Percival Everett

Die Bäume

Roman
Cover: Die Bäume
Carl Hanser Verlag, München 2023
ISBN 9783446276253
Gebunden, 368 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Anfang des 21. Jahrhunderts: Im Städtchen Money in den Südstaaten werden mehrere Männer ermordet: meist dick, doof und weiß. Neben jeder Leiche taucht ein Körper auf, der die Züge von Emmett Till trägt, eines 1955 gelynchten schwarzen Jungen. Zwei afroamerikanische Detektive ermitteln, doch der Sheriff sowie eine Gruppe hartnäckiger Rednecks setzen ihnen erbitterten Widerstand entgegen. Als sich die Morde auf ganz Amerika ausweiten, suchen die Detektive des Rätsels Lösung in den Archiven von Mama Z, die seit Jahrzehnten Buch führt über die Opfer der Lynchjustiz in Money.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2023

Mit seinem neuen Roman zeigt Percival Everett, wie gute Comedy funktioniert: Sie bricht mit Tabus, ohne diese verächtlich zu machen, so Rezensent Andrian Kreye. Das Tabu, welches Everett sich mit "Die Bäume" vornimmt: Die sogenannten Lynchmorde, die in den Fünfziger Jahren in den Südstaaten der USA begangen wurden - ein besonders düsterer Abschnitt der US-amerikanischen Geschichte. Everett wirft mit seinem perfekt zusammengestellten Personal, zackigen Szenenwechseln und prägnanten Dialogen ein grelles Licht auf diesen Abschnitt, ganz so wie es sich für eine Horrorkomödie gehört. Zwar kann das Deutsche nicht die ganze Nuanciertheit der afroamerikanische Sprache wiedergeben, doch der Übersetzer löst dieses Problem bestmöglich, indem er sich einer Umgangssprache bedient, "die sich dem Vorbild nicht anbiedert" und trotzdem deren Humor, Facettenreichtum und Coolness erahnen lässt. Aber "Die Bäume" ist nicht nur ein Bravourstück des Horrors und der Comedy, sondern auch von politischer Schlagkraft - wie und weshalb, dies zu entdecken möchte der begeisterte Rezensent den Leserinnen und Lesern selbst überlassen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.04.2023

Fans von "True Detective" empfiehlt Rezensent Wieland Freund in seiner Kurzkritik ein erfreulich derb daherkommendes Buch von Percival Everett. Morde geschehen in Missisippi, verrät er die Prämisse, Emmett Till als Opfer eines rassistischen Lynchmords taucht auf, ebenso der Ku-Klux-Klan und zwei tarantinoeske schwarze Ermittler. Satire? Ja und nein. Wie das Ganze zusammenhängt und letztlich ausgeht, verrät Freund nicht, nur so viel: Dieser Roman ist ein "Meisterwerk des Deadpan", jubelt er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.03.2023

Sylvia Staude weiß nicht, ob sie lachen oder vor Schreck den Atem anhalten soll bei Percival Everetts Thriller um Rassismus und Rache in den Südstaaten der USA zu Beginn unseres Jahrhunderts. Wer hinter den brutalen Lynchmorden an Weißen steckt, davon erzählt der Autor laut Staude mit Drastik und Rasanz und ohne seine Figuren ein Blatt vor den Mund nehmen zu lassen. Dass Satire ein Mittel zur Bewältigung des Grauens sein kann, daran fühlt sich Staude beim Lesen oft erinnert.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.03.2023

Der Mord an Emmett Till ist zwar der wohl bekannteste, aber bei weitem nicht der einzige Lynchmord, der der Schwarzen Community in den USA angetan wurde, lernt Rezensent Rainer Moritz aus Percival Everetts neuem Roman. Im Roman geschehen rund sechzig Jahre nach der Ermordung des Vierzehnjährigen blutig-drastische Morde an zwei weißen Männern. Bei diesen wird jeweils die Leiche eines Schwarzen gefunden, die wiederum die abgetrennten Geschlechtsteile der weißen Männer in den Händen halten, berichtet Moritz. Das wirkt schockierend und ist schwer einzuordnen, auch genretechnisch, gesteht der Kritiker, für ihn gerät der Roman dennoch nie ins Absurde, sondern bleibt aufgrund der Dringlichkeit des geschilderten Rassismus packend und treffend. Besonders angetan hat es dem Kritiker die Figur der Mama Z, die in ihrem privaten Archiv alle verübten Lynchmorde - über 7000 seit 1913 - in Erinnerung hält - Archiv und Roman funktionieren als "Denkmal für die Toten", resümiert er bewegt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.03.2023

Rezensentin Rose-Maria Gropp ist sehr angetan von Percival Everetts Wucht von einem Roman - auch wenn sie sich erst kurz an das Brutalitätslevel gewöhnen muss: denn bis aufs Übelste verstümmelte und anderweitig zugerichtete Leichen seien nicht die Ausnahme, sondern die Regel in diesem Roman, der auf Basis des realen Lynchmords zweier Weißer am vierzehnjährigen schwarzen Emmett Till 1955 von einer Serie ähnlicher Fälle im Südstaatenkaff Money unter Trump erzählt. Ins Gefecht geschickt werden drei schwarze Special Detectives, eine davon für Gropp die "perfekte" Superagentin, die mit gesundem Zynismus ermitteln - beim Krimi bleibt es dabei aber bei Weitem nicht, stellt Gropp klar: Vielmehr schleudere Everett seiner Leserschaft eine "gnadenlose" Mischung aus Suspense, Farce, "tödlichem Ernst" und "burlesker Übersteigerung" auch von Gräueltaten entgegen, bei der man stellenweise nur entsetzt auflachen könne; und das scheint bei der Kritikerin großen Eindruck hinterlassen zu haben. Nur an einer Stelle dreht ihr der Roman zu sehr ins Alberne ab - ansonsten eine bestechende und lehrreiche Melange aus Grauen und Komik, schließt sie.
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