Diane Oliver

Nachbarn

Storys
Cover: Nachbarn
Aufbau Verlag, Berlin 2024
ISBN 9783351042240
Gebunden, 304 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit und Volker Oldenburg. Diane Oliver erkundet in "Nachbarn" die sich wandelnden sozialen Umstände: Beäugt von den Nachbarn, fragen sich Ellie und ihre Familie, ob es richtig ist, den kleinen Bruder morgen als einziges Kind auf die Schule der Weißen zu schicken. Ein Paar wird durch rassistische Übergriffe dazu getrieben, im Wald zu leben, und entwickelt eine mörderische Wut. Meg heiratet einen Schwarzen, doch die Liebe fordert über die Grenzen der Hautfarbe ihren Preis. Über allem könnte die Frage stehen: Gibt es einen Unterschied zwischen dem, was für die Gesellschaft am besten ist, und dem, was das Individuum braucht? Oliver geht es immer um beides, um das Politische und das Persönliche, und damit um allgemeingültige Fragen unserer Existenz und unseres Miteinanders.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 24.04.2024

Wie kann man mit 22 Jahren schon so souverän schreiben, fragt sich Rezensentin Nora Karches nach der Lektüre von Diane Olivers Kurzgeschichten. Oliver starb zwar sehr früh, hinterließ aber viele Kurzgeschichten, die sich vor allem mit der "psychischen Dimension von Rassismus" beschäftigen, erfahren wir. Dabei sei nicht jede Geschichte, Oliver wechselt oft das Genre, gelungen, aber die meisten überzeugten durch eine hohe Qualität, findet die Kritikerin. Die Autorin erzählt sehr plastisch, so Karches, beispielsweise von einer Mutter von fünf Kindern, die sich eigentlich nur ein ruhiges Leben wünscht oder von dem schwarzen Jungen Tommy, dessen Eltern sich unsicher sind, ob sie ihn auf eine weiße Schule gehen lassen sollten. Oliver macht all diese Dilemmata erfahrbar und zeigt die gesellschaftspolitischen Verwerfungen jener Jahre, in denen Rassentrennung verboten, aber gelebte Praxis war, lobt die Kritikerin schließlich.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.01.2024

Die amerikanische Schriftstellerin Diane Oliver starb bei einem Motorradunfall 1966 mit nur 22 Jahren - ein großer Verlust, auch für die Welt der Literatur, bedauert Rezensentin Marie Schmidt nach der Lektüre dieser Erzählungen. Als eine der wenigen schwarzen Studenten zu dieser Zeit feierte Oliver frühe Erfolge, wurde dann aber vergessen. Sie thematisiert die "tapferen Momente der afroamerikanischen Emanzipation" aus der Sicht jener Individuen, die ganz konkret die Gleichberechtigung erstritten, so Schmidt. Wie der kleine Tommy der Titelgeschichte, der, als einer der ersten schwarzen Schüler an einer sonst weißen Schule, Mobbing und Diskriminierung erfährt. Die Rezensentin fühlt sich durch die klare, nüchterne Sprache, mit der Oliver diese Alltagsmomente des, manchmal auch vergeblichen, Kampfes, verhandelt, an Autorinnen wie Sylvia Plath und Marlene Haushofer erinnert. An den Texten kann Schmidt beobachten, dass Oliver sich literarisch ausprobierte, was immer wieder zu überraschenden Perspektiven und Experimenten führt und dabei, schließt die Kritikerin, natürlich heute noch hochaktuell ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.01.2024

Eine Entdeckung von hohem Rang ist Diane Oliver feiert Rezensent Dirk Knipphals. Die im Alter von 22 Jahren verstorbene Autorin hat einen Stapel Manuskripte hinterlassen, nun sind ihre Texte erstmals in einer deutschen Veröffentlichung zugänglich. Viele der versammelten Geschichten gehen laut Knipphals von Olivers Alltagserfahrungen als einer jungen schwarzen Frau im amerikanischen Süden aus, zu einer Zeit, als die Bürgerrechtsbewegung zwar in Gang gekommen war, aber die Segregation weiterhin die Lebenswirklichkeit prägte. So dreht sich eine der Geschichten um einen schwarzen Jungen, der auf eine vorher nur von weißen besuchte Schule geschickt wird. Wie auch in anderen Erzählungen gelingt es Oliver, der Geschichte einen literarisch interessanten Dreh zu geben, lobt der Rezensent, der auch surreale und märchenhafte Geschichten in dieser Sammlung findet. Er fragt sich, in welche Richtung sich die Autorin entwickelt hätte, wäre sie nicht so früh verstorben. Doch auch so ist dieses Schaffen literarisch herausragend und außerdem auch relevant für die Gegenwart, versichert der beeindruckte Kritiker.