Timothy Garton Ash

Redefreiheit

Prinzipien für eine vernetzte Welt
Cover: Redefreiheit
Carl Hanser Verlag, München 2016
ISBN 9783446244948
Gebunden, 688 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Thomas Pfeiffer. Noch nie konnten so viele Menschen wie heute ihre Meinung auf der ganzen Welt verbreiten. Internet und Globalisierung haben eine neue Epoche der Redefreiheit möglich gemacht, gleichzeitig provozieren sie neue kulturelle und religiöse Konflikte. Müssen wir rassistische Kommentare auf Facebook hinnehmen? Darf Satire den Propheten Mohammed verhöhnen? 2011 hat Timothy Garton Ash eine Debatte angestoßen, seitdem diskutieren Teilnehmer aus der ganzen Welt die Frage, wie wir in Zukunft vernünftig unsere Standpunkte austauschen, wie wir das Recht auf Redefreiheit genauso wie die Würde Andersdenkender sichern können.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.01.2017

Jan-Werner Müller, bekannter Politologe und Autor eines Buchs über Populismus, liest Timothy Garton Ashs Plädoyer für Medienpluralismus und Redefreiheit mit bangem Blick auf die Entwicklungen im Weißen Haus. Die Gefahren, die von einer auf Informationssouveränität pochenden Regierung ausgehen, kann ihm der Autor darlegen, ebenso ein "kohärentes" Update liberaler Ideale von Redefreiheit. Dass Ash außerdem kluge Gedanken über den Wandel der Infrastruktur öffentlicher Debatten äußert und als "großer Essayist" eine globale, durch Einzelstudien unterfütterte Perspektive wagt, scheint Müller bemerkenswert. Wie die Regeln für eine vernetzte Welt aussehen sollten, vermittelt Ash laut Müller immer mit dem Gedanken an die Freiheit des Ausdrucks als eines fundamentalen Guts. Der Aufruf des Autors zu einer robusten Zivilität als Regel in der öffentlichen Debatte scheint Müller zwar etwas wohlfeil, die Schlussfolgerungen, die Ash anschließt, sind dann laut Müller aber wieder konkret genug, um die "kleinen Mäuse" der Netzuser gegen die "großen Katzen" der Netzgiganten zu mobilisieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2016

Freiheit sollte gerade im Internet in erster Linie Wahlfreiheit bedeuten, erklärt Rezensentin Eva Bucher Timothy Garton Ashs Position, doch es gibt auch Grenzen, nämlich dort, wo Freiheit genutzt wird, um Gewalt auszuüben oder zu propagieren. In seiner faszinierenden Untersuchung, so die Rezensentin, setzt sich der Historiker und Schriftsteller mit den Grenzen der Freiheit auseinander, indem er die aktuelle Lage, Positionen und Probleme erläutert und an zahlreichen konkreten Fällen das Umschlagen von "Redefreiheit in Hetze" fest macht. Im Zentrum der Argumentation steht seine liberale Grundeinstellung. Ihr Gegenüber stellt er "die Anderen", erklärt Bucher, die Verschlossenen und Fanatiker, eine Polarisierung, mit der er sich die Sache laut Bucher manchmal zu einfach macht. Abgesehen davon stellt "Redefreiheit" jedoch einen beeindruckenden und auf jeden Fall lesenswerten Beitrag zur Debatte um Redefreiheit im Internet, so die angetane Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.11.2016

Christiane Müller-Lobecks Artikel ist eigentlich eher eine Auseinandersetzung mit den Strategien gegen den Rechtspopulismus als eine Besprechung von Timothy Garton Ashs Buch. Zwei Dinge hebt sie daran jedoch hervor: Erstens ist sie wie Garton Ash der Ansicht, es brauche ein international gültige Definition von Rede- bzw. Meinungsfreiheit und ihre Grenzen. Zweitens ist sie wie Garton Ash der Ansicht, man könne nicht jede hässliche Meinung in den justiziablen Bereich verschieben. Manchmal muss man einfach ein "dickeres Fell" haben. Alles in allem also wohl eine Leseempfehlung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2016

Der hier rezensierende Zeithistoriker Andreas Rödder kann Timothy Garton Ash und seinen zehn Prinzipien der freien Rede in der vernetzten Welt keineswegs in allem zustimmen. Ob den Konsens, den Ash fordert, wirklich alle unterschreiben können, möchte er bezweifeln. Auch formal macht es der Autor dem Rezensenten nicht leicht, trennt er die von ihm behandelten Ebenen von der globalen Vernetzung über universale Werte bis zum Schutz der Privatsphäre doch nicht analytisch, sondern bildet das Beschriebene bloß ab, wie Rödder kritisiert. Das wirkt disparat und kryptisch und mitunter allzu vage, meint er, und hat einen neokolonialistischen Beigeschmack, wenn Garton Ash einen "universellen Universalismus" begründen will. Angesichts der um sich greifenden Gewalt scheint Rödder die Tragfähigkeit dieser Konzepte zudem fragwürdig. Andererseits bedeutet Ashs Konzept ein "Mehr an Verständigung" und eine Alternative sieht Rödder eigentlich auch nicht. Weshalb er dem Buch am Ende etwas hilflos bescheinigt, "hilfreich" zu sein.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.10.2016

Ein "Frühaufklärungsbuch für das 21. Jahrhundert" sieht Marc Reichwein in Timothy Garton Ashs Buch "Redefreiheit", das aus Ashs globalem Studenten-Projekt freespeechdebate.com hervorgegangen ist und Geschichte und Prinzipien der freie Rede zusammenbringt. Ash sieht die westliche Redefreiheit in Gefahr: Triggerwarnungen an Universitäten beschränken die Lektüre der Klassiker, religiöse Verletzlichkeiten zielen auf die Pressefreiheit und übertriebene Empfindlichkeiten in Gender-Fragen machen die öffentliche Debatte zu einem Ringen um den größten Opferstatus. Wie Reichwein darstellt, setzt Ash dieser destruktiven Tendenz das Konzept der "robusten Zivilität" entgegen, die auch mal was aushalten kann. Es schmerzt den Rezensenten allerdings, wenn Ash dies sogar für Hasrede und Hakenkreuze gelten lassen will. Das findet er leichtfertigt, auch wenn er im Großen und Ganzen Ashs Positionen ganz richtig findet. Allerdings fällt Reichwein auf, dass viele Sachbücher in diesem Jahr von der Anaylse zur Therapie übergegangen sind.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.09.2016

Rezensent Gustav Seibt horcht auf, wenn der Historiker Timothy Garton Ash, laut Seibt kein Internetguru, anhebt, die Weltgesellschaft der Vernetzten zu beschreiben. Wie der Autor das macht, historisch die Entstehung und die Machtordnungen des Systems seit 1989 erzählend, scheint Seibt lesenswert. Ein konzises Handbuch mit plastischen Übersichten, eine nüchterne, sachliche Zeitdiagnose, findet Seibt, vor allem aber ein Update der liberalen Idee von freier Rede. Auch wenn der Autor sich damit ganz unbescheiden in eine Reihe mit Milton, Mill und Orwell stellt, so Seibt, als Regelwerk für eine neue Welt, für Gefahren und Freiheitschancen, scheint ihm der Band durchaus zu taugen.
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