Randall Kenan

Der Einfall der Geister

Roman
Cover: Der Einfall der Geister
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430811
Gebunden, 300 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Eva Bonné und Aminata Cissé. Die Schuld austreiben, das ist der Plan, als Horace in einer Frühlingsnacht in den Garten seines Großvaters hinaustritt. Ein Ritual soll Horace befreien. Von den Erwartungen, die seine Familie an ihn und seine Begabung stellt, von den rasenden Gedanken, vom Begehren, das ihn Mitte der Achtziger in dieser Schwarzen Baptistengemeinde im Süden alles kosten kann. Doch die Befreiung missglückt, und Horace, getrieben von den erlittenen Ungerechtigkeiten aus Hunderten von Jahren, irrt gefährlich durch die Nacht. Bis ein anderer Mann aus seiner Familie, am Glauben verzweifelt wie er, dem berechtigten Wahnsinn Einhalt gebieten will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2023

Rezensentin Verena Lueken beschwört die Grandeur von Randall Kenans Debütroman aus dem Jahr 1989, nun auf Deutsch bei Suhrkamp erschienen. Denn hier spricht für sie ein Meister, geschult an großen Autoren wie William Faulkner und ganz im Zeichen des Postmodernismus. Es geht in den Jahren 1984 und 1985 in zwei Handlungssträngen, die erst später zusammengeführt werden, um den jungen schwulen Horace, der bei seiner Familie in Missgunst fällt, und um einen seiner Cousins, der Priester ist. Dabei bevölkern verschiedenste Geister den Roman: ein Dämon, der von Horace Besitz ergreift ebenso wie die Geister der Sklaverei, die Geister einer vergangenen Zeit, die sich in einer herausfordernden, fragmentierten Prosa in die Welt der Figuren drängen, sich in "historischen und mythologischen Schichten aufeinandertürmen", wie Lueken analysiert. Herausragend findet sie dabei auch die Leistung der beiden Übersetzerinnen, die auch Passagen in "prophetischer Rede" glänzend übertragen. Ob Kenan nun als schwarzer, schwuler oder Südstaaten-Autor zu bezeichnen wäre (- alle drei Attribute habe Kenan selbst so abgenickt, wie Lueken aus einem Nachruf der NYT erfährt -) findet die Kritikerin letztlich gar nicht so wichtig; für sie ist er zuvorderst ein "brillanter amerikanischer Autor" seiner Generation.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.01.2023

Im Jahr 1989 im amerikanischen Original erschienen, liegt Randall Kenans Debütroman "Der Einfall der Geister" nun endlich auch auf Deutsch vor, freut sich Rezensentin Irene Binal. Kenans literarisches Lebensthema - das Leben als schwarzer, schwuler Mann im Süden der USA -  ist bereits hier angelegt, erkennt die Kritikerin: Sie folgt dem sechzehn Jahre alten Horace Thomas Cross, den ein Dämon heimsucht und ihm befiehlt, nackt und mit einem Gewehr bewaffnet durch die Kleinstadt Tims Creek zu rennen und sich seiner Schuld zu stellen: Horace ist homosexuell, in seiner streng religiösen Familie gilt das als Sünde. Dass Kenan auch Horace' Familie nicht verurteilt, sondern "behutsam" zeichnet, rechnet ihm die Kritikerin hoch an. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund der gelungenen Mischung aus Leichtigkeit und Düsternis, Realität und Fantasie, empfiehlt sie den Roman nachdrücklich.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.11.2022

Rezensentin Lara Sielmann hält Randall Kenans erst jetzt auf Deutsch erscheinenden Debütroman, geschrieben Ende der Achtzigerjahre, für Weltliteratur. In der laut Sielmann gelungenen Übersetzung von Eva Bonné und Aminata Cissé kommt der Text über eine afroamerikanische Familie im Süden der USA, über Rassismus, Fanatismus und Homophobie und den Freiheitsdrang des jungen Horace beeindruckend rüber, findet die Rezensentin. Begeistert haben sie die Multiperspektivik, die nachempfundene Lebendigkeit des Milieus sowie die Freude und das Können, mit denen Kenan sich zwischen den Genres bewegt und Prosa, Dramatik und Gospellieder in den Text einbindet.
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