Rudolf Stichweh

Die Weltgesellschaft

Soziologische Analysen
Cover: Die Weltgesellschaft
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783518291009
Taschenbuch, 275 Seiten, 11,20 EUR

Klappentext

Die Weltgesellschaft ist das einzige Gesellschaftssystem, das es gegenwärtig auf der Erde noch gibt. Die Aufsätze dieses Bandes durchdenken die Konsequenzen dieser vielleicht verblüffenden, auf jeden Fall aber umstrittenen These.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.06.2001

Heiner Dürr rezensiert in eine Mehrfachbesprechung drei Bücher, die auf räumliche Differenzierungen in einer zunehmend globalisierten Gesellschaft ganz unterschiedliche Sichtweisen bieten. Bei allen drei Darstellungen vermisst er allerdings ein näheres Eingehen auf die aktuelle Debatte "über Territorialität", bei der Orten und Räumen auch eine identitätsstiftende Rolle zugewiesen wird. Dürr weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass trotz medialer Vernetzung beispielsweise der Begriff Heimat und "territoriale Verankerung" für viele Menschen von großer Bedeutung sind - nicht nur im Kosovo. Gemeinsam sei den Büchern, dass hier die Ansicht geäußert wird, Wirtschaftswissenschaftler allein könnten die Komplexität von Globalisierung nicht erfassen und dass eine interdisziplinäre Betrachtung erforderlich sei. Obwohl Dürr an allen drei Büchern die "spröde Begrifflichkeit" bemängelt, so sieht er in allen einen lobenswerten Schritt zu einer solchen Betrachtung.
1.) Helmut Willke: "Atopia, Studien zur atopischen Gesellschaft" (Suhrkamp)
Nach Dürr hat sich der Autor weitgehend von der Bedeutung von "Orten und Räumen" distanziert und fordert nun von der Wissenschaft, sich nicht mehr mit regionalen Gesellschaften zu befassen, sondern das Augenmerk auf die "Weltgesellschaft" zu richten. Der Ort ist seiner Meinung nach inzwischen irrelevant geworden. Dürr bewertet diese Sichtweise nicht, doch merkt er an, dass es sich um eine "sprachlich brillante, stellenweise etwas selbstverliebte Darstellung" handelt.
2.) Richard Münch: "Offene Räume" (Suhrkamp)
Münch hat hier, so der Rezensent, "gründliche Überlegungen zur Gleichzeitigkeit von Globalisierung, Europäisierung und nationalstaatlichen Ordnungen" vorgelegt. Dabei habe sich der Autor vor allem dem Problem gewidmet, dass Globalisierung zwar Wirtschaftswachstum ermöglicht, andere Schwierigkeiten dadurch aber erst entstehen: etwa eine Gefährdung "sozialer Gleichverteilung" oder auch eine Zurückdrängung der Macht des Staates. Ein dezidiertes Urteil zu diesen Thesen gibt der Rezensent allerdings nicht ab.
3.) Rudolf Stichweh: "Die Weltgesellschaft" (Suhrkamp)
Nach Dürr handelt es sich bei diesem Buch um eine Artikelsammlung, wobei er einen der Texte gesondert hervorhebt: "Zur Genese der Weltgesellschaft". Hier zeigt sich, so der Rezensent, dass der Autor - anders als Helmut Willke - die Lokalität keineswegs vernachlässigen möchte, sondern vielmehr der Frage nachgeht, inwiefern sich Globalität und Lokalität entwickeln und "aufeinander bezogen ablaufen". Stichweh vertrete in diesem "theoretisch sehr grundlegenden Artikel" die Ansicht, dass nur auf diese Weise die Globalisierung in ihrer Komplexität verstanden werden könne.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.03.2001

Etwas sehr positiv findet Niels Werber die Studie des Bielefelder Soziologen Rudolf Stichweh über die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Ergebnis der Globalisierung ist nach Stichweh eine segmentär differenzierte Weltgesellschaft, in der sämtliche Nationalstaaten nebeneinander existieren, berichtet der Rezensent. Und diese Staaten seien mehr oder weniger gleich gut mit Bildung, Macht und Einfluss ausgestattet. Nationale Wohlfahrtsstaaten weltweit? Der Rezensent mag dieser Feststellung nicht zustimmen und erinnert an das deutliche und stabile Ungleichgewicht zwischen der nördlichen und südlichen Erdkugel. Stichweh hätte seine Analyse als Utopie ausweisen müssen, meint der Rezensent. So ist sie nach seiner Ansicht sehr wirklichkeitsfremd ausgefallen. Denn Werber glaubt nicht daran, dass Großmächte wie die USA und Russland auf weltpolitische Dominanz freiwillig verzichten werden.
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