Thomas Klupp

Paradiso

Roman
Cover: Paradiso
Berlin Verlag, Berlin 2009
ISBN 9783827008435
Gebunden, 199 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Es ist heiß. Glühend heiß. In der flirrenden Tankstellenluft wartet Alex Böhm auf einen gelben Kombi, der gleich an den Zapfsäulen halten und ihn nach München bringen soll. Von dort wird er am nächsten Morgen mit seiner Freundin Johanna nach Portugal fliegen. Das ist der Plan. Aber dann taucht Konrad auf, der "Loserkonrad" aus Schulzeiten, und diese Begegnung katapultiert Böhm auf das Minenfeld seiner Vergangenheit. Während er in atemlosen Monologen einen Zünder nach dem anderen schärft, gerät er in die nördliche Oberpfalz, seine alte Heimat. Hier riecht es nach Zerstörung, und der Eindruck trügt nicht. Bei einem Fest am Paradiso, einer Kiesgrube tief im Wald, kommen all diejenigen zusammen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben, darunter der beste Freund und die Frau, die er liebt. Er hat sie verlassen, für eine andere, Schönere, aber in Böhm fängt es zu ticken an. Als er das Fest nach Sonnenaufgang verlässt, ist nichts mehr wie zuvor...

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2009

Uneingeschränkt begeistert ist Hans-Peter Kunischs Reaktion gegenüber Thomas Klupps Debütroman. Der Autor erzählt vom Drehbuchstudenten Alex Böhm, der, während er sich per Mitfahrgelegenheit an seinen fränkischen Heimatort begibt, "selbstbewusst vor sich hin schwadroniert", erklärt der Rezensent. Ungeheuer authentisch und überzeugend findet er den schnoddrigen Tonfall und die schlingernden, selbstentlarvenden Gedankengänge des unsympathischen Helden, die einen Teil der Reize dieses Romans darstellen, wie der Rezensent kundtut. Gleichzeitig findet er es beeindruckend, wie entspannt Klupp seine Dramaturgie anlaufen lässt, die erst ab Mitte des Buches an Fahrt gewinnt, wie Kunisch feststellt. Der Rezensent bewundert die eindringlichen, wirlichkeitsgesättigten Schilderungen aus der süddeutschen Provinz sowie Klupps Beherrschung der verschiedensten Stilmittel und preist "Paradiso" als veritablen "Gesellschaftsroman der Gegenwart".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2009

Von Thomas Klupps Debütroman "Paradiso", in dem sich ein Filmhochschulstudent mit wechselnden Mitfahrgelegenheiten durch die deutsche Provinz bewegt, ist Verena Mayer hellauf begeistert. Temporeich, witzig und handwerklich versiert lässt der 1977 geborene Klupp, der Kreatives Schreiben in Hildesheim studiert hat, wie wir erfahren, seinen Gewohnheitslügner und Erzzyniker Alex Böhm durch Autobahnraststätten, Reihenhaussiedlungen und öde Videoläden mäandern. Und damit schafft er sich eine großartige Kulisse für einen "Coming-of-Age"-Roman, so Mayer hingerissen. Auch die literarischen Referenzen, die der Autor unablässig ausstreut, findet sie großartig. Nur wenn er seinen Helden a la Salingers "Fänger im Roggen" am Ende im Kornfeld landen lässt, macht er es sich ihrer Ansicht nach etwas "zu leicht".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2009

Ja, was hält denn nun Richard Kämmerlings von diesem Romandebüt mit Namen "Paradiso"? Schwer zu sagen, weil er weniger über die spezifischen Qualitäten dieses einen Buches spricht, als über die Genealogie, in die es gehört. Die wird in der Rezension mehrfach hererzählt und geht so: "Der Fänger im Roggen" - "American Gigolo" - "American Psycho" - "Faserland" - "Paradiso". Christian Kracht ist, zeitlich und geografisch, das nächstliegende Vorbild und so liest sich, wenn man Kämmerlings recht versteht, dieses Buch auch. Sein Held, er heißt Böhm, macht sich auf den Weg von Potsdam nach München, von wo er nach Portugal will. Er lügt unterwegs und stapelt dreist hoch, erweist sich als das "kleine Arschloch" und Zyniker der Vorbild-Tradition. Mögen kann man ihn zwischendurch doch, aber am Ende nicht mehr. Ob das alles Qualitäten sind oder nicht? Schwer zu sagen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.02.2009

Als "ein im besten Sinne unberechenbares, zwischen Wahn und Klarsicht ständig flackerndes Stück Literatur" lobt Rezensent Christoph Schröder dieses "technisch sorgfältig und stringent durchgearbeitete" Debüt des Hildesheimer Literaturstudenten, das er außerdem mit dem Etikett "erstaunlich" versieht. Es handele sich um ein Roadmovie, das bald auf Abwege gerate, lesen wir. Denn im Zentrum sieht Schröder mit dem Protagonisten einen Egomanen und ebenso krankhaften wie brutalen Lügner stehen. Einen, der weder Scham noch moralische Kategorien kennt, und dessen Bezugspunkt Dostojewskis Raskolnikow sei. Man meint, beim Lesen den leichten Schauder des Rezensenten zu spüren, wenn er thematische Motive des Romans aufzählt und bedauert, dass man nur Stichworthaftes über ein Buch erfährt, dessen Autor Schröder zufolge ein "höchst geschickter Inszenator von Pointen und Effekten" ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.02.2009

Ein klassisches Debüt und gut gemachter Midtwenties-Breakdown-Roman ist das, befindet Rezensent Kolja Mensing. Thomas Klupp erzählt die Geschichte der Reise eines Filmstudenten zurück in die schwarzen Löcher seiner Jugend. Allerdings nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten nämlich hebe sich die Geschichte von Alex hier wegen des höchst unzuverlässigen Erzählers deutlich von den marktüblichen Mustern ab. Denn der Autor und diplomierte Schriftsteller aus Hildesheim lasse nicht nur den widersprüchlichen Gefühlen seines Protagonisten freien Lauf, sondern setze auf Handwerk und Technik, was sich für den Rezensenten dadurch bemerkbar macht, dass hier der Held als ziemlicher Lügner und latenter Soziopath dargestellt sei, wodurch der Blick auf die verhandelten altersbedingten Konflikte doch recht kräftig unterwandert würde. Speziell, wenn bei Thomas Klupp wie in Christian Krachts "Faserland" "spätadoleszente Selbstzweifel" auf die "Horrorkulissen des deutschen Alltags" treffen. Sogar für ein bisschen Selbstironie sei noch Platz.