiv zur eigenständigen Person wurde, vermutet Reichart.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 10.04.2021

Rezensent Richard Kämmerlings deutet Ulrike Kolbs Buch als im Wesentlichen chronologisch erzählte intellektuelle Autobiografie, die Familien- und Beziehungsgeschichten streift, von der Kindheit bis heute. Kolbs "toxisches" materielles wie ideologisches Erbe und ihre Auseinandersetzung damit sind laut Kämmerlings wichtige Themen des Buches, dann die Frauenbewegung, der Holocaust, das Leben in Israel. Dass die Autorin eine Linie durch ihr Leben zieht, ohne die einzelnen Momente "wirklich verbinden zu wollen", scheint für Kämmerlings bemerkenswert, der Lesbarkeit aber scheint es keinen Abbruch zu tun.